Staatliche Tierhaltungskennzeichnung, Förderprogramme zum Umbau der Tierhaltung, Änderungen bei den Stufen der Haltungsformkennzeichnung - es ist viel los in der deutschen Schweinehaltung und gleichzeitig läuft der Absatz von Ferkeln und Mastschweinen gut. Welche Chancen bieten dann überhaupt die Veränderungen und neuen Gesetze für die Betriebe? Für wen lohnt, auch gerade jetzt, ein Blick auf alternative Haltungsformen, Markenfleischprogramme oder die Bioproduktion?
Ende Februar wurden zwei Richtlinien aus dem Bundesprogramm zum Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung veröffentlicht. Damit sollen zum einen Investitionen in besonders tiergerechte Ställe (Neu- und Umbauten) gefördert und zum anderen die laufenden Mehrkosten ausgeglichen werden, die die höheren Haltungsstandards mit sich bringen. Beide Förderungen beziehen sich ausschließlich auf Haltungsverfahren mit Außenklima oder Auslauf oder Freilandhaltung, sowohl im Bereich der Mastschweinehaltung als auch bei den Sauen und Ferkeln.
Für die investiven Maßnahmen können bereits Anträge gestellt werden. Die Förderung ist dabei insbesondere für Betriebe interessant, die sich bereits mit dem Um- oder Neubau ihrer Stallungen beschäftigt haben, sei es, weil das Deckzentrum umgebaut werden muss oder die Mastschweine mit Auslauf in ein Tierwohlprogramm passen und damit ein Mehrerlös verbunden ist. Bei Antragsstellung muss jedenfalls eine Baugenehmigung vorliegen, was eine gewisse Vorlaufzeit mit sich bringt. Reine Ersatzinvestitionen sind nicht förderfähig. Soll beispielsweise der Wartestall erneuert werden, muss das zukünftige Haltungsverfahren ein höheres technisches Leistungsniveau aufweisen als der alte Stall.
Die Förderung der laufenden Mehrkosten richtet sich an bestehende Betriebe, die aktuell schon die sogenannten Premiumanforderungen in ihren Haltungsverfahren umsetzen. Die Mehrkosten sind dabei in Form von Pauschalen durch das Thünen Institut und das KTBL ermittelt worden und erfassen den Mehraufwand der Haltung in den Stufen „Frischluftstall“, „Auslauf/Weide“ und „Bio“ gegenüber der Erfüllung des gesetzlichen Mindeststandards.
Die Anforderungen beider Richtlinien sind dabei nicht in Gänze kongruent mit den Vorgaben im neuen Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, sondern gehen in einzelnen Bereichen über diese hinaus. Beispiele sind je nach Haltungsstufe das Platzangebot, das Vorhandensein planbefestigter Bereiche oder auch Vorgaben zu Tränketechnik und Raufuttervorlage.
Anträge zur Förderung der laufenden Mehrkosten sollen voraussichtlich ab Mitte April gestellt werden können. Antragsberechtigt sind Betriebe, die sogenannte Premiumanforderungen in ihren Haltungsbereichen umsetzen. Auch hier ist die Antragsstellung für einzelne Haltungsbereiche vorgesehen, beispielsweise, wenn nur der Maststall die Bedingungen aktuell bereits erfüllt.
Wie bei den investiven Maßnahmen ist Außenklima oder ein Auslauf Voraussetzung für den Erhalt der Förderung, ebenso wie die beschriebene Flächenbindung des Unternehmens. Die baulichen Anforderungen entsprechen denen der investiven Förderung, als weiteres Kriterium kommt jedoch die Haltung von unkupierten Tieren hinzu. Eine Förderung soll dabei mit einer Mindestquote von intakten, unkupierten Ringelschwänzen verbunden werden, sowohl in der Ferkelaufzucht wie auch der Mast (2024 mindestens 50 %, 2025 mindestens 60 % und in den Folgejahren mindestens 70 %).
Gefördert werden bis zu 80 % der Mehrkosten für bis zu 50 Sauen, 1 500 verkaufte Ferkel und 1 500 verkaufte Mastschweine und in einem zweiten Schritt 70 % der festgelegten Pauschalen für bis zu 200 Sauen, 6 000 Ferkel und 6 000 Mastschweine. Die Höhe der Pauschalen ist aktuell noch nicht veröffentlicht, maximal sollen jährlich 500 € je Sau abgerufen werden können, 30 € je Ferkel und 50 € je Mastschwein als Förderobergrenze.
