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Bio in der AHV ist eine Daueraufgabe für Kommunen

22.10.2020

Das Netzwerk der Bio-Städte wächst seit Jahren kontinuierlich. Gerade hat die Stadt Köln beschlossen, das 20. Mitglied zu werden. Welche Bedeutung hat das Netzwerk für die ökologische Außer-Haus-Verpflegung? Wie hat sich die Corona-Krise ausgewirkt und wie sind die Perspektiven für die Zukunft? Oekolandbau.de interviewte dazu Dr. Werner Ebert, den Geschäftsführer des Bio-Städte Netzwerks.


Oekolandbau.de: Wie entwickelt sich das Biostädte-Netzwerk in der Corona-Krise? Verliert der Einsatz von Bio-Produkten in der Gemeinschaftsverpflegung für die Kommunen an Bedeutung?

Ebert: In allen Bio-Städten haben Bio-Lebensmittel in der Gemeinschaftsverpflegung nach wie vor einen hohen Stellenwert. Allerdings wird das Kostenargument gewichtiger. Es gibt Kommunalpolitiker, die befürchten, dass die Akzeptanz der Bürger für vermeintlich teureres Essen sinkt, und die beim Essen sparen wollen. Auch in privatwirtschaftlichen Betriebskantinen wird nach meiner Beobachtung schärfer kalkuliert und im Zweifel bei Bio gespart. Andererseits gibt es Betriebe, die gerade jetzt auf gesundes Essen achten und gezielt Bio nachfragen. Und ich bekomme auch Rückmeldungen aus verschiedenen Bio-Städten wie Augsburg, Darmstadt, Karlsruhe und München, dass dort die Nachfrage nach bioregionalen Lebensmitteln durch die Corona-Krise angestiegen ist. Gleichzeitig gab und gibt es durch Lockdown und Hygieneregeln jedoch bei Catering-Unternehmen für das Essen in Schulen und Hochschulen große wirtschaftliche Probleme. Insgesamt ist es meiner Einschätzung nach noch zu früh, hier eine abschließende Bilanz zu ziehen.

Oekolandbau.de: Gibt es aktuelle Anfragen von Kommunen, die beim Netzwerk mitmachen möchten?

Ebert: Ja, die gibt es. Ende August (2020) war eine Veranstaltung zu den Bio-Städten in Rostock, die vom Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern unterstützt wurde. Henrik Schwiegel, der Kollege der Bio-Stadt Berlin, berichtete von seinen Erfahrungen. Die Städte Rostock und Greifswald signalisieren großes Interesse. Zudem laufen politische Prozesse in verschiedenen anderen Städten wie beispielsweise Saarbrücken und Much (NRW).

Oekolandbau.de: In mehreren Bundesländern gibt es inzwischen Öko-Modellregionen beziehungsweise in Baden-Württemberg Bio-Musterregionen. Welchen Einfluss hat das auf die nachhaltige Verpflegung in den Städten?

Ebert: Die Öko-Modellregionen sind sehr wichtig für die Bio-Städte. Dadurch ist es möglich, für den Absatzmarkt Großstadt gezielt Projekte in den Bereichen Verarbeitung, Vermarktung, Öffentlichkeitsarbeit zu machen und so die regionale Wertschöpfung zu verbessern. Bio-Städte und Öko-Modellregionen können sich so ideal ergänzen.

Oekolandbau.de: Viele Verbraucherinnen und Verbraucher verbinden mit dem Bio-Thema einen Beitrag zum Umweltschutz, eine gesunde Herstellung von Lebensmitteln, mehr Tierwohl und ähnliches. Gibt es für die Kommunen auch wirtschaftliche Argumente, sich auf diesen Weg zu begeben?

Ebert: Ja, und es ist wichtig, diese noch mehr in den Vordergrund zu stellen. Die Bio-Branche gewinnt immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung, ohne dass dies vielen Menschen bewusst ist. So gab es in der Metropolregion Nürnberg 2015 rund. 2.500 zertifizierte Bio-Unternehmen. Alle vier bis fünf Jahre nimmt diese Zahl um 25 Prozent zu. In einer neuen Marktstudie wollen wir die aktuellen Daten erheben und auch schauen, inwieweit die damit verknüpften Arbeitsplätze erfasst werden können. Zudem ist es so, dass die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln das Angebot nach wie vor übersteigt und deshalb eine riesige Marktchance besteht für Betriebe, die auf Bio umsteigen möchten.

Oekolandbau.de: Welche Absatzpotenziale sehen Sie in der Außer-Haus-Verpflegung für Bio-Produkte?

Ebert: Nach meiner Erfahrung gibt es noch große Potenziale, vor allem im Bereich der Betriebskantinen. Ich würde auch kleinere Betriebe aus dem Dienstleistungssektor noch stärker in den Blick nehmen. Soweit ich das mitbekomme, profitieren von diesem Bereich gerade die Bio-Lieferservicebetriebe stark. In einem über die BÖLN-Richtlinie zu Bio-Wertschöpfungsketten geförderten Projekt wollen wir in Nürnberg die Potenziale der bioregionalen Versorgung, insbesondere für Bio-Gemüse noch besser erschließen.

Oekolandbau.de: Immer wieder zeigt sich, dass es in Kitas leichter ist, die Bio-Anteile zu steigern als in der Schulverpflegung. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ebert: Die Kita Eltern sind sensibler und achten mehr auf gesundes Essen. Zudem ist im Vorschulbereich ganz klar geregelt, dass das Essen Teil der Betreuung ist – auch wenn leider nur im Ausnahmenfall Teil der pädagogischen Arbeit. Zudem fällt bei den Kita-Portionen der Preisunterschied zwischen bio und konventionell kaum ins Gewicht.

Oekolandbau.de: Brauchen Kommunen beim Thema "Bio in der AHV" einen langen oder einen sehr langen Atem?

Ebert: Es ist eine Daueraufgabe und braucht Personal, das sich professionell um die Essensversorgung kümmert. Gerade in den eigenen Einrichtungen. Unter dieser Voraussetzung wird sich Bio-Anteil kontinuierlich steigern. Ich bin überzeugt, dass es in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren in vielen Bereichen ganz normal sein wird, nur noch biologische Lebensmittel zu essen.

Weitere Informationen

20 Bio-Städte

Inzwischen sind 20 Kommunen Mitglied beim Netzwerk deutscher Bio-Städte. 2019 sind Bonn und Berlin dazu gekommen, im Jahr 2020 Ingoldstadt und Köln. Damit leben aktuell 14,5 Prozent der Deutschen in einer Bio-Stadt. Weitere dürften noch dazu kommen.

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