Erstmal die gute Nachricht: Die Änderungen bei der Maut betreffen nicht die bisherigen Ausnahmeregelungen für land- oder forstwirtschaftliche (lof) Fahrzeuge nach § 1 Absatz 2 Nr. 6. Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG). Danach ist die Maut nicht zu entrichten für lof Fahrzeuge gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 7 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) sowie damit verbundene Leerfahrten.
Konkret sind und bleiben mautfrei:
In dem mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM, ehemals BAG) abgestimmten „Merkblatt zur Güterbeförderung in der Land- und Forstwirtschaft" sind die üblichen lof-Beförderungen beschrieben. Vorwiegend handelt es sich um Erzeugnisse aus der lof-Urproduktion oder um Bedarfsgüter, die für die lof-Urproduktion benötigt werden. Viele weiterverarbeiteten lof-Produkte fallen jedoch nicht unter die Ausnahmen. Das Merkblatt kann kostenlos unter www.lwk-niedersachsen.de, Webcode 01040470, heruntergeladen werden.
Für Fahrzeuge und Betriebe, die nicht unter die beschriebenen Ausnahmen fallen, wie Lkw in Lohnunternehmen und Biogasanlagen, wird es jedoch teurer. Hintergrund ist die Einführung der CO2-Emissionsklasse als neues Tarifmerkmal ab 1. Dezember 2023. Der Mautsatz pro Kilometer ist somit davon abhängig, wie viel CO2 ein Fahrzeug ausstößt. Neben Infrastrukturkosten, Kosten für Luftverschmutzung und Lärmbelästigung führen die neuen Kosten für verkehrsbedingte CO2-Emissionen zu einem erheblichen Anstieg der Mautkosten. Für einen klassischen Lkw-Sattelzug mit fünf Achsen und einer Zugmaschine mit EURO 6 steigt der Mautsatz von 19 auf 34,8 Cent/km. Das ist eine Kostensteigerung von 83 %!
Neu ist auch, dass für die Zuordnung zu einer Gewichtsklasse ab 1. Dezember 2023 nicht mehr das zGG, zulässige Gesamtgewicht (Zulassungsbescheinigung Teil I, Feld F.2) ausschlaggebend ist, sondern die tzGm, die technisch zulässige Gesamtmasse (Zulassungsbescheinigung Teil I, Feld F.1). Dadurch können Fahrzeuge in eine höhere Gewichtsklasse fallen oder mautpflichtig werden. Nach Angabe von TollCollect werden für alle bisher registrierten Fahrzeuge die Gewichtsangaben automatisch angepasst. Im Kundenportal von TollCollect können die Angaben überprüft werden.
Ab 1. Juli 2024 wird die Mautpflichtgrenze für Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen von 7,5 t auf mehr als 3,5 t tzGm abgesenkt. Wichtig ist, dass dann nur Zugkombinationen, zum Beispiel Sprinter mit Anhänger, mautpflichtig sind, wenn die tzGm des Zugfahrzeugs über 3,5 t liegt. Beispiel: Ein Sprinter/Bulli mit 3,5 t tzGm und einem Anhänger wird nicht mautpflichtig.
Da von der neuen 3,5 t-Regelung auch viele Handwerker betroffen sein werden, gibt es eine extra Ausnahme. Danach sind Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von weniger als 7,5 t, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seines Handwerks oder seines mit dem Handwerk vergleichbaren Berufs benötigt, oder zur Auslieferung von handwerklich hergestellten Gütern anfallen, von der Maut befreit, wenn die Beförderung nicht gewerblich erfolgt. Nach Aussage von TollCollect wird für die Handwerkerregelung eine Online-Lösung bereitgestellt, mit der Handwerker mit geeigneten Nachweisen glaubhaft machen, dass die im Betrieb genutzten Fahrzeuge ausschließlich unter den Voraussetzungen der „Handwerkerausnahme" zum Einsatz kommen.
In wie weit der Transport von weiterverarbeiteten lof-Produkten unter die Handwerkerregelung fällt, ist aktuell nicht geklärt. Doch: Wieso sollte ein Bäcker, der seine Brötchen ausliefert, befreit werden und ein Winzer oder Imker nicht? Es ist davon auszugehen, dass bis zum 1. Juli 2024 die Inhalte der Handwerkerreglung noch genauer beschrieben werden.
Martin Vaupel,
Landwirtschaftskammer Niedersachsen