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Ein Jahr zum Durchatmen?

24.11.2023

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führte im Wirtschaftsjahr 2022/23 zu Unsicherheiten auf den Agrarmärkten. Extreme Preisschwankungen sowie eine inflationäre Kostenentwicklung stellten die Betriebe vor besondere Herausforderungen. Im Folgenden sind die vorläufigen Unternehmensergebnisse des Testbetriebsnetzes buchführender Betriebe dargestellt.

Im Schnitt bewirtschafteten die identischen Haupterwerbsbetriebe mit 1,3 nicht entlohnten Familienarbeitskräften rund 80 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF). Das vorläufige Unternehmensergebnis von 126 560 € aus 2022/23 war dringend erforderlich, um unzureichende Einkommen vorangegangener Jahre etwas auszugleichen. Im Schnitt der letzten fünf Jahre erwirtschafteten Haupterwerbsbetriebe nur 62 400 €, was nicht zur Kostendeckung reichte. Denn die Beiträge zur Krankenversicherung, Alterssicherung und die Mitversorgung des Hofübergebers müssen, anders als beim Arbeitnehmer, noch vom Gewinn bezahlt werden. Hinzu kommen die Tilgung der Darlehen sowie markant gestiegene Lebenshaltungskosten. Nicht zu vergessen sind die bei einem höheren Betriebsergebnis steigenden Belastungen für private Steuern und Versicherungen. Darüber hinaus sind Ersatz- und Neuinvestitionen vom Gewinn zu bestreiten.

6 % der Betriebe mit Verlusten

Erfolgreiche, im Durchschnitt rund 101 ha große Betriebe erreichten ein vorläufiges Unternehmensergebnis von 244 418 €. Das entspricht einer Steigerung von 91 % im Vergleich zum Vorjahr. Auffällig ist der Abstand zur Gruppe weniger erfolgreicher Betriebe. Diese bewirtschaften im Schnitt 63,4 ha und erreichten ein Ergebnis von 24 805 € je Betrieb. Gegenläufig zur durchschnittlichen Entwicklung verschlechterte sich ihr Ergebnis um 42 %, verbunden mit einem Eigenkapitalverzehr von rund 6 420 €.

Die Auswertung der Unternehmen nach Gewinngrößenklassen zeigt, dass 14 % der identischen Betriebe 30 000 € und weniger Gewinn erwirtschafteten. Etwa 15 % lagen zwischen 30 000 € bis 60 000 €. 71 % der Betriebe erzielten mit 60 000 € und mehr ein mäßiges bis auskömmliches Einkommen und 6 % der Haupterwerbsbetriebe machten Verluste.



Im Ackerbau geht’s weiter aufwärts

Der Ukraine-Krieg führte im internationalen Handel zu Unsicherheiten bei der Getreideversorgung. Demzufolge stiegen im Frühjahr 2022 die Getreidepreise. Ackerbaubetriebe erzielten bei allen Feldfrüchten Mehrumsätze, die höhere Betriebsmittelkosten mehr als ausglichen. Feldfrüchte boten stattliche Erträge. In den rund 88 ha großen Ackerbaubetrieben lag der Getreideertrag, ohne Körnermais, im Erntejahr 2022 mit 88 dt je ha um mehr als 8 % über dem Vorjahr. Bei Winterraps erhöhte sich der Ertrag um rund 21 % auf 43,8 dt je ha. Der durchschnittliche Kartoffelertrag fiel mit 480,9 dt je ha um rund 10,8 % höher aus. Zuckerrüben verfehlten das Vorjahresniveau knapp um 2,7 % und erreichten 798 dt je ha.

Der Preis je dt lag 4,63 € über dem Niveau des Vorjahres und damit erzielten Rübenbauern einen um 1 160 € verbesserten Erlös je Hektar Rüben. Die Kartoffelpreise zogen um 27 % an und notierten 19,31 € je dt. Zusammen mit der Ertragssteigerung bedeutete dies eine Verbesserung des Umsatzes um 2 686 € je ha Kartoffeln. Die Kartoffelnotierung ist als Mischpreis für Speise- und Industrieware zu verstehen. Der Getreidepreis entwickelte sich bei einem Plus von 24,8 % auf 26,68 € je dt. Der Rapspreis stieg um 29,6 % auf 61,24 € je dt. Beim Feldgemüse ergaben sich je ha 31,4 % Mehreinnahmen. Insgesamt stiegen die Erlöse aus der pflanzlichen Erzeugung der Ackerbaubetriebe um 38,8 % auf 3 280 € je ha LF.


