Seit 1999 bewirtschaftet Familie Gauer den Hof Rosenthal in Bergneustadt, den sie schon bald auf Biolandwirtschaft umstellt und dem Bioland-Verband angliedert. 2006 fällt der Startschuss für die Legehennenhaltung - damals mit 20 Tieren in einem Bauwagen. Wegen der stetig steigenden Nachfrage nach Bioeiern müssen Gauers schnell aufstocken, ein Stall für 400 Hühner wird errichtet. 2011 folgt die Gründung der Bio-Gut Rosenthal GmbH & Co. KG als zertifizierte Packstelle, um zusätzlich zu den eigenen auch noch Eier von anderen Biohöfen vermarkten zu können.
Heute legen 1 775 Hühner in einem Feststall und weitere 225 Hennen im Mobilstall ihre Eier für die Vermarktung über das Bio-Gut Rosenthal; 4 000 Legehennenplätze zusätzlich zählt eine Lohnhaltung im Sauerländischen Winterberg. „Der Markt für Bioeier wächst deutlich schneller, als Eier in heimischen Biobetrieben erzeugt werden können. Wir möchten kontinuierlich Mengen gemäß dieser Marktsteigerung an den Lebensmitteleinzelhandel und den Großhandel liefern können“, fasst Juniorchef Jonathan Gauer die Ziele des Betriebes zusammen.
Insgesamt 16 Betriebe aus NRW, vom Bergischen Land über Köln und den Niederrhein, übers Ruhrgebiet bis ins Münsterland und nach Westfalen, arbeiten heute mit Familie Gauer zusammen, über 350 000 Eier werden pro Woche in Bergneustadt gesammelt, verpackt und deutschlandweit an Märkte zwischen Hamburg und Rheinland-Pfalz vermarktet. „Zu unseren Kunden gehören Rewe, Alnatura und Edeka ebenso wie zahlreiche Biomärkte und Bio-Supermärkte, außerdem einige Hofläden“, fasst der 26-Jährige zusammen. Als mittelfristiges Ziel verfolgen Jonathan und Vater Henning Gauer, weitere Bioeiererzeuger südlich von Bergneustadt, Richtung Westerwald, Südhessen und Eifel, dazuzugewinnen. „Schließlich liefern wir ja auch nach Rheinland-Pfalz und liegen dementsprechend günstig und etwa in der Mitte unserer Lieferanten“, meint Jonathan Gauer.
Ein Merkmal, das das Bio-Gut Rosenthal seit 2017 auszeichnet, ist die Aufzucht männlicher Küken, da die in-ovo-Selektion für Bioland-Betriebe keine Alternative zum Kükentöten darstellt. Dafür haben Gauers die Marke „Rosenthaler Hahnenglück“ gegründet. „75 bis 80 % der Bruderhähne unserer Partnerbetriebe werden zurzeit schon aufgezogen, ab Herbst dieses Jahres sollen es 100 % sein“, so Jonathan Gauer. Dazu nehmen Gauers beim Kauf der Legehennen deren Brüder ab. Eine Vermarktungsstruktur sei derzeit im Aufbau. „In Zusammenarbeit mit dem Bioland-Verband und der Land-Bio Erzeugergemeinschaft Nordwest wollen wir Strukturen für alle Bioland-Betriebe aufbauen, um die Brüder aufziehen und vermarkten zu können“, erklärt Jonathan Gauer den Hintergrund. So seien er und sein Vater mit Landwirten im Gespräch, deren freie Mastställe sich für die Bruderhahnaufzucht nutzen ließen. „Die liegen unter anderem in Niedersachsen und damit nahe an den zertifizierten Bio-Schlachthöfen, um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten.“
Refinanziert wird die Bruderhahnaufzucht übers Ei, das 4 Cent mehr kostet und damit den Hahn sponsert. „Die Eierpackungen sind entsprechend gekennzeichnet. Bis zur Schlachtung soll der Bruderhahn über den Mehrpreis fürs Ei, ab der Schlachtung über das Endprodukt selber finanziert werden. Das ist den Kunden gut vermittelbar“, zeigt sich der junge Unternehmer überzeugt. Das Bruderhähnchenfleisch wird unter anderem in Babynahrung und Convenience-Produkten verarbeitet.
Da Henning Gauer langjährige Erfahrung in der ökologischen Haltung von Legehennen hat, kann er auch bei der Betriebsplanung mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Das Betriebsziel muss bekannt sein. Soll ein Familienbetrieb von der Bioeierproduktion leben können, macht ein 6 000-er Stall eher Sinn. Möglich sind auch zwei 3 000-er Einheiten, zum Beispiel bei der Umnutzung von Altgebäuden. Das ist individuell planbar.“ Jedoch seien auch andere Betriebsformen denkbar, es müsse beides geben: Den Mobilstall-Betrieb, der die Eier vorzugsweise direkt vermarktet, ebenso wie die größer aufgestellte Legehennenhaltung, deren Vermarktung hauptsächlich über Bündler läuft. „Da ist die ganze Bandbreite gefragt“, meint Henning Gauer und versichert, dass der betriebseigene Eier-LKW auch kleinere Einheiten abholen kann, wenn es in die Tourenplanung passt.
Für die Partnerbetriebe der Packstelle bietet des Bio-Gut Rosenthal das „All-inclusive-Paket“: Familie Gauer und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstellen die Abrechnungen für die Höfe, füllen die Lieferscheine aus, erledigen die KAT-Meldungen* und sind somit Bündler nicht nur der Eier, sondern auch aller notwendigen formellen und logistischen Schritte einer erfolgreichen Vermarktung. „Als Bioland-Packstelle und Bündler haben wir ein selbstbewussteres, stärkeres Auftreten gegenüber dem Handel und können damit auch in Preisverhandlungen unsere gemeinsamen Interessen vertreten“, nennt Henning Gauer einen Vorteil von Bio-Gut Rosenthal.
Henning und Jonathan Gauer sehen sich auf einem guten Weg, gemeinsam mit ihren Lieferanten auch die neue EU-Öko-Verordnung und das Verbot des Kükentötens zu wuppen. „Dadurch gerät der EU-Markt stark unter Druck“, sind sich beide einig. Die Vorgabe einer 100-prozentigen Biofütterung der Tiere zum Beispiel mache das Endproduckt deutlich teurer. „Beim Ei könnten die Preissteigerungen bis zu 8 Cent pro Ei ausmachen“, mutmaßt Henning Gauer. „Das müssen wir mit unseren Lieferanten absprechen und schauen, wohin der Trend wohl gehen wird. Die Frage, ob die Verbraucher die Eier dann noch kaufen, stellt sich am Anfang ganz sicher, darauf müssen wir vorbereitet sein“, meinen die beiden Gauers. Helfen werden dem Bio-Gut Rosenthal und seinen Partnerbetrieben sicherlich das breite Netzwerk und die verlässlichen Kontakte zu den Marktpartnern zwischen Hamburg und dem Westerwald.
Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
*KAT: Mit der Printnummer auf dem Ei hat der „Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V. (KAT)“ im Jahr 2000 das erste Rückverfolgbarkeitssystem der Lebensmittelwirtschaft geschaffen. Im Jahr 2004 wurde der sogenannte Eier-Code gesetzliche Kennzeichnungsvorgabe innerhalb der Europäischen Union.
Mehr Infos zum Betrieb gibt es unter www.biogut-rosenthal.de.