Das Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung ist im August 2023 in Kraft getreten. Die verpflichtende Kennzeichnung von zunächst Frischfleisch von in Deutschland gehaltenen, geschlachteten und verarbeiteten Tieren soll den Verbraucher darüber informieren, wie das Tier gehalten wurde - hier geht es bislang jedoch nur um das Mastschwein. Eine Ausweitung auf verarbeitete Produkte sowie die Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung ist geplant, ebenso die Erweiterung auf weitere Tierarten. Die Kennzeichnung entsprechender ausländischer Ware für den deutschen Markt kann freiwillig erfolgen.
Durch die Transparenz der Haltungsform soll eine bewusste Kaufentscheidung für den Verbraucher ermöglicht werden. Für die Landwirte bedeutet das die Chance, dass Tierwohlleistungen kenntlich gemacht werden und im besten Fall auch mehr Fleisch aus höheren Haltungsformen gekauft wird. Die Haltungskennzeichnung umfasst fünf Haltungsformen, von der Stallhaltung bis zur Biohaltung, wie auf den beiden Etiketten zu erkennen.
Die Anforderungen in Kürze:
Stall: Haltung nach gesetzlichem Standard
Stall + Platz: Variante 1: Stall + Strukturelemente: 12,5 % mehr Platz, zusätzliches Raufutter, mindestens drei sogenannte Strukturelemente; Variante 2: Auslauf: 12,5% mehr Platz
Auslauf Frischluftstall: Variante 1: Außenklimastall: 1,3m² pro Tier, Außenklima, verschiedene Klimabereiche, Vorgaben zur Liegefläche; Variante 2: Auslauf: 1,1m² pro Tier, Vorgaben zur Liegefläche
Auslauf/Weide: 1 m² im Stall und 0,5m² im Auslauf, eingestreuter Liegebereich, überwiegender Teil der Bodenfläche geschlossen
Bio: Haltung entsprechend der EU-Bio Verordnung
Die Haltungsformkennzeichnung des LEH hat bislang eine vierstufige Einordnung der Produkte vorgenommen. Zum Sommer 2024 wird diese Kennzeichnung nun fünfstufig und es erfolgen Begriffsanpassungen analog der staatlichen Kennzeichnung:
Stufe 1: Stallhaltung wird zu Stall
Stufe 2: Stallhaltung Plus wird zu Stall + Platz
Stufe 3: Außenklima wird zu Frischluftstall
Stufe 4: Premium teilt sich auf und wird zu Stufe 4 Auslauf/Weide und
Stufe 5: Bio
Neben den angepassten Bezeichnungen der Stufen sollen auch die Anforderungen an die staatliche Kennzeichnung von Schweinefleisch ab 2025 angepasst werden, um den Verbraucher nicht mit abweichenden Kriterien zu verwirren. Die Kennzeichnung wird weiterhin auf die Produkte aufgedruckt, dann zusätzlich zur staatlichen Kennzeichnung. Die Kennzeichnung gilt dabei für frisches Fleisch und verarbeitete Produkte, neben Schwein auch für Rinder, Geflügel und Kaninchen, Milch und Milchprodukte.
Wie stellen sich nun die Markenfleischprogramme auf - und was macht Bio? In den Corona-Jahren stieg die Nachfrage nach Tierwohl-Fleisch sprunghaft an und auch die Vermarktung über das Internet und den Hofladen lief sehr gut. Leider konnte dieser Trend nicht dauerhaft beibehalten werden und spätestens mit dem Ausbruch des Ukrainekrieges rückten bei den Verbrauchern andere Themen in den Vordergrund. Entsprechend war es im vergangenen Jahr ruhig um die Tierwohlprogramme und die Bioproduktion. Aktuell ist eine leichte Marktbelebung spürbar und es werden wieder neue umstellungsinteressierte Betriebe im Bereich der konventionellen Programme und auch in der Bioproduktion gesucht.
