In diesem Jahr kommt aufgrund der intensiven und langanhaltenden Niederschläge ein erhöhtes Infektionspotential für die Kartoffeln mit Braun- und Nassfäule hinzu, so dass hier der schnellen Abtrocknung erntefrischer Kartoffeln eine nochmals gestiegene Bedeutung zukommt.
Neben der jeweiligen Lagerungsart haben insbesondere die zu verschiedenen Zeitpunkten durchzuführenden Belüftungsmaßnahmen einen großen Einfluss auf die Qualitätserhaltung der Kartoffeln im Lager. Der Abtrocknungsbelüftung direkt nach der Einlagerung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Hier steht die Abführung des auf den Knollen befindlichen freien Wassers und des durch die Veratmung entstehenden Kohlendioxides im Vordergrund. Neben der mit der Belüftung verbundenen Temperaturabsenkung und Sauerstoffzufuhr, die die Wundheilung unterstützt, werden so die Infektionsbedingungen insbesondere von Nassfäulebakterien eingeschränkt und damit das Fäulnisrisiko reduziert. Die schnelle Abtrocknung der Kartoffeln wird insbesondere in denjenigen Jahren von besonderer Wichtigkeit sein, wo aufgrund der vorhergehenden Witterungs- und Wachstumsbedingungen ein erhöhtes Vorhandensein braun- und nassfauler Kartoffeln im Erntegut besteht. Derartige Risiken sind in den Jahren mit sehr intensiven und anhaltenden Niederschlägen, verbunden mit staunassen Bedingungen, deutlich erhöht.
Über das Gebäude, die Lagerart sowie die Belüftung müssen möglichst günstige klimatische Bedingungen für die eingelagerten Kartoffeln zur Vermeidung von Verlusten durch Fäulnis, Keimung und Gewichtsverluste geschaffen werden. Durch eine automatische Belüftungssteuerung wird der Wirkungsgrad der Belüftungsmaßnahmen im Vergleich zur manuellen Bedienung verbessert, da die in einem Belüftungsprogramm festzulegenden Vorgaben, zum Beispiel bei sich ändernden Witterungsbedingungen, leichter eingehalten werden können. Neben der Belüftung stellt aber auch die Lagerhygiene eine grundlegende Voraussetzung zur Begrenzung pilzlicher und bakterieller Lagerkrankheiten dar.
Eine der wichtigsten Belüftungsmaßnahmen stellt die sofortige Abtrocknung frisch gerodeter Kartoffeln möglichst innerhalb von 24 Stunden dar. So können Infektionen durch pilzliche und bakterielle Krankheitserreger vermindert werden. Insbesondere Nassfäulebakterien benötigen Feuchtigkeit auf der Knollenschale, um sich fortzubewegen und dann über die Erntebeschädigungen oder offene Lentizellen in die Knollen eindringen zu können. Zur Abtrocknungsbelüftung sollte auf jeden Fall im Vergleich zur Kartoffeltemperatur kältere Außenluft verwendet werden, um über die Erwärmung der Luft im Kartoffelstapel möglichst viel Feuchtigkeit aufzunehmen und abzuführen. Dabei gewährleistet eine Temperaturdifferenz von mindestens 2 °C zwischen Kartoffeln und kälterer Außenluft einen Abtrocknungseffekt, ohne dabei die relative Luftfeuchtigkeit der Außenluft beachten zu müssen. Zum anderen wird damit einer Erwärmung der Zuluft um etwa 0,5 °C durch die Elektromotoren der Ventilatoren Rechnung getragen. Mit der Verwendung noch kälterer Luft ist natürlich auch eine verstärkte Abkühlung der Kartoffeln verbunden, die zur erforderlichen Temperaturabsenkung bei hohen Einlagerungstemperaturen oberhalb von 20 °C sinnvoll genutzt werden kann. Bei sehr niedrigen Rodetemperaturen, zum Beispiel im Spätherbst, erschwert dagegen eine durch die Belüftung verursachte größere Temperaturabsenkung eine weitere Abtrocknung sowie die anschließende, temperaturabhängige Wundheilung der Knollen.
