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Bio-Schweine für den LEH

30.10.2019

Während Direktvermarktung und Naturkosthandel seit einigen Jahren nur noch langsam wachsen, eilt der LEH von Rekord zu Rekord und hat mittlerweile einen Anteil von rund 60 Prozent am Gesamt-Bio-Markt. So wachsen auch die Perspektiven, Bio-Schweine erfolgreich an den LEH zu verkaufen. Einen Überblick über aktuelle Entwicklungen gibt Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Alle Handelsketten bauen derzeit ihr Bio-Sortiment stetig aus. Supermärkte (Vollsortimenter) bieten teilweise mehr als 2500 verschiedene Bio-Produkte an und erreichen damit das Niveau mancher Bioläden. Auch die Discounter weiten ihr Angebot aus.Aldi Süd hat 330 und Netto sogar mehr als 400 Bio-Produkte im Angebot. Bio-Schweinefleisch hat dabei erst in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen. Das hat mit dem geringeren Fleischverzehr bioaffiner Kunden zu tun, aber auch mit den hohen Anforderungen von Fleisch an Logistik und Lagerhaltung.

Verkauf meist über Bündler

Wegen dem Schlachten und Verarbeiten der Schweine scheidet ein Direktverkauf an den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) weitestgehend aus. Die Zusammenarbeit mit dem LEH kann über Bündler erfolgen, bei denen es sich meist um Erzeugerzusammenschlüsse handelt. In Nordrhein-Westfalen haben die Landwirte zum Beispiel über die Land-Bio EZG Nordwest w.V. vertragliche Vereinbarungen mit der Edeka-Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr. Der Erzeugerzusammenschluss Bio-Landgut Fleisch EZG GmbH, ein mit der rebio GmbH verbundenes Unternehmen, dient in Baden-Württemberg als Bündler für Edeka Südwest. Für die Regionalgesellschaft Edeka Minden-Hannover ist die Goldswien GmbH als Bündler tätig. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Erzeugerzusammenschluss. Hier ist auch eine Verbandsmitgliedschaft nicht zwingend erforderlich. Dafür sind die Kriterien der Premiumstufe des Tierschutzlabels des Deutschen Tierschutzbundes einzuhalten.

Die Erzeuger haben über ihre Bündler Verträge mit einer Laufzeit von fünf bis zehn Jahren. Einige Betriebe haben erst im Zuge der Zusammenarbeit umgestellt und sind wegen der hohen Investitionen in Neu- und Umbauten auf eine langfristige Partnerschaft angewiesen. Dies ist mittlerweile auch dem LEH bewusst, wenn er die Ware haben möchte. Wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit ist, dass die Bio-Ferkelerzeuger in den meisten Fällen mit in die Wertschöpfungsketten integriert sind. Häufig gibt es eine Preiskopplung zwischen dem Erzeugerpreis für die Mastschweine und dem Bio-Ferkelpreis, so dass Preissenkungen untereinander fair aufgeteilt werden und man umgekehrt von Preissteigerungen gemeinsam profitiert. Auch ist damit gesichert, dass ausreichend Ferkel für die Bio-Mäster zur Verfügung stehen.

Stabile Preise gewährleistet

Kennzeichen vieler Lieferverträge ist die hohe Stabilität bei den Erzeugerpreisen. Die ausgehandelten Preise sind in einigen Verträgen nach den Kostenberechnungen durch einen externen Berater quantifiziert worden und sinken beziehungsweise steigen nur, wenn sich die relevanten Positionen (Futter, Neubaukosten) erheblich ändern.

