Insgesamt nimmt NRW beim ökologischen Landbau im Bundesvergleich keine Spitzenposition ein. Mit einem relativen Anteil vom 6,3 % an der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist NRW im Ländervergleich deutlich unterdurchschnittlich und rangiert vor Niedersachsen, wo der Öko-Flächenanteil noch geringer ist, auf dem vorletzten Platz. Für den Teilbereich des Öko-Gemüseanbaus sieht das jedoch ganz anders und sehr viel erfreulicher aus: Hier liegt NRW beim Öko-Gemüse im Freiland nahezu gleichauf mit dem deutlich flächenstärkeren Bayern, bei insgesamt rund 3 200 ha (2022)*. Beide Länder nehmen damit im Bundesvergleich die Spitzenpositionen ein. Demnach entfallen etwa 18% der deutschen Öko-Gemüsebauflächen im Freiland alleine auf NRW. Überraschend ist dies nicht, stellt doch NRW unter den Bundesländern mit rund 28 700 ha* auch insgesamt die größte Gemüseanbaufläche im Freiland. (* Quelle: Destatis, 2023)
In Deutschland beträgt der Bio-Anteil an der gesamten Gemüsebaufläche etwas mehr als 14%. Zieht man dann noch die Informationen aus dem „Erntebericht 2022“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hinzu, wird deutlich, wie sich der Öko-Gemüseanbau insgesamt entwickelt. Darin ist zu lesen, dass der Anbau von Öko-Gemüse nennenswert zunimmt. Im Vergleich zu 2020 stieg demzufolge die Erntemenge auf ökologisch bewirtschafteten Flächen im letzten Jahr (2021) um 18 % und im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020 sogar um 47 %. Aus all dem lässt sich für NRW die besondere wirtschaftliche Bedeutung des Gemüsebaus insgesamt und auch des Öko-Gemüseanbaus im Speziellen ablesen. Von der Erzeugungsseite her wäre also zunächst einmal alles soweit in Ordnung und auf einem guten Weg in NRW.
Durch die allgemeine Absatz- und die konkrete Nachfragesituation sehen sich jedoch nicht wenige Öko-Gemüsebaubetriebe augenblicklich vor besondere Herausforderungen gestellt. Eine Reihe von Einflüssen wirkt derzeit tendenziell eher dämpfend auf den Absatz von Bio-Lebensmitteln insgesamt und speziell auf den Verkauf von Bio-Gemüse. Zwei Aspekte gilt es hier hauptsächlich zu betrachten:
In der laufenden Saison gestaltet sich die Erzeugung je nach Kulturart recht unterschiedlich, wie auch schon in vielen anderen Jahren. Folgendes kann stellvertretend herausgegriffen werden: Etwa bei Salaten oder sonstigen schnell verderblichen Erzeugnissen aus dem Freiland müssen die Erzeuger in der Regel hart um den Absatz kämpfen; Mehrkosten, die in den meisten Fällen entstanden sind, werden nicht gedeckt. Die Erzeugerpreise bewegen sich allenfalls auf dem Vorjahrsniveau oder sind nicht selten schlechter. Hingegen beim Brokkoli beispielsweise scheint das Angebot schon von Saisonbeginn an knapp zu sein und von daher können momentan vergleichsweise gute Preise realisiert werden. Beim Bio-Freilandgemüse insgesamt entsteht der Eindruck, dass keine erheblichen Übermengen produziert wurden und demzufolge auch kein nennenswerter Warenstau entsteht.
Öko-Gemüsebauberatung der Landwirtschaftskammer NRW
Mittlerweile dominieren deutsche Bio-Speisefrühkartoffeln aus der Pfalz das Angebot. Sie ersetzten sukzessive die Frühkartoffelimporte aus Ägypten, Israel und Spanien. Insgesamt spielte die Importware in dieser Saison eine eher untergeordnete Rolle, da der Fokus in der Vermarktung lange auf deutschen Bio-Lagerkartoffeln lag. Es wird erwartet, dass ab Ende Juli/Anfang August auch Bio-Speisefrühkartoffeln aus Nordrhein-Westfalen für den Lebensmitteleinzelhandel abgepackt werden. Die Erzeugerpreise bewegten sich in der vergangenen Woche auf einem Niveau von 100,00 bis 110,00 €/dt (netto, lose franko Packbetrieb). Eine aktuelle AMI-Analyse weist für Mai 2023 erstmals in diesem Jahr einen Anstieg der Bio-Kartoffeleinkäufe privater Haushalte aus (+14,8 %), nachdem in den ersten vier Monaten jeweils ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen war.
