Das bereits zum 1. Januar 2019 eingeführte Verpackungsgesetz (VerpackG) ist novelliert worden. Erste gesetzliche Änderungen traten am 3. Juli in Kraft. Um Licht in den Dschungel der Novellierung zu bringen, boten Birgit Jacquemin und Leonie Hagenkamp von der Landservice-Beratung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen jüngst zwei Online-Seminare unter dem Titel „Wohin mit dem Müll?“ an.
Betroffen vom Verpackungsgesetz sind alle, die mit Ware befüllte und beim Endverbraucher anfallende Verpackungen in Verkehr bringen, auch bei Online-Vertrieb. Dies sind nicht nur Direktvermarkter und gärtnerische Einzelhändler, die Produkte in Verkaufsverpackungen füllen und an Endkunden verkaufen, sondern auch Gastronomen, die Mitnahmegetränke oder –gerichte anbieten, sowie Unternehmen der Urproduktion, die ihre Erzeugnisse in wie auch immer gearteten Verpackungen, die letztlich beim Endverbraucher anfallen, an Wiederverkäufer absetzen. Alle Unternehmen, die mit ihren Produkten Verpackungen in Umlauf bringen, sind in der Verantwortung, sich an deren Rücknahme und Recycling zu beteiligen.
Der erste Schritt zur Pflichterfüllung als Inverkehrbringer von Verkaufsverpackungen ist die kostenlose Registrierung des Betriebs beim Verpackungsregister LUCID unter www.verpackungsregister.org, welches öffentlich einsehbar ist. Anschließend ist ein kostenpflichtiger Systembeteiligungsvertrag mit einem Dualen System abzuschließen nach Menge oder Masse der in Verkehr gebrachten Verpackungen. Die abgeschätzten Mengen nach Materialarten sind jährlich vor dem Jahreswechsel fürs folgende Jahr zu melden. Gleichzeitig und gleiche Mengen sind jährlich bei LUCID anzgeben. Nicht lizenzierte Verpackungen, auch wenn sie samt Inhalt zugekauft wurden, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Eine Vollständigkeitserklärung, wie viele Verpackungen im Vorjahr in Verkehr gebracht wurden, ist bis 15. Mai des Folgejahres verpflichtend abzugeben. Die meisten Direktvermarkter werden diesbezüglich unter den Bagatellgrenzen liegen: ≥ 80 000 kg Glas, ≥ 50 000 kg Papier/Pappe/Karton, ≥ 30 000 kg Leichtstoffverpackungen.
Seit 3. Juli müssen Einweg-Getränkebehälter aus Kunststoff vom Hersteller gekennzeichnet werden, so will es die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung (EU-VO). In einer Übergangsfrist bis 3. Juli 2022 sind Aufkleber mit Kennzeichnung ausreichend. Der Inverkehrbringer sollte bei der Order darauf achten. Teller oder andere Verpackungen sind nicht betroffen.
Ab dem 3. Juli 2024 dürfen nur noch Einweggetränkebehälter aus Kunststoff in Verkehr gebracht werden, wenn die Kunststoffverschlüsse und/oder –deckel für die gesamte Nutzungsphase fest mit dem Behälter verbunden sind.
Ab 2025 müssen PET-Einweggetränkeflaschen zu mindestens 25 % aus recyceltem Kunststoff bestehen. 2030 erhöht sich diese Quote automatisch auf 30 %.
Einwegkunststoffverbotsverordnung (EU-VO): Einzelne Einweg-Artikel sind seit 3. Juli 2021 verboten. Es gibt ein Vertriebsverbot für Hersteller, Restbestände dürfen aufgebraucht werden. Hierzu zählen zum Beispiel Einwegbesteck- und Geschirr aus Kunststoff, Trinkhalme, Wegwerf-Essensbehälter aus Polystyrol, aber auch Wegwerfgeschirr aus biobasierten oder biologisch abbaubaren Kunststoffen.
Informations-, Rücknahme- und Dokumentationspflichten: Seit 3. Juli besteht eine Informationspflicht für Inverkehrbringer von Verpackungen, dass sie diese vom Kunden wieder unentgeltlich zurücknehmen. Ab 1. Januar 2022 muss jährlich bis zum 15. Mai rückwirkend für das abgelaufene Jahr dokumentiert werden: in Verkehr gebrachte, zurückgenommene und verwertete Verpackungen nach Materialart und Masse. Auf Verlangen ist diese Dokumentation der Landesbehörde bei Kontrollen vorzulegen.
