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Mehr Einkommen bei hohem Kostendruck

20.01.2023

Die Landwirtschaftskammer NRW führt jährlich auf der Grundlage konventionell geführter Haupterwerbsbetriebe aus dem Testbetriebsnetz NRW eine Vorschätzung der Unternehmensergebnisse durch. Die Berechnungen basieren auf 689 Jahresabschlüssen.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine verschärfte die inflationäre Entwicklung der Betriebsmittelkosten und beeinflusste maßgeblich das Preisgefüge auf den Agrarmärkten. Die Vorschätzung der Unternehmensergebnisse für das Wirtschaftsjahr 2022/23 reicht bei den betrieblichen Hauptausrichtungen von 65 000 € in der Veredlung bis hin zu 137 000 € im Futterbau.

Einkommen oft nicht ausreichend

Im Wirtschaftsjahr 2022/23 erhöht sich nach den Annahmen das durchschnittliche Unternehmensergebnis aller Haupterwerbsbetriebe auf rund 112 600 €. Dieses Einkommen stellt den zwar den steuerlichen Gewinn dar, allerdings muss die Unternehmerfamilie davon ihre gesamte Lebenshaltung bezahlen. Auch die Beiträge zur privaten Krankenversicherung, Alterssicherung und die Mitversorgung des Hofübergebers sind von diesem Gewinn zu bestreiten. Nicht zu vergessen sind die ebenfalls vom Gewinn zu begleichenden privaten Steuern, die Tilgung der Darlehen und erforderliche Investitionen. Mittlerweile ist ein Unternehmensergebnis von rund 100 000 € für einen Familienbetrieb erforderlich, um den finanziellen Anforderungen gerecht zu werden. Jedoch erwirtschafteten Haupterwerbsbetriebe im Schnitt der letzten fünf Jahre weniger als 60 000 €. Das ging mit dem Verbrauch von Abschreibungen und betrieblichen Reserven einher und verursachte Substanzverluste.


Bessere Erlössituation im Ackerbau

In der Pflanzenproduktion erbrachten alle Feldfrüchte 2022 mehr Einnahmen. Höhere Marktpreise glichen die Ertragseinbußen bei Mais, den Hackfrüchten und beim Feldgemüse voll aus. Die Ackerbauerlöse nehmen nach den Einschätzungen auf dieser Grundlage um 35 % zu. Demgegenüber stehen jedoch gestiegene Aufwendungen, die einer weiteren positiven Einkommensentwicklung mit einem negativen Gewinneinfluss von 45 % entgegenwirken. Das für die Betriebsform Ackerbau geschätzte Ergebnis von etwa 129 000 € liegt um 59 % über dem Vorjahr.

Auch in Getreidebetrieben ergeben sich nach den Berechnungen mehr Umsätze. Zum errechneten Unternehmensergebnis von rund 109 300 € tragen auf der Erlösseite insbesondere 34 % Mehreinnahmen aus Getreide bei. Eine Aufwärtsbewegung in Hackfruchtbetrieben ist insbesondere auf eine positivere Einschätzung der Getreide- und Hackfruchtumsätze zurückzuführen. Der Kartoffelpreis ist schwer zu kalkulieren, da die Umsatzanteile der Speise- und Industrieware nicht bekannt sind. Der prognostizierte Gewinn beläuft sich im Hackfruchtbau auf rund 130 650 €. Das höchste Ergebnis im Ackerbau wird mit rund 151 150 € von Gemischtbetrieben erwartet. Diese setzen neben Kartoffeln, Rüben und Getreide verstärkt auf Feldgemüse, das etwa 30 % der Einnahmen aus der Pflanzenproduktion ausmacht. Weiterhin erzielen sie noch Umsätze aus der Schweinehaltung, die den Gewinn positiv beeinflussen.

Regionale Unterschiede bei Getreide und Hackfrüchten

Im Rahmen der Besonderen Ernteermittlung (BEE) 2022 errechnete sich für Getreide ohne Körnermais ein Hektarertrag von 80,4 dt, der etwa 11 % über dem Vorjahr lag. In dieser Vorschätzung wurde eine Ertragszunahme von 5 % gewählt, in Kombination mit einem Preisplus von 28 % auf 27,56 €/dt (netto).

Landesweit brachte die Rapsernte 2022 einen überdurchschnittlichen Ertrag von 45 dt/ha mit hohem Ölgehalt. Ergänzend ist in der Vorschätzung ein Preisplus von 22 % beziehungsweise eine Notierung von 59,73 €/dt berücksichtigt.

Proberodungen aus der BEE ergaben je Hektar Kartoffeln eine Ertragsabnahme von 10,4 %. Im Rahmen dieser Prognose wird von einem Minus von 9 % ausgegangen. Eine Mischkalkulation aus Speise- und Industrieware lässt einen Preiszuschlag um 57 % auf 22 € je dt netto zu.