Im Bereich der Markenfleischprogramme hat sich dabei in der letzten Zeit kaum etwas an der Bezahlung geändert, die Preisaufschläge liegen weiterhin bei etwa 30 bis 35 Cent pro kg Schlachtgewicht, variierend je nach Programm. Und auch im Bereich der Kriterien ist bislang kaum Bewegung. Durch die neue Tierhaltungskennzeichnung ist es jedoch möglich, dass die Abnehmer hier noch aktiv werden, damit ihr Programm der gewünschten Stufe weiterhin entspricht. Da die Programme aktuell sehr vielfältig sind und häufig im Detail voneinander abweichen, muss individuell betrachtet werden, welcher Abnehmer am besten zum Betrieb und dem vorhanden oder geplanten Stall oder dem eigenen Konzept passen könnte. Für die konventionelle Ferkelerzeugung sind die Markenfleischprogramme bis auf einzelne Ausnahme uninteressant, da häufig nur die Mastschweinehaltung betrachtet wird.
Im Bereich der Biohaltung stellt sich der Markt ebenfalls freundlich dar. Auch hier steigt die Nachfrage und es werden wieder einzelne Ferkelerzeuger und Mäster gesucht. Im Vergleich zu den meisten Markenfleischprogrammen bedeutet Bio jedoch eine Umstellung der gesamten Kette und in der Regel auch die Umstellung des eigenen Ackerbaus.
Ausläufe sind für alle Tiere verpflichtend, anders als in der Investförderung auch für ferkelführende Sauen. Hinzu kommt, dass die Ausläufe nur teilweise überdacht sein dürfen. Die Platzvorgaben heben sich nochmals von den Vorgaben der Förderrichtlinie und der Tierhaltungskennzeichnung nach oben ab. Weitere Änderungen im Betriebs- und Arbeitsablauf ergeben sich beispielsweise durch die obligatorische Einstreu oder auch das Kupierverbot.
Für die Bioproduktion spricht der konstante Markt. Durch in der Regel langfristige Liefer- und Abnahmeverträge kommt es kaum zu den im konventionellen Markt bekannten Höhen und Tiefen bei Ferkel- und Mastschweinepreisen. Ebenso kann ein Betrieb in kleineren Strukturen weiter wirtschaften, eine Umstellung bedeutet zumeist etwa eine Halbierung der Tierzahlen. Durch die Erhöhung der Wertschöpfung pro Tier kann die Wirtschaftlichkeit dabei weiter erhalten bleiben oder sogar verbessert werden.
Wohin die Reise geht, kann sicherlich niemand voraussagen. Sich mit den verschiedenen Programmen und Haltungsverfahren zu beschäftigen, kann jedoch jedem ans Herz gelegt werden - politisch ist mehr Tierwohl spürbar gewollt, nicht nur sichtbar durch die aktuellen Förderprogramme. Auch der Handel setzt zunehmend auf Tierwohl. Es liegt also am einzelnen landwirtschaftlichen Unternehmer, wie er sich am Markt platzieren kann und möchte.
Ohne Mehrerlöse kann jedoch auch die beste Förderung nicht langfristig wirtschaftlich sein. Wie sich die Verbraucher hier zukünftig verhalten werden, ist – wie schon in der Vergangenheit - kaum absehbar.
Ulrike Westenhorst,
Landwirtschaftskammer NRW
Förderfähig sind Vorhaben, bei denen das Außenklima wesentlichen Einfluss auf das Stallklima hat oder der Stall über einen Auslauf verfügt. Die Beantragung einzelner Haltungsbereiche ist dabei möglich. Grundsätzlich darf der Viehbesatz des landwirtschaftlichen Unternehmens jedoch 2,0 GVE je ha nicht überschreiten, wobei auch Flächen im Betriebsverbund angerechnet werden können.
Die investiven Premiumanforderungen beziehen sich auf verschiedene bauliche Bereiche. Neben einem erhöhten Platzangebot werden beispielweise planbefestigte, weiche Liegebereiche gefordert. Ebenso gibt es Vorgaben zur Buchtenstruktur, zur Raufuttervorlage und Tränketechnik. Vorhaben, die zu einer Erhöhung des Tierbestandes führen, sind bis auf wenige Ausnahmen von einer Förderung ausgeschlossen.
Förderfähige Ausgaben bis zu 500 000 € werden mit 60 % bezuschusst, bis zu weiteren 2 Mio. € erfolgt eine Zuwendung in Höhe von 50 %. Nochmals 30 % können auf Ausgaben bis 5 Mio. € gewährt werden. Die Zweckbindungsfrist für Stallgebäude beträgt dabei zwölf Jahre.
Ulrike Westenhorst
Fachbereich 53 — Ökologischer Land- und Gartenbau
Kreisstelle Soest
Ostinghausen (Haus Düsse), 59505 Bad Sassendorf
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