Spitzenerlöse für Milch

Die Milchpreise erreichten Ende 2022 ihren Höchststand und sanken ab Anfang 2023 bis zum Ende des Wirtschaftsjahres bei hohem Angebot und verhaltener Nachfrage. Spezialisierte Milchviehhalter konnten ihr Ergebnis jedoch signifikant verbessern und verbuchten gegenüber dem Vorjahr ein Plus beim Unternehmensergebnis von 59,3 %. Die auf rund 85 ha LF wirtschaftenden Höfe hielten im Durchschnitt 101 Kühe und erlösten 55,74 Cent je kg Milch netto. Das entspricht einer Erhöhung um 13,35 Cent je kg im Vergleich zum Vorjahr. Demzufolge stiegen die Milcherlöse um 125 069 €. Die Einnahmen aus der Bullenmast waren - durch den Verkauf der Tiere über 0,5 Jahre - auf Vorjahresniveau, dagegen bescherten die gesamten Rindviehverkäufe im Schnitt ein Plus von 4 184 € je Betrieb. Insgesamt legten die Einnahmen aus der Tierproduktion durchschnittlich um fast 130 000 € zu. Ihr Unternehmensergebnis verbesserte sich auf rund 188 100 €.

In der Bullenmast dominierten höhere Aufwendungen. Rindermäster und Halter kleinerer Milchviehherden mit durchschnittlich sieben Kühen je Betrieb bewirtschaften als sonstige Futterbaubetriebe fast 72 ha LF. Diese verkauften im Schnitt neun männliche Rinder weniger als im Vorjahr, was dennoch zu mehr Umsätzen aus der Bullenmast führte. Die Milchleistung je Kuh und die Anzahl der Kühe lagen auf Vorjahresniveau. Deren Gesamtumsätze aus der Tierproduktion erhöhten sich um 28 350 €, auch aus der Pflanzenproduktion konnten 14 864 € mehr erlöst werden. Weniger sonstige Einnahmen wirkten dem entgegen, sodass die betrieblichen Erträge insgesamt um 11 800 € zulegten. Das reichte nicht aus, um die Mehrausgaben von 22 387 € auszugleichen. Daher verminderte sich deren Unternehmensergebnis um 13,6 % auf 71 140 €.


Schweinehalter holen auf

Sinkende Schweinebestände führten zu lang ersehnten, positiven Marktimpulsen. Nach zwei herausfordernden Vorjahren stiegen die Preisnotierungen. Je Mastschwein erlösten die Schweinehalter im Schnitt 204 €, je Ferkel 60 € inklusive Zuschläge, beide Preise netto. In den ausgewerteten Veredlungsbetrieben wurde im Schnitt der Jahresabschlüsse ein Unternehmensergebnis von 112 166 € ausgewiesen. Im Mittel bewirtschafteten die vorliegenden Veredlungsbetriebe etwa 65 ha. Die Höfe versorgten rund 71 Zuchtsauen, was einen Rückgang von 3,4 % bedeutet und vermarkteten 1 742 Mastschweine, ein Minus von 5,4 %.

In den Einnahmen der Veredlungsbetriebe sind Durchschnittlich 9 195 € Beihilfen für sonstige Notlagen enthalten, wie Anpassungsbeihilfen für gestiegene Energiekosten, Corona-Nachzahlungen und andere. Sie haben einen Anteil von 8,2 % am Unternehmensergebnis dieser Betriebsform.

Spezialisierte Ferkelerzeuger waren nur noch mit 14 Betrieben in der Gruppe der Veredler vertreten, daher ist bei der Interpretation der folgenden Zahlen Vorsicht geboten. Im Vergleich der betrieblichen Ausrichtungen erzielten sie mit durchschnittlich 272 Zuchtsauen ein Unternehmensergebnis von 180 171 €. Insgesamt konnten sie aus dem Geschäft mit Schweinen einzelbetrieblich rund 222 900 € mehr vereinnahmen. Im Vergleich zum Vorjahr sanken deren Bestände, da sich in der Auswertung zunehmend auslaufende Betriebe befanden.

Die Gruppe der 20 Betriebe mit (teil)geschlossenem System weist im Vergleich der Produktionsrichtungen in der Schweinehaltung den höchsten Einkommenszuwachs auf. Bei einigen dieser Betriebe wurden in 2021/22 kaum Corona-Beihilfen verbucht. Das führte zu einem extrem niedrigen Vorjahresergebnis, was Nachzahlungen im WJ 2022/23 ausglichen. Die Höfe verfügten im Schnitt über 117 Sauen und verkauften 951 Mastschweine.