Wassermangel und intensive Sonneneinstrahlung stressten die Zuckerrüben. Einsetzende Niederschläge verhalfen Ende August und Anfang September zu verspäteten, jedoch erheblichen Massenzuwächsen. Aus einem etwas unterdurchschnittlichen Zuckergehalt resultierte bei einem leicht über dem Mittel liegenden Ertrag eine durchschnittliche Zuckerausbeute. Den Berechnungen liegt ein um 7 % verminderter Ertrag von 766 dt/ha zugrunde. Die Spanne reicht regional von 400 bis hin zu 1 000 dt/ha. Beim Preis entschieden sich schätzungsweise 75 % der Rübenbauern für das flexible Preis- und 25 % für das Sicherheitsmodell. Daraus ergibt sich ein Mischpreis von rund 5 €/dt.

Viele Maisbestände standen auf Sandböden unter Trockenstress, vermehrt bei Zweitfruchtmais. Auffällig waren beeindruckende Unterschiede bei der Kulturentwicklung. In der Vorschätzung sind ein Ertragsminus von 20 % und ein Preisplus von 35 %die Annahmen. Eine bessere Notierung ist auch vor dem Hintergrund eines spürbar gestiegenen Weizenpreises gerechtfertigt. Der Körnermais fließt mit einer Ertragsabnahme von 14 % und einer um 50 % verbesserten Notierung ein. Im Feldgemüseanbau, der vorwiegend in der Gruppe der Ackerbaugemischtbetriebe zu finden ist, wird im Vergleich zur Ernte 2021 eine Ertragsabnahme von 7 % sowie ein um 25 % höherer Durchschnittspreis unterstellt.

Mehrkosten im Ackerbau

Für 2022/23 ist von Mehrausgaben  auszugehen, die sich mit etwa 17 % negativem Gewinneinfluss in Ackerbaubetrieben bemerkbar machen. Bei Saat- und Pflanzgut wird bei gleicher Menge eine Kostenzunahme um 35 % angenommen, die auf gestiegenen Getreidepreisen beruht. Düngemittel fließen mit Mehrkosten von 15 %, Pflanzenschutzaufwendungen sind mit 20 % Aufschlag kalkuliert, bei jeweils gleichbleibenden Mengen.


Komfortable Situation bei Milchviehhaltern

Milchviehhalter erwarten aus dem bisherigen Milchpreisverlauf eine signifikante Einkommensverbesserung. Die Vorschätzung basiert auf einer Kalkulation mit 55 Cent je kg Milch netto, inklusive aller Zuschläge. Die Grundfuttererträge variierten im trockenen Jahr 2022, einige Rindviehhalter müssen möglicherweise Raufutter zukaufen. Etwas verbesserte Milchleistungen der Kühe und vereinzelte Bestandserweiterungen lassen ein moderates Plus von 0,5 % bei der Milchmenge erwarten. Als mittlerer Preisaufschlag erscheint für das weibliche Jungvieh ein Erlösplus von 7 % angemessen. Die Kehrseite der Medaille sind mehr Ausgaben beim Rindviehzukauf. Kraftfutter für Rinder ist mit gleicher Menge und einer erheblichen Teuerung von etwa 40 % eingepreist.

Für Schlachtkühe ist ein leichtes Erlösplus von 0,5 % die Grundlage. Kälbernotierungen für männliche und weibliche Kälber fließen mit einem Preiszuschlag von 4,5 % zum Vorjahr ein.

Mit diesen Parametern ergibt sich aus den Vorausberechnungen für die Sparte Futterbau ein Unternehmensergebnis von 137 400 €, das von Milchviehspezialisten deutlich übertroffen wird. Das bietet ihnen einen Liquiditätsausgleich für die defizitären, letzten Jahre.  


Gemischtbetriebe unterdurchschnittlich

Nicht kostendeckende, jedoch spürbar verbesserte Preisnotierungen für Ferkel und Schweine sowie explodierende Betriebsmittelausgaben begrenzen in Verbundbetrieben die positive Einkommensentwicklung. Mehr Milchgeld, etwas mehr Umsatz aus der Rindviehmast und verbesserte Pflanzenbauumsätze stabilisieren deren Einkommen auf ein auskömmlicheres Niveau.

Rindermäster mit weniger Einkommen

Die den sonstigen Futterbaubetrieben zugehörigen Rindermäster, Mutterkuhhalter und kleineren Milchviehbetriebe können einzelbetrieblich von rund 21 250 € mehr Umsatz aus der Tierproduktion ausgehen. Davon kommen rund 10 000 € mehr aus der Rindermast und etwa 8 000 € mehr aus der Milchproduktion. Für Rindfleisch erscheint ein leicht verbesserter Preis um 2,5 % wahrscheinlich, bei gleicher Verkaufsmenge.

