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Öko-Pflanzenbautag auf Biobetrieben

08.07.2019

Ökolandbau in der beruflichen Bildung

In NRW erfolgt in diesem Jahr ein weiterer Schritt zur Integration von Themen des ökologischen Landbaus in die berufliche Bildung der Landwirtschaft. Gemeinsam mit den Berufsschulen führen die Landwirtschaftskammer und die Ökoverbände in NRW für die Berufsschüler sogenannte Öko-Pflanzenbautage auf Biobetrieben durch. Den Schülern wird damit der Ökolandbau praxisnah vermittelt. Dr. Karl Kempkens, Ökoteam der Landwirtschaftskammer hat Berichte von Clas Möller, Berufskolleg des Märkischen Kreises Iserlohn und Susanne Kroll-Fiedler zusammengefasst und ergänzt.

Die Zahl der Ökobetriebe in NRW und Deutschland wächst stetig. 2018 stellten jeden Tag mehr als sechs Betriebe täglich über 400 ha Fläche auf Öko um – das entspricht über 570 Fußballfeldern jeden Tag. Insgesamt wurden im Jahr 2018 1.521.314 ha – 9,1 % der gesamten Landwirtschaftsfläche Deutschlands – von 31.713 Höfen (+2.318, 11,9 % aller deutschen Landwirtschafts-Betriebe) ökologisch bewirtschaftet. In NRW waren es in den letzten drei Jahren durchschnittlich jeweils ca. 100 Betriebe mit rund 5.000 ha, der überwiegende Anteil dabei Ackerfläche, die pro Jahr umgestellt wurden.

Laut Umfrage des Deutschen Bauernverbandes können sich ca. 17 % aller landwirtschaftlichen Unternehmen eine Betriebsumstellung vorstellen. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist es umso wichtiger, dass Inhalte des ökologischen Landbaus stärker in die berufliche Bildung integriert werden. In NRW sind die Akteure diesbezüglich auf dem Weg. So haben beispielsweise alle sechs Fachschulen den Ökolandbau in den Lehrplan aufgenommen, in Haus Düsse wird die ökologische Schweinehaltung im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung im dortigen Ökoschweinestall unterrichtet und allen Schulen steht das Angebot offen, das Ökobetriebsnetz NRW für Betriebsbesuche mit Schülerklassen zu nutzen.

In diesem Jahr wird im Rahmen eines vom Düsseldorfer Landwirtschaftsministeriums geförderten Projektes allen Berufsschulen in NRW auch ein Einblick in den ökologischen Pflanzenbau auf Praxisbetrieben ermöglicht. Die sogenannten Öko-Pflanzenbautage sind Bestandteil der überbetrieblichen Ausbildung und wurden gemeinsam von Landwirtschaftskammer und Ökoverbänden NRW entwickelt und allen Berufsschulen in NRW angeboten. Insgesamt acht Berufsschulen haben das Angebot angenommen und die Praxistage durchgeführt. Im Folgenden ein Bericht von Öko-Pflanzenbautagen des Berufskollegs Märkischer Kreis, Iserlohn-Lethmate auf dem Biolandhof Raffenberg, des Lippe-Berufskolleg, Soest auf dem Biolandhof Kroll-Fiedler in Warstein-Belecke und des Berufskollegs Borken auf dem Biolandhof Potthoff in Velen.


Berufskolleg Märkischer-Kreis auf Biobetrieb Raffenberg

Einen kompetenten und praxisnahen Einblick in den ökologischen Landbau erhielten die angehenden Landwirte der Klasse L3 der Abteilung Land- und Gartenbau vom Berufskolleg des Märkischen Kreises in Iserlohn bei ihrem Besuch auf dem Biolandbetrieb Christine und Timo Raffenberg in Fröndenberg-Ostbüren. Mit dabei waren ihre Fachlehrer Michael Löw und Harald Schulte-Düingsen sowie Christoph Drerup, Ökoberater der Landwirtschaftskammer NRW.  Für die angehenden Landwirte, die im Juli ihre Abschlussprüfung haben werden, sollte es bei diesem Tag vor allen Dingen darum gehen, zu erfahren, wie ein Biolandbetrieb agiert und sich weiterentwickelt.

Ganz verschiedene Facetten des Biolandbaus erläuterte Betriebsleiterin Christine Raffenberg beim Rundgang über ihren Hof. Frau Raffenberg hat ökologische Agarwissenschaft studiert und anschl. den elterlichen Biobetrieb übernommen. Erste Station des Rundgangs war der Maststall für Bioschweine, eine weitere Station der Futtertisch in der Biorindermast. "Die Mastrinder und Mastschweine bekommen eine hofeigene Futtermischung aus vor Ort angebauten Ackerbohnen und verschiedenen Getreidesorten", stellte Christine Raffenberg heraus.