Während die Bioland-Betriebe vor allem auf regional ausgerichtete Erzeugerzusammenschlüsse setzen, hat Naturland mit der Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG einen bundesweit tätigen Erzeugerzusammenschluss. Wie die meisten Erzeugerzusammenschlüsse hat auch die Naturland-Marktgesellschaft keine eigenen Verarbeitungsstrukturen, sondern verkauft die Schweine an Metzgereien und andere Abnehmer oder lässt sie im Auftrag verarbeiten. Je nach Absatzweg erhalten dabei die Landwirte unterschiedliche Preise und arbeiten nach den vom Abnehmervorgegebenen Qualitätskriterien. Das gilt für die Kette Feneberg, wenn sie das Bio-Fleisch unter der Marke "Von Hier" vertreibt. In diesem Fall muss das Produkt im Umkreis von 100 Kilometern um Kempten erzeugt worden sein. Damit verbundene Mehrkosten, wie der Bezug regionaler Futtermittel, werden durch höhere Erzeugerpreise ausgeglichen. Vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben Betriebe, die dem Biopark-Verband angeschlossenen sind, ihren Sitz. Diese Erzeugnisse werden von der Biopark Markt GmbH u.a. über die Regionalgesellschaft Edeka Nord vermarket. Wie viele andere Handelsketten stellt Edeka Nord dabei einen über den ökologischen Landbau hinausgehenden Zusatznutzen, in diesem Fall der Beitrag zur Biodiversität, heraus.

Langjährige Partnerschaften

Auch ohne einen Erzeugerzusammenschluss können Landwirte erfolgreich Bio-Schweine an den LEH verkaufen. Manche Unternehmen, wie der Naturverbund im niederrheinischen Wachtendonk, arbeiten seit über 20 Jahren mit Bio-Betrieben zusammen. Der Verbund setzt ganz ohne Verträge auf langfristige Partnerschaften. Auch große Schlachtbetriebe, wie Tönnies oder Westfleisch, verfügen über eine Bio-Zertifizierung. Gelegentlich meinen Unternehmen mit Bio-Schweinefleisch "schnelles Geld" machen und bei erster Gelegenheit die Preise drücken zu können. In der Branche spricht sich das jedoch schnell herum.

Um ihre Qualitätsführerschaft zu sichern und sich von den Discountern abzugrenzen, setzen Vollsortimenter und Supermärkte häufig auf eine Verbandsmitgliedschaft. Dabei arbeitet Rewe vor allem mit Naturland und Edeka hauptsächlich mit Bioland zusammen. Beim Discounter spielte die Verbandsmitgliedschaft bis Ende vergangenen Jahres keine Rolle. Denn die Erzeugung nach einem Verbandsstandard erhöht die Kosten der Erzeugung und teilweise auch die der Verarbeitung.

Das hat sich mit der Anfang des Jahres begonnenen Kooperation zwischen Bioland und Lidl geändert. Bioland betrachtet die Zusammenarbeit mit Handelsunternehmen für zulässig, wenn durch das Wachstum unabhängige Erzeuger in bäuerlichen Strukturen gefördert werden können. Daher wurde die Zusammenarbeit mit Lidl sehr genau geregelt. Neben sieben Mindestkriterien, wie langfristige Lieferbeziehungen und Vorgaben zur Markennutzung, gibt es verbindliche Fairplay-Regeln und eine Ombudsstelle zur Klärung von Unstimmigkeiten. In der Werbung muss die Qualität im Vordergrund, der Preis im Hintergrund stehen. Bisher beschränkt sich das Bioland-Sortiment bei Lidl auf verschiedene Milchprodukte sowie Mehl und Kräuter. Hier war die Verfügbarkeit gegeben, da auch zuvor schon viele Bioland-Erzeugnisse bei Lidl im Regal standen, aber eben ohne die Auslobung mit Verbandslogo. Mit dem Verkauf von Bioland-Fleisch soll bei Lidl erst später begonnen werden, da teilweise die Strukturen erst aufgebaut werden müssen und der Wunsch besteht, mit der Vermarktung erst zu beginnen, wenn eine Verwertung des gesamten Schlachtkörpers gegeben ist.

Bislang kaum Edelstücke im LEH

Gerade Letzteres ist eine Herausforderung beim Verkauf von Bio-Schweine-Fleisch über den gesamten LEH und mit Einschränkungen auch für den Naturkosthandel. Schaut man in die Regale vieler Filialisten stellt man fest, dass sich das Sortiment weitgehend auf Aufschnitt und Gehacktes beschränkt. Edelstücke führen im LEH immer noch ein Nischendasein.