Nach den getroffenen Annahmen werden die Ausgaben im sonstigen Futterbau spürbar mehr als die Einnahmen zulegen, sodass ein völlig unzureichendes Unternehmensergebnis von rund 38 300 € erwartet wird.

Hoffnung für Schweinehalter

Seit dem Frühjahr 2022 setzte ein Aufwärtstrend bei den Notierungen für Ferkel und Mastschweine ein. Nach einigen Volatilitäten 2022 festigten sich die Preise zum Jahreswechsel auf 61 € je Ferkel und einen Erlös von 2 €/kg Schlachtgewicht. Rückwirkend betrachtet lag in der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2022/23 eine Ferkelpreisnotierung von 51 € und ein Schlachtschweinepreis von 1,96 €/kg jeweils netto ohne Zuschläge vor. In 2023 könnten sich angesichts gestiegener Produktionskosten und sinkender Viehzahlen positive Marktimpulse ergeben. Daher liegt für die Vorschätzung ein Ferkelpreis inklusive aller Zuschläge von 56 € sowie eine Notierung von 2,06 €/kg jeweils netto zugrunde. Die Prognose beinhaltet noch 15 % der im Vorjahr gewährten Beihilfen für Notlagen, um noch  2022/23 gewährte Zuwendungen zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Vorzeichen errechnet sich für Veredlungsbetriebe ein Unternehmensergebnis von rund 65 300 €. Die bereinigte Eigenkapitalentwicklung könnte sich von einer Nullrunde im Vorjahr auf etwa 15 850 € verbessern.

Die erwarteten Ergebnisse von rund 68 000 € bei Ferkelerzeugern und 66 800 € bei Schweinemästern liegen dicht beieinander, gefolgt vom (teil)geschlossenen System mit 52 800 €.

Der höher eingeschätzte Ferkelpreis bedeutet für Mäster spürbare Mehrausgaben für den Tierzukauf um 60 %. Die Einkaufspreise für Jungsauen dürften sich bedingt durch ein gekoppeltes Preissystem ähnlich wie die Ferkelpreise entwickeln.


Umsatzerlöse Geflügel

Etwas weniger Legehennen mit einem Minus von 1,5 %, mehr Masthähnchen mit einem Plus von 0,4 % sowie deutlich weniger Mastputen mit einem Minus von 5,4 % sind die Annahmen. Gewichtet man dies mit den gehaltenen Tieren in den zugrundeliegenden Betrieben, errechnet sich für Mastgeflügel eine Mengenabnahme um 0,5 %, kombiniert mit einem Preiszuschlag von 30 %. Verkaufseier fließen mit einer um 19,5 % höheren Notierung in die Berechnungen ein, bei gleichbleibenden Stückzahlen. Geflügelhaltung spielt in den zugrunde gelegten Haupterwerbsbetrieben eine untergeordnete Rolle.


Energie und sonstige Kosten

Für Treib- und Schmierstoffe sind Mehraufwendungen von 5 % berücksichtigt. Für Heizstoffe wird eine Ausgabenerhöhung um 40 %  gerecht. Beim Strom ist ein Preisaufschlag von 50 % und für Wasser von 5 % berücksichtigt. Ausgaben für den Lohnunternehmer sowie für Maschinenmiete könnten angesichts höherer Diesel- und Personalkosten um 10 % steigen. Für den Personalaufwand ohne Berufsgenossenschaft ist eine Teuerung von 8 % unterstellt. Ausgaben für die Gebäude- und Maschinenunterhaltung werden voraussichtlich spürbar zunehmen mit einem Plus von 15 %:  Übrige Kosten fließen mit 20 % Aufschlag in die Berechnungen ein.



Landesteile um 30 000 € auseinander

In beiden Regionen ergibt sich aus der Vorschätzung ein höheres Unternehmensergebnis als im Vorjahr. Dies legt im Rheinland um 48 % zu und in Westfalen-Lippe um 25 %. Im Rheinland nehmen die Mehrumsätze von 44 % aus der Pflanzenproduktion einen positiven Einfluss auf den Gewinn. In Westfalen-Lippe ist dieser mit 24 % deutlich geringer, da hier weniger Umsätze aus Hackfrüchten und Feldgemüse erzielt werden. Aus der rheinischen Tierproduktion dominieren Mehreinnahmen aus Milch. In den westfälischen Testbetrieben haben die Mehrerlöse aus der Milch dagegen eine geringere Auswirkung auf das Ergebnisplus, da im Rheinland der Anteil spezialisierter Milchviehbetriebe größer ist. Dagegen trägt in Westfalen die Schweinehaltung deutlich stärker zum verbesserten Einkommen bei.

Massive Kostensteigerungen belasten beide Landesteile. Diese nehmen im Rheinland weniger Einfluss auf die Einkommensentwicklung als in Westfalen, wo höhere Kosten in der Tierproduktion den Einkommenszuwachs stärker bremsen.


Jürgen Boerman, und Marco Hoffmann,

Landwirtschaftskammer NRW

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