Für die eigene Direktvermarktung gehört auch die Erzeugung von Bioeiern zur Angebotspalette des Biolandbetriebes Raffenberg. "Wir haben tendenziell immer zu wenig Eier, denn Bio-Eier gehen sehr gut," sagte die junge Ökolandwirtin. Die Legehennen werden in einem mobilen Hühnerstall gehalten, der alle zwei Wochen umgestellt und damit eine neue Auslauffläche zugwiesen bekommt. Dadurch wird die Grasnarbe geschont und einer Stickstoffverlagerung vorgebeugt. "Zwischen 3,60 € und 3,90 € müssen die Kunden allerdings auch für einen 10er-Kasten Bio-Freilandeier ausgeben“, so Raffenberg. Die hohe Nachfrage zeugt davon, dass das kein Problem darstellt. Zu einem echten Problem der Freilandhaltung von Hühnern sei aber der Fuchs geworden, fügte sie hinzu. So seien von 500 Hühnern im September 2018 jetzt nur noch 440 übrig – für die meisten Verluste sei er verantwortlich.

Im Anschluss ging es dann hinaus auf die Felder, wo auf verschiedenen Flächen neben Kartoffeln, Möhren und Getreide auch Futter für die Tiere nach Richtlinien des ökologischen Landbaues angebaut werden. "Im biologischen Pflanzenbau muss ich mir ganz genau überlegen, wann ein guter Zeitpunkt zur Ausbringung der Saat ist", unterstrich die junge Unternehmerin mit Blick auf ihre Kulturen. Die im Vergleich zum konventionellen Landbau eingeschränkten Eingriffsmöglichkeiten des chemischen Pflanzenschutzes erfordern gutes, keimfähiges Saat- und Pflanzgut, was möglichst schnell und kräftig auflaufen sollte, um Unkrautwuchs oder Schädlinge in Grenzen zu halten. "Und", so gab sie den angehenden Landwirten mit auf dem Weg, "es gibt kein "Schema F" für einen erfolgreichen Bio-Ackerbau. Man muss das mit den Gegebenheiten vor Ort ausprobieren. Es funktioniert halt nicht alles beim ersten Mal. Und es gilt auch: Es funktioniert nicht alles, was schon mal gut funktionierte. Die Rahmenbedingungen ändern sich von Jahr zu Jahr."

Äußerst angetan von diesem sehr anschaulichen Praxistag auf einem Biohof zeigten sich denn auch die angehenden Landwirte. "Das ist hier wirklich ein sehr ordentlich geführter Hof. Hier liegt nirgendwo etwas in der Ecke herum, die Geräte sind vernünftig weggeräumt", stellte Tim (19 Jahre) fest und fügte mit Blick auf seine Zukunft hinzu: "Ich werde später voraussichtlich den elterlichen Betrieb übernehmen. Unser Betrieb ist recht klein, da stellt sich schon die Frage, ob wir mit unseren Hühnern nicht auf Bio umstellen sollten."

Biohof Raffenberg


Lippe-Berufskolleg auf Biobetrieb Kroll-Fiedler

Müssen die Kühe Hörner tragen? - Wieviel Humus wird durch das Maishacken abgebaut?

Um nicht nur auf diese, sondern auch auf viele weitere Fragen rund um den ökologischen Landbau über 50 Auszubildenden des Lippe-Berufskollegs Antworten zu geben, fand ein Öko-Pflanzenbautag auf dem Biolandhof Kroll-Fiedler in Warstein-Belecke. Lehrer Julian Wäsche hatte den Tag mit geplant, Vater Christian und Tochter Sophie Kroll-Fiedler sowie Ökoberater Christoph Drerup standen Rede und Antwort. "Es geht mir heute nicht nur darum, den Landwirtschaftsschülern ein realistisches Bild der ökologischen Wirtschaftsweise zu vermitteln, sondern ein pädagogisches Konzept daraus zu entwickeln", so Lehrer Julian Wäsche.

