Fast unbemerkt hat der Bundesrat auf seiner Sitzung am 25. Juni auch über den Transport von Kälbern entschieden. Diese sollen zukünftig erst ab einem Alter von 28 Tagen transportiert werden, bislang lag das Mindestalter bei 14 Tagen.
Zur Begründung der Gesetzesänderung wird Folgendes angeführt: „Aus Tierschutzsicht ist es notwendig, Kälber erst ab der 5. Lebenswoche zu transportieren. In einem Alter von etwa zwei Lebenswochen hat die Konzentration der über das Kolostrum aufgenommenen Antikörper bereits stark abgenommen, das eigene Immunsystem ist jedoch frühestens in einem Alter von vier Wochen hinreichend belastbar. In dieser immunologischen Lücke während der dritten und vierten Lebenswoche ist kein ausreichender Immunschutz gegeben.“
Zwar hat der Bundesrat erkannt, dass für so eine Änderung in den Milchviehbetrieben – um die es ja überwiegend geht – ausreichend räumliche und vielleicht auch personelle Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber das Thema geht ja weit über die Einrichtung zusätzlicher Haltungssysteme oder die Anschaffung weiterer Kälberiglus hinaus. Es ist zwar nett, wenn über die „immunologische Lücke“ bei Kälbern diskutiert wird – man darf aber auch vielleicht einmal fragen, wie denn der nachgelagerte Bereich mit solch einer Änderung umgeht? Ein ordentliches Bullenkalb dürfte nach vier Wochen schon ein Gewicht von 65 bis über 70 kg haben. Da ist es selbst für einen gestandenen Kerl zuweilen schon eine Herausforderung, so ein Tier aus seiner Kälberhütte heraus in das Transportfahrzeug zu hieven. Auf dem wird nun der Platz knapp, es müssen weniger Kälber auf den PKW-Anhänger verladen werden und die Eingewöhnung auf den Kälbermast- oder Fresseraufzuchtbetrieben oder dem Bullenmastbetrieb wird ebenfalls neue Anforderungen stellen.
Der Bundesrat hat eine Übergangszeit von einem Jahr nach Veröffentlichung der Verordnung im Bundesanzeiger vorgeschlagen. Die Milchviehhalter müssen sich auf diese Änderung einstellen. In vielen Milchviehbetrieben, die eher weniger mit Iglus und Auslauf, sondern bislang mit Boxen in Hütten arbeiten, ist das kein einfaches Unterfangen. Und mehr Kälberplätze müssen fast alle Betriebe einrichten.
Dr. Frank Greshake,
Landwirtschaftskammer NRW