Die Gerstenernte ist weitestgehend abgeschlossen. Ähnlich wie im konventionellen Bereich liegen die Ergebnisse im Durchschnitt der letzten Jahre. Aus dem Handel werden für die neue Ernte Erzeugerpreise um 310 €/t für Verbandsware genannt. Umstellerware liegt um 290 €/t, EU-Biostandardware bei rund 270 €/t. Die ersten Ergebnisse beim Schwergetreide (Weizen, Roggen, Triticale, Dinkel) lassen ebenfalls eine durchschnittliche Ernte erwarten. Futterweizen (Verbandsware) wird frei Hof etwa mit 325 €/t gehandelt. Die Marktlage hat sich zum Vormonat nicht grundsätzlich geändert. Beim Speisegetreide bleibt der Dinkelabsatz sehr problematisch. Als Anbieter von Ware sind derzeit überwiegend Umstellerbetriebe und Betriebe ohne Lagermöglichkeiten am Markt. Erzeuger mit Lagermöglichkeiten warten die Entwicklungen erst einmal ab. Das ausgelaufene Getreidehandelsabkommen wird nach Einschätzungen von Marktteilnehmern keine großen Auswirkungen auf die Biogetreidepreise haben.
Die Futtermittelpreise haben im letzten Monat weiter nachgegeben. Neben den Eiweißkomponenten ist auch Fertigfutter insgesamt günstiger geworden. Die Verfügbarkeit wird mit gut beschrieben. Allerdings sind die Erwartungen an die Leguminosenernte zurückhaltend, weil in der Kornfüllungsphase viele Bestände unter Trockenheit litten.
Die hohe Inflationsrate bei den Nahrungsmitteln führte zu einem sehr preissensiblen Einkaufsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das betraf insbesondere das Hochpreissegment der Biolebensmittel. Der Markt für Produkte aus der ökologischen Tierhaltung ist deshalb nicht nur in Deutschland rückläufig. Auch international haben Erzeugnisse aus dem Biosektor mit Absatzverlusten zu kämpfen.
Die schwedische Agentur für Landwirtschaft, „Jordbruksverket“, veröffentlichte eine Studie zu der Entwicklung des Biomarktes von 2021 auf 2022. Die Produktion der schwedischen Bio-Tierhaltung ging demnach bei diesem Jahresvergleich insgesamt zurück. Am größten war der Rückgang bei den Schlachtungen von Bio-Schafen und -Lämmern, die bei diesem Vergleich um 7 % zurückgingen. Der Bioanteil an den gesamten schwedischen Schaf- und Lämmerschlachtungen betrug rund 18 %. Der Rückgang gegenüber dem Boomjahr 2018 lag bei 28 %.
Am Bio-Schweinemarkt gibt es wenig Bewegung. Es bleibt bei einem ordentlichen Preisniveau, wenn auch die Auszahlungspreise zwischen den Lieferanten der Naturkostschiene und denen des Lebensmitteleinzelhandels stark differieren. Der Fleischabsatz scheint aber einigermaßen stabil zu sein, während der Verkauf der Schweine aus den konventionellen Haltungschienen 3 und 4 offenbar schwächelt. Das war zu erwarten, wenn konventionell erzeugte Schweine 2,50 € kosten.
Es tut sich auch bei den Bio-Ferkeln wenig: Angebot und Nachfrage sind einigermaßen ausgeglichen. Umstellerbetriebe, die neu auf den Markt kommen, gibt es kaum.
Die Erzeugerpreise für ökologisch erzeugte Milch reduzierten sich im Juni erneut leicht gegenüber dem Vormonat Mai. Die in Nordrhein-Westfalen relevanten Molkereien zahlten zwischen unveränderten bis rückläufigen Auszahlungspreisen mit Abschlägen bis zu 2 Cent für ökologisch erzeugte Milch im Vergleich zum Vormonat aus. Die Auszahlungspreise liegen bei den meisten Molkereien mittlerweile etwa auf dem Vorjahresniveau. Lediglich Arla sticht mit einem deutlichen Unterschied von gut 15 Cent unterhalb des Auszahlungspreises aus Mai 2022 heraus.
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
FB 54 – Markt, Qualitätsmanagement -