Die ersten Betriebe in Nordrhein-Westfalen beginnen in dieser Woche mit der Ernte der Wintergerste. Die Ernte dürfte vor allem auf den leichteren und trockeneren Standorten beginnen.
Die ersten Mähdrescher sind auf den Getreidefeldern in Nordrhein-Westfalen im Einsatz. Vor dem Regen der letzten Tage haben die Landwirtinnen und Landwirte mit der Ernte der Wintergerste begonnen. Der Erntestart ist etwas früher als im langjährigen Durchschnitt, aber vergleichbar zu den letzten Jahren. Nun ist eine Regenpause notwendig, um mit der Ernte fortzufahren.
Die Prognose für die Getreideerträge in NRW ist in diesem Jahr verhalten. Die bereits geernteten Flächen bestätigen einen unterdurchschnittlichen Ertrag. Das liegt vor allem an den Herausforderungen, mit denen das Getreide seit der Aussaat zu kämpfen hatte. Durch ergiebige Niederschläge zwischen Herbst und Frühling waren Ackerflächen regional nicht mit dem Schlepper befahrbar. Das führte sogar dazu, dass im Herbst nicht überall dort, wo es ursprünglich geplant war, Wintergetreide gesät werden konnte. Im Frühjahr erschwerte der Regen notwendige Dünge- und Pflegemaßnahmen. Wintergerste hat zudem ein empfindliches Wurzelsystem. Die Nässe im Boden und auch die wenigen Sonnenstunden im Frühjahr sorgten dafür, dass es sich auf einigen Flächen nicht gut genug entwickeln konnte, um die Pflanze mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen.
Die Ertragserwartungen bei der Wintergerste sind in Westfalen-Lippe größtenteils positiv: Sandstandorte profitierten von den Niederschlägen, aber es war gleichzeitig nicht so feucht, dass der Krankheitsdruck überhandnahm. Im Rheinland litt die Gerste unter den großen Regenmengen im Mai und der Krankheitsdruck war stellenweise enorm. Dennoch profitierten auch einzelne Standorte, wie zum Beispiel im Regenschatten der Eifel, von den vermehrten Niederschlägen.
Die Nachfrage am Kassamarkt ist seitens der Getreide- und Futtermühlen derzeit sehr ruhig. Auch aus der Landwirtschaft ist die Futtermittelnachfrage gering. Die Stimmung an der Börse ist bärisch, also preisfallend. Es wird auf weiter sinkende Preise spekuliert und zunächst in den tierhaltenden Betrieben die eigene Erntemenge abgewartet. Zudem wurde gerade in Hoflägern ein nennenswerter Teil der alten Ernte überlagert und noch nicht vermarktet. Aus diesem Grund gibt es weiterhin eine Diskrepanz zwischen alter und neuer Ernte. Eine ähnliche Situation findet sich auf den internationalen Märkten.
Nach der Wintergerste stehen in den nächsten Wochen dann Winter- und Sommerweizen, Sommergerste, Roggen, Triticale, Hafer und Raps auf dem Speiseplan der Mähdrescher. Auch hier gehen die Experten der Landwirtschaftskammer von einer leicht unterdurchschnittlichen Ernte aus.
2023 wurden in Nordrhein-Westfalen 578 000 ha Getreide angebaut. Das entspricht der Hälfte des Ackerlandes. Die wichtigste Getreideart in NRW ist der Winterweizen, der 2023 auf 246 400 ha stand. An zweiter Stelle folgt die Wintergerste mit 142 600 ha. Die Anbaufläche von Triticale lag bei 55 300 ha und die von Roggen bei 44 500 ha.
Dr. Thomas Böcker/ Landwirtschaftskammer NRW