Vor allem Rewe und Edeka bieten mittlerweile aber Koteletts und Schnitzel an und auch Netto hat ein für einen Discounter bemerkenswertes Angebot an Edelstücken. Größere Mengen dürften hier aber sicher erst gehen, wenn das Bio-Fleisch in der Bedientheke angeboten wird. Würden nur die Filialen von Edeka Rhein-Ruhr ein weiteres Bio-Schwein pro Woche in der Bedientheke verkaufen können, entspräche dies über 40.000 zusätzlich erzeugten Bio-Schweinen – und das bei nur etwa 300.000 in Deutschland erzeugten Bio-Schweinen.

Einige sehr qualitätsorientierte Bio-Supermärkte und in noch größerem Umfang Direktvermarkter mit einer eigenen Fleischtheke beweisen, dass man hier Erfolg haben kann, denn die Bio-Kunden essen zwar deutlich weniger Fleisch, setzen dann aber auf Qualität.

Was auf die Tierhalter zukommt

Die Anforderungen an den Schlachtkörper und damit auch die Gestaltung der Preismasken sind bei den einzelnen Vermarktern sehr unterschiedlich und hängen von der Verwertung der Tiere ab. Einzelne Firmen bezahlen pauschal und stellen damit vergleichsweise geringe Anforderungen an den Schlachtkörper, weil vor allem Verarbeitungsfleisch, zum Beispiel für die Wurstherstellung, benötigt wird. Andere Unternehmen sind sehr magerfleischorientiert, weil sie meist Edelstücke für Bedientheken oder den SB-Bereich erzeugen. Darauf müssen sich die Mäster und die Bio-Ferkelerzeuger bei der Wahl der Genetik einstellen, wenn je Magerfleischprozent zwei bis vier Cent und unterhalb von 50 Prozent auch deutlich mehr abgezogen werden. In der Regel erzielen Bio-Schweine nach Maske etwas höhere Preise als pauschal bezahlte Tiere.

Inwieweit sich die Verbandsmitgliedschaft aus finanzieller Sicht für den Landwirt lohnt, kann nicht einheitlich bewertet werden. Einzelne Vermarkter, die beide Qualitätsstufen bedienen, zahlen kleine Aufschläge für die Verbandsmitgliedschaft. Aber auch für EUBio-Schweine können durchaus gute Preise erzielt werden. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass im Falle eines Überangebots die Preise von EU-Bio-Schweinen schneller und stärker unter Druck geraten als die unter Verbandslabel erzeugten. Wegen eines noch eher knappen Angebot und weil die Umstellung mit hohen Investitionen verbunden ist, bieten viele Abnehmer mehrjährige Verträge an. Diese sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gestaltet. Als Landwirt sollte man auf die Qualitätsanforderungen, den Gewichtsbereich und die Preisstabilität achten. Verträge ohne Aussagen zur Preisgestaltung sind aus Sicht des Landwirts wertlos, da sie zur Lieferung verpflichten, ohne zu wissen, wie viel man für das Bio-Schwein bekommt.

Vor etwa zehn Jahren gründeten Bio-Schweinehalter aus ganz Deutschland das Aktionsbündnis Bio-Schweinehalter Deutschland (ABD), das sich überverbandlich für faire Preise und Partnerschaften einsetzt. Der Verein steht auch Betrieben ohne Verbandsmitgliedschaft offen.


Quelle: Christian Wucherpfennig, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 02821-996-177, E-Mail: christian.wucherpfennig@lwk.nrw.de aus BWagrar - Landwirtschaftliches Wochenblatt 40-2019

 

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Fazit

Klein aber fein

Der Bio-Schweine-Markt ist sehr klein. Weniger als ein Prozent der in Deutschland erzeugten Schweine werden ökologisch erzeugt. Entsprechend können schon kleine Schwankungen bei der Erzeugung beziehungsweise bei den Abnehmern zu Überschüssen führen. Interessierten Betrieben ist unbedingt zu raten, nur bei gesicherter Vermarktung, den Schritt in die Umstellung zu wagen. Die vertragliche Absicherung hat sich dabei bewährt.


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