2015 übernahm die R. Thomsen EU-Großschlachterei, ein Werk der Tönnies Unternehmensgruppe, den 1974 in Kellinghusen errichteten Schlachthof und sicherte damit den Landwirten eine wichtige Möglichkeit der regionalen Schlachtung in Schleswig-Holstein und darüber hinaus. Mittlerweile wurde der Schlachthof modernisiert und durch Anbauten ergänzt, womit vor allem die Kühlkapazitäten deutlich ausgeweitet wurden.
5 % der angelieferten Schweine stammen aus Bio-Erzeugung. Das hört sich wenig an, entspricht aber rund 1 000 Bio-Schweinen pro Woche. Vor allem Bio-Schweine, die nach den Richtlinien von Biopark und Naturland erzeugt werden, werden hier geschlachtet. Auch der Erzeugerzusammenschluss Weidehof nutzt den Schlachthof, da in ganz Mecklenburg-Vorpommern Schlachtmöglichkeiten für Schweine fehlen. 82 % der geschlachteten Schweine stammen aus Schleswig-Holstein und bei 70 % liegt das Haltungsniveau über dem gesetzlichen Standard. Unter besonders aufwändigen Auflagen werden auch die Schweine aus den ASP-Restriktionszonen hier geschlachtet.
Die Schlachtschweine werden ab 4 Uhr angeliefert und abgeladen. Anschließend haben sie bis Schlachtbeginn etwa 90 Minuten Zeit, sich zu akklimatisieren und auszuruhen. Alle Schweine verbleiben in ihren Gruppen - am Exkursionstag machten sie einen ruhigen Eindruck, wozu auch das grüne Licht, die Fußbodenheizung, der leichte Anstieg in Richtung des Betäubungsbereichs und die abgespielte Harfenmusik beitragen dürften. Erst unmittelbar vor dem gruppenweisen Eintritt in die Gondel zur CO2-Betäubung wird es etwas lebhafter, ohne dass es aber zu größerer Unruhe kommt. Die Bio-Schweine werden an zwei bis drei Wochentagen vor den konventionellen Schweinen geschlachtet.
Die Erfassung jedes Einzeltiers über den Chip im Schlachthaken gewährleistet eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bis hin zum Zerlegebetrieb und der SB-Verpackung. Die Betäubung der Schweine erfolgt mittels CO2 mit einer Konzentration von 94 %. Bei jedem Tier wird der Blutentzug durch zwei automatische Wiegungen nach dem Stich überprüft. Hier wird automatisch bestätigt, dass der Blutenzug erfolgreich war. Sonst muss manuell nachgesetzt werden, damit im weiteren Schlachtprozess das Schwein außer Bewusstsein ist und korrekt gebrüht werden kann. So wird sichergestellt, dass ausnahmslos jedes Tier vor der Weiterverarbeitung nicht mehr am Leben ist. Im Sinne einer größtmöglichen Transparenz wird alles mit Videoaufnahmen dokumentiert.
Alle Schweine verlassen das Werk als Hälften. „Wir legen bei Tönnies großen Wert darauf, den gesamten Schlachtkörper zu verwerten“, erklärte Jan Pascal Keppler, der seit Anfang Oktober für die Schlachtstätte verantwortlich ist, denn „wo der Schinken das Schwein allein bezahlen muss, kann sich keiner mehr den Schinken leisten“. Alle Bestandteile des Schweins werden genutzt, bis hin zum Dünndarmschleim, der in der Pharmaindustrie zur Herstellung von Heparin dient. Die Bio-Lebern gehen gesammelt an einen Weiterverarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern.
Beim Schlachthof sind gegenwärtig 95 Menschen beschäftigt, alle in Festanstellung. „Und die Bezahlung liegt in allen Bereichen über Mindestlohn“, erklärte Keppler, denn andernfalls finde man auch keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, da man im Wettbewerb mit anderen Branchen stehe. „Die exakte Arbeit, beispielsweise beim Teilen der Hälften, erfordert auch eine gute Bezahlung“, ergänzte Keppler.
Der Schlachthof in Kellinghusen ist für die Bio-Branche in ganz Nord-Ost-Deutschland von großer Bedeutung, denn in Mecklenburg-Vorpommern gibt es mittlerweile keinen Großschlachthof für Schweine mehr.
Christian Wucherpfennig,
Landwirtschaftskammer NRW