Steht keine kältere Außenluft mit der erforderlichen Temperaturdifferenz zur Verfügung, so kann über die Berechnung des Taupunktes der Außenluft oder unter Einbeziehung des Mollier-Diagrammes mit geringeren Temperaturdifferenzen und in Ausnahmefällen auch mit wärmerer Außenluft abgetrocknet werden. Diese Situation kann besonders bei relativ warmen Nachttemperaturen oder in der späteren Saison bei kalt gerodeten Kartoffeln eintreten.
Der im Mollier-Diagramm beschriebene Zusammenhang zwischen Wassergehalt und Lufttemperatur liegt auch der Berechnung des Taupunktes der Luft zugrunde, der wiederum die beginnende Kondensation der in der Luft gebundenen Wassermenge nach deren Abkühlung beschreibt. Damit diese Kondensation nicht im Kartoffelstapel auftritt, sollte der Taupunkt der für die Abtrocknung von Kartoffeln verwendeten Außenluft deutlich unterhalb der jeweiligen Kartoffeltemperatur liegen. Dabei ist während des Belüftens, auch mit wärmerer Außenluft, die anfängliche Abkühlung der Kartoffeln über die Verdunstungskälte zu beachten. Über den Taupunktrechner auf der Homepage der Versuchsstation Dethlingen lassen sich die aktuellen Taupunkte nach Eingabe der Außenluft- und Knollentemperatur sowie der relativen Luftfeuchtigkeit der Außenluft schnell und einfach errechnen. Moderne Lagerprozessoren verfügen häufig über eine integrierte Berechnung des Taupunktes, um die Verwendung nicht geeigneter Außenluft für die Abtrocknungsbelüftung auszuschließen.
Ist dennoch keine für die Abtrocknung geeignete Außenluft verfügbar, kann als Notmaßnahme nur über das vorhergehende Anwärmen der Kartoffeln die erforderliche Temperaturdifferenz bei der anschließenden Abtrocknungsbelüftung erreicht werden. Dabei ist eine schnelle Wärmeverteilung im Kartoffelstapel notwendig, die nur bei zwangsbelüfteten Lagerformen möglich ist. In der Praxis hat sich dazu ein saugender Umluftbetrieb bei gleichzeitig geöffneter Abluftklappe zum Einströmen warmer Außenluft während des Tages bewährt. Während dieses Anwärmprozesses, der auch über eine Heizung erfolgen kann, entsteht im Übergangsbereich zwischen kalten und warmen Kartoffeln eine Kondensationsschicht mit sehr feuchten Knollen. Diese führt aber zu einem erhöhten Fäulnisrisiko der gesamten Partie, so dass bei dieser Vorgehensweise im Bedarfsfall eine zusätzliche Beratung eingeholt werden sollte.
Kann keine der genannten Maßnahmen zur Abtrocknung durchgeführt werden, sollte wenigstens eine Belüftung mit Umluft, verbunden mit einer ein- bis zweimal täglichen Erfrischungsbelüftung, erfolgen, um den nassfäulefördernden Kohlendioxid-Gehalt innerhalb des Kartoffelstapels zu verringern.
Bei schwierigen Belüftungsbedingungen kann eine maschinelle Kühlung über die Bereitstellung kälterer Luft unabhängig von der Außenluft die Abtrocknung verbessern. Im Vergleich zur kälteren Außenluft fällt jedoch der Abtrocknungseffekt aufgrund des nur in Intervallen erfolgenden Luftaustausches geringer aus und sollte dementsprechend nicht zur Rodung von Kartoffeln bei kritischen Belüftungsbedingungen, zum Beispiel bei geringen Unterschieden der Tag- und Nachttemperaturen, verleiten.
Darüber hinaus haben auch die unterschiedlichen Belüftungssysteme einen wesentlichen Einfluss auf die zeitnahe Abtrocknung der Kartoffeln. Bei der Zwangsbelüftung in Lose- oder Kistenlagern mit einer Belüftungswand können über die direkte Luftführung durch den Kartoffelstapel auch kürzere Zeiträume mit geeigneter Außenluft zur intensiven Abtrocknung genutzt werden. Neben der diesbