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RegioHuhn: Mit traditionellen Hühnerrassen in die Zukunft

02.02.2022

Diese Hühner sind etwas Besonderes, das sieht man auf den ersten Blick. „Der markante Federschopf auf dem Kopf ist typisch für Altsteirer, eine alte Haushuhnrasse“, sagt Alexander Schäfer, Naturland Bauer im unterfränkischen Bad Bocklet. Vor gut vier Monaten hat Schäfer 160 dieser besonderen Hühner als Küken eingestallt, jeweils zur Hälfte Hähne und Hennen.

Der Bio-Hof von Alexander Schäfer ist einer von insgesamt 19 Naturland Betrieben im Projekt RegioHuhn. Im Rahmen des dreijährigen Projekts wird die Nutzbarkeit von sechs lokalen und gefährdeten Hühnerrassen, wie den Altsteirern, der Ostfriesischen Möwe oder dem Mechelner Huhn, in der ökologischen Landwirtschaft untersucht. Aufgabe der Naturland Betriebe ist es dabei, Kreuzungen dieser alten Rassen in der landwirtschaftlichen Praxis zu testen.

Alte Rassen züchterisch weiterentwickeln

„Diese alten Hühnerrassen zeichnen sich vor allem durch ihre größere Robustheit aus, bleiben als traditionelle Zweinutzungshühner in der Leistung jedoch weit hinter den modernen Lege- und Mastlinien zurück“, erläutert Olivia Müsseler, Geflügelexpertin bei der Beratung für Naturland, die die Testbetriebe koordiniert. So legt beispielsweise eine reinrassige Altsteirer Henne höchstens 180 Eier pro Jahr – im Vergleich zu mehr als 300 Eiern, auf die ein modernes Hochleistungshuhn kommt. „So teuer kann auch kein Bio-Betrieb seine Eier verkaufen, dass sich das lohnen würde“, unterstreicht Müsseler.

Die Lösung, die mit dem Projekt RegioHuhn gesucht wird, liegt in der Mitte: Mittels Kreuzungszucht werden auf Basis der alten Rassen neue Zweinutzungshühner gezüchtet, die zumindest etwas mehr Eier legen oder Fleisch ansetzen und deshalb auch wirtschaftlich für eine Haltung in der Landwirtschaft geeignet sind. Dadurch wird zugleich der Bestand der alten Rassen gesichert, weil sie für die Zucht gebraucht werden. Für diese Zuchtarbeit ist im Projekt ist das Friedrich-Loeffler-Institut für Nutztiergenetik in Mariensee (FLI-ING) zuständig, gemeinsam mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL/BaySG Kitzingen) und der Universität Bonn. Dort wurden zunächst die sechs alten Rassen mit Elterntieren moderner Lege- oder Mastlinien gekreuzt. Tiere aus insgesamt zwölf solchen Kreuzungen leben nun im Praxistest auf verschiedenen Naturland Betrieben.


Nachhaltige Alternativen zu modernen Züchtungen

Die Tiere auf dem Naturland Hof von Alexander Schäfer sind eine Kreuzung aus Alsteirern mit einer modernen Legerasse. Seit September vergangenen Jahres zieht er sie in einem zum Mobilstall umgebauten Bauwagen auf. Hähne und Hennen sind leicht zu unterscheiden: die männlichen Tiere tragen ein weißes Federkleid, die weiblichen sind braun gezeichnet. Für Schäfer, der einen kleinen Betrieb mit Ackerbau, Grünland, Rindermast und einigen Streuobstwiesen führt, war die Teilnahme am RegioHuhn-Projekt eine willkommene Gelegenheit, erstmals in die Geflügelhaltung einzusteigen. „Ich war auf der Suche nach einer Alternative zu den Hochleistungsrassen der großen Zuchtkonzerne. Jetzt arbeite ich mit bei der Entwicklung einer solchen Alternative“, beschreibt der Naturland Landwirt seine Motivation.

Ganz ohne Risiko ist das für die Betriebe nicht. Fleisch und Eier müssen sie selbst vermarkten – und wie viele Eier das sein werden, weiß noch niemand. „Die Hähne sind jetzt im Januar alt genug zum Schlachten, die Hennen beginnen aber frühestens ab Februar mit dem Eierlegen. Dann wird es wirklich spannend“, sagt Olivia Müsseler, die die Betriebe eng begleitet. Irgendwo zwischen 200 und 250 Eiern im Jahr müsse man schon landen, darunter rechne sich das ganze wirtschaftlich nicht.

Projekt „ei care“

Wie ein solches Zweinutzungshuhn-Projekt auch im Handel langfristig erfolgreich sein kann, zeigt bereits seit 2011 das Naturland Fair zertifizierte Projekt „ei care“, das von der Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG und dem Berliner Bio-Großhändler Terra Naturkost getragen wird. In deren Auftrag halten mehrere Naturland Betriebe im Berliner Umland Hühner einer alten französischen Landrasse namens „Les Bleues“. Die Eier werden in verschiedenen Naturkostläden in der Hauptstadt verkauft, ebenso wie das Fleisch der Hähne, die in Frankreich unter dem Namen „Bresse Gauloises“ als Delikatesse gelten.

Allen Zweinutzungshuhn-Projekten gemeinsam ist, dass sie einen Ausweg aus dem Dilemma suchen, das die moderne Züchtungsindustrie mit der Entwicklung von Hochleistungshühnern nur für die Mast oder nur fürs Eierlegen geschaffen hat. Denn die Brüder dieser spezialisierten Legehennen setzen kaum Fleisch an und wurden deshalb lange Zeit direkt nach dem Schlüpfen aussortiert und getötet.

Vielfalt für den Öko-Landbau

Naturland schreibt in seinen Richtlinien vor, dass alle Bruderhähne auf Bio-Betrieben aufgezogen werden müssen, und seit Jahresbeginn ist das Kükentöten in Deutschland auch endlich gesetzlich verboten. Doch für eine noch nachhaltigere, regionale Geflügelhaltung braucht es keine spezialisierten Hochleistungshühner, sondern robuste sogenannte Zweinutzungshühner, die - wie die alten Landrassen früher - beides können: Eier legen und Fleisch ansetzen. Genau dazu will das Projekt RegioHuhn einen Beitrag leisten und dabei die Vielfalt alter Haustierrassen für die Zukunft bewahren. Diese Artenvielfalt gehört zum Öko-Landbau, ist Naturland Beraterin Olivia Müsseler überzeugt: „So vielfältig, wie unsere Betriebe sind, müssen auch unsere Hühner sein.“


Quelle: Stefan Simon/ Naturland

Weitere Informationen

Infos zum Projekt

Weitere Informationen zum Projekt RegioHuhn unter RegioHuhn (naturland.de).

Weitere Informationen zum Projekt ei care unter Home - ei care (aktion-ei-care.de).

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