In dem von 52 Mastschweinehaltern erzielten Gewinn von 101 541 € sind 11 093 € Sonderbeihilfen für Notlagen enthalten. Für die im Durchschnitt 2 780 verkauften Mastschweine, im Vorjahr waren es durchschnittlich 2 974 Stück, verbuchten sie im Vergleich zu 2021/22 einen um 63 € gestiegenen Erlös je Tier. Die Gewinnentwicklung und die Höhe des Gewinns wurden wie in den Vorjahren maßgeblich von der Anzahl der verkauften Mastschweine bestimmt.

Insgesamt errechnete sich für alle 75 Verbund- oder Gemischtbetriebe ein vorläufiges Gewinnplus von 64 %. Das Vorjahresergebnis wurde um 38 106 € auf ein 97 493 € erhöht.

Auch Ökobetriebe verzeichnen ein Plus

Die Anzahl von 20 Betrieben erlaubt nur eine Trendmeldung zur Einkommensentwicklung ökologisch wirtschaftender Betriebe. Die im Durchschnitt 88 ha großen Biobetriebe verzeichneten ein um rund 13 % verbessertes Unternehmensergebnis von 71 604 €. Dieses fiel im Vergleich zu konventionellen Betrieben um 54 960 € niedriger aus. Im Schnitt konnten sie die Umsätze aus der Tierhaltung um 20 347 € verbessern. In den gleichbleibenden Kuhbeständen, mit im Durchschnitt 37,6 Kühen je Betrieb, nahm die Milchleistung je Kuh um 462 kg auf 6 461 kg ab. Ein um 11,5 Cent auf 61,06 Cent je kg gestiegener Milchhöchstpreis führte einzelbetrieblich zu 18 379 € mehr Milchgeld. Auffällig ist die geringe Milchpreisdifferenz von nur noch 5,34 Cent zu konventionellen Betrieben. Im Schnitt der Biobetriebe wurden acht männliche Rinder mit einem Alter bis zu einem halben Jahr veräußert. Die Rindvieherlöse aus Altkühen, Färsen, Bullen und Kälbern legten einzelbetrieblich um 4 552 € zu.

Die Schweinehaltung mit durchschnittlich drei Sauen und 45 verkauften Mastschweinen spielte in diesen ausgewerteten Biobetrieben eine untergeordnete Rolle. Sie ermöglichte dennoch Mehreinnahmen von 4 192 € je Betrieb.

Auf den Biohöfen wurden im Schnitt 3 200 Legehennen gehalten. Für Eier erlösten sie 32,08 Cent, ein Plus von 3,9 %, was mehr Geld aus der Legehennenhaltung einbrachte. Schwerpunkte in der Pflanzenproduktion waren der Getreideanbau mit 44,6 % der Ackerfläche, der Feldfutterbau und geringfügig auch Kartoffeln mit 2,2 % der Ackerfläche. Aus der Pflanzenproduktion wurden 7 638 € mehr vereinnahmt. Sonstige Einnahmen verminderten sich um beachtliche 20 313 €. Mehrausgaben für Futter belastete die Betriebe mit 9 045 €. Per Saldo erhöhten sich die wichtigsten Kostenpositionen, ohne Futter- und Tierzukauf und Pachten, einzelbetrieblich um rund 7 300 €. Einsparungen lagen beim Tierzukauf in Höhe von 6 276 € je Betrieb, Lohnarbeit und Maschinenmiete in Höhe von 3 828 € je Betrieb sowie beim sonstigen Betriebsaufwand in Höhe von 8 008 € je Betrieb vor. Mit einer Nettorentabilität von 101 % reichte das Unternehmensergebnis aus, um die eingesetzten Produktionsfaktoren in voller Höhe zu entlohnen.

Nebenerwerb wieder attraktiver

Im Rahmen der Auswertung wurden 115 Betriebe mit einem Standardoutput (SO) kleiner 50 000 € oder weniger als einer Vollarbeitskraft betrachtet. Höhere Erlöse aus dem Pflanzenbau sowie eine geringfügige Zunahme der Umsätze aus Viehhaltung führten neben weiteren Faktoren zu 15 385 € mehr Betriebsertrag. Den höheren Einnahmen je Tier stand eine Verminderung der Viehbestände gegenüber, sodass sich auch in 2022/23 die Umsätze aus der Tierproduktion kaum verbesserten. Mit einem Plus von rund 31 % stieg das durchschnittliche Unternehmensergebnis auf 29 359 €. Im Schnitt bewirtschafteten die Nebenerwerbs- und Kleinbetriebe 38 ha. Der Gewinn je nichtentlohnter Familienarbeitskraft betrug 36 374 €. Im Haupterwerb erreichte dieser mit 99 289 € das 2,7-fache Einkommensniveau.


Jürgen Boerman und Marco Hoffmann,

Landwirtschaftskammer NRW

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