Erweiterte Pfandpflicht: Ab dem 1. Januar 2022 sind alle Getränke außer Milch in Einwegkunststoffgetränke-Flaschen und Getränkedosen pfandpflichtig. Ab 1. Januar 2024 sind dann zusätzlich auch noch Milch und Milchmischgetränke sowie sonstige trinkbar Milcherzeugnisse in Einwegkunststoffgetränke-Flaschen pfandpflichtig. Unternehmen, die pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen in Verkehr bringen, müssen sich registrieren. Auch hier besteht eine Informationspflicht über Rücknahme und Pfandrückzahlung sowie die Pflicht zum Verwertungsnachweis und zur Dokumentation. Überdies besteht die Pflicht zur Einrichtung eines geeigneten Eigenkontrollmechanismus, also der Unternehmer muss sich überlegen, wie er seine Verpflichtungen nachvollziehbar dokumentieren kann.
Plastiktütenverbot: Ab dem 1. Januar 2022 gibt es ein Verbot für Plastiktüten in Deutschland. Dies betrifft leichte Plastiktüten in der Materialstärke 15 bis 49 µm. Restbestände dürfen dann nicht mehr in Verkehr gebracht werden! Hemdchenbeutel <15 µm und Kunststoff-Mehrweg-Taschen >50 µm sind davon ausgenommen.
Erweiterte Registrierungspflicht: Ab dem 1. Juli 2022 sind alle Erstinverkehrbringer von befüllten Verpackungen von der Registrierungspflicht betroffen: Serviceverpackungen, auch von Direktvermarktern, Milchautomaten, Marktständen und Foodtrucks, Transportverpackungen, gewerbliche Verkaufs- und Umverpackungen, Mehrwegverpackungen, Verpackungen von schadstoffhaltigen Füllgütern. Die Lizensierung könne man weiterhin an die Verpackungslieferanten abtreten.
Prüfpflicht für elektronische Marktplätze: Ab dem 1. Juli 2022 dürfen Betreiber elektronischer Marktplätze nur Produkte in lizensierten und registrierten Verpackungen anbieten. Hersteller und Vertreiber mit Sitz im Ausland müssen den nationalen Pflichten nachkommen bezüglich Registrierung und Lizenzierung. Bei Nichtbeachten droht Betriebsverbot für die Online-Plattform.
Mehrwegalternative im To-go-Bereich: Ab dem 1. Januar 2023 müssen Letztvertreibende, die fertige Gerichte oder Getränke zum Mitnehmen in Einwegverpackungen in Verkehr bringen, Mehrwegalternativen für den Kunden sichtbar anbieten. Diese müssen preislich und von der Menge her gleich sein. Es gibt bereits Mehrwegsysteme, an denen Gastronomen teilnehmen können, beispielsweise Rebowl, Recup und Vytal. Ausnahmen gibt es für kleine Verkaufsstellen wie Imbisse, Kioske oder Verkaufsautomaten. Grundsätzlich kann der Kunde auch eigene Behälter mitbringen, deshalb muss sich der Anbieter für diesen Fall besondere Gedanken zur Einhaltung der Betriebs- und Personalhygiene machen.
Das Verpackungsgesetz wurde nicht nur verschärft, sondern auch die Kontrollen nehmen zu. Drastische Geldstrafen von bis zu 100 000 € drohen bei Ordnungswidrigkeiten. Kein betroffener Betrieb sollte das auf die leichte Schulter nehmen. Allerdings müsse man sich von der Masse an Verordnungen auch nicht verunsichern lassen, sondern sollte sich überlegen, von welcher Regelung der eigene Betrieb überhaupt betroffen ist, empfahl Leonie Hagenkamp. Hilfe bietet die Landservice-Beratung der Landwirtschaftskammer NRW, auch bei der Suche nach Dualen Systemen sind hier Informationen erhältlich.
Auf Wunsch können die Online-Seminare wiederholt werden, bei Interesse bitte an Leonie Hagenkamp wenden unter Telefon 0 29 45 / 989 538 oder Email an: leonie.hagenkamp@lwk.nrw.de.
Wertvolle Informationen gibt es auch im Internet, wie die Grafik zeigt.
Sabine Aldenhoff,
LZ Rheinland 29/2021
Das am1. Januar 2019 eingeführte Verpackungsgesetz (VerpackG) wurde novelliert, weil die angestrebten Ziele im Kampf gegen wachsende Müllberge bisher verfehlt wurden. Die ersten Änderungen wurden zum 3. Juli verpflichtend. Schrittweise werden bis 2025 weitere Verschärfungen folgen, siehe auch Grafik 1. Ziel der Novellierung ist, zugunsten der Umwelt und der Ressourcenschonung deutlich mehr gegen Verpackungsmüll zu tun. Bisher kamen zu wenige Betriebsleiter ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach und die aktuelle Menge von 227,5 kg Verpackungsmaterial pro Kopf und Jahr ist nach wie vor zu hoch.