Bei blauem Himmel, Sonnenschein und einem kühlenden Wind auf dem Haarstrang, ging es für die Schüler zu einer Feldrundfahrt. Hierbei erklärte Christian Kroll-Fiedler anhand einiger Felder die Herausforderungen und Besonderheiten des ökologischen Ackerbaus mit seiner vielfältigen Fruchtfolge. Dazu gehört auf dem Betrieb Kroll-Fiedler Kleegras, Luzerne, Weizen, Triticale, Hafer, Dinkel, Ackerbohnen, Sommergerste, Erbsen, Mais und Ölhanf. Zur kritisch gestellten Frage des Humusabbaus beim Hacken, verdeutlichte der Betriebsleiter, dass eine Mobilisierung der Bodenvorräte durchaus gewollt und vertretbar ist, wenn an anderer Stelle in der Fruchtfolge z.B. beim 2-jährigen Kleegras wieder Humus aufgebaut werden kann.

Die Stallführung gestaltete Tochter Sophie. Hier erfuhren die Schüler, dass die 80 Kühe mit ihrer Nachzucht auf einem Biolandbetrieb keine Hörner tragen müssen, denn der Schwerpunkt liegt auf diesem Betrieb auf der genetischen Hornloszucht. Wird doch mal ein Kalb enthornt, wird sediert, lokal betäubt und ein Schmerzmittel verabreicht. "Für das Enthornen benötigen wir eine Ausnahmegenehmigung," informierte Sophie Kroll-Fiedler. "Wir enthornen noch etwa fünf Kälber im Jahr."

Christoph Drerup, Berater für ökologischen Landbau zog ein positives Resümee: "So eine Aktion ist zukunftsstrategisch sehr wichtig, damit die Schüler ins Gespräch kommen. Es hilft, Vorurteile und Polarisierung zwischen ökologisch und konventioneller Wirtschaftsweise abzubauen. Und in einer Zeit, in der viele Betriebe auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen, ist es wichtig, dass die Betriebsleiter von morgen frühzeitig einen fachlich fundierten Einblick in den Biolandbau bekommen."

Und wie gefiel es den Schülern und Schülerinnen?

"Wir haben ein neues Bild und einen positiven Eindruck vom Bio-Anbau bekommen. Die Felder haben uns echt beeindruckt. Der Unterschied in der Milchviehhaltung ist nicht so groß", so das Fazit einiger Teilnehmer.

Biolandhof Kroll-


Berufskolleg Borken auf dem Betrieb Potthoff

Die Mittelstufe des Berufskollegs Borken wiederum erhielt einen intensiven Einblick in die ökologische Wirtschaftsweise auf dem Betrieb Potthoff GbR in Velen. "Ich wollte den Betrieb zunächst gar nicht umstellen auf Ökolandbau", so Stephan Potthoff. Es waren seine Eltern, die die Idee hatten. Er selber hatte leider in der Ausbildung kaum etwas vom Ökolandbau gehört und war entsprechend mit Vorurteilen behaftet. Mittlerweile will er nichts anderes mehr machen.

Voller Begeisterung erläutert er den Schülern, dass die Absenkung der Milchleistung der 110 Kühe im Zuge der Umstellung von knapp 11.000 Liter/Kuh und Jahr auf knapp 9.000 Liter bei deutlich höherer Grundfutterleistung zu besserer Tiergesundheit geführt hätte. In Potthoffs Fruchtfolge stehen fünfjähriges Klee- und Luzernegras, Mais, Gerste und Weidelgras. Die betriebseigene Gülle bringt er zu Gerste und Weidelgras sowie im Strip-Till-Verfahren zu Mais.

Vom Klee- und Luzernegras ist er besonders überzeugt und fragt sich gemeinsam mit seinem Vater, warum er darauf nicht schon als konventioneller Milchviehhalter gekommen ist. "Das ist ein tolles Eiweißfutter für meine Kühe und die Bestände sind einfach zu führen", so der junge Betriebsleiter. Güllegaben wären hier "Gift, denn dann verschwindet der Klee sofort" weiß er zu berichten. Dass die Bestände auch in dieser Trockenperiode so gut dastehen, verdankt er der Beregnung.

Öko-Ackerbauberater Franz-Theo Lintzen vom Ökoteam der Landwirtschaftskammer erläuterte den Schülern die langfristigen ackerbaulichen Vorteile der Wirtschaftsweise im Betrieb Potthoff. "Wir müssen wieder lernen, Ackerbau ganzheitlich zu betrachten und den Boden in den Mittelpunkt stellen", so Lintzen.

Die sehr aufgeschlossenen Schüler waren angetan vom Betrieb und bei einigen hat sich das Bild vom Ökolandbau durchaus verändert.

Quelle: Dr. Karl Kempkens, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 0251 - 2376 625, E-Mail: karl.kempkens@lwk.nrw.de , 08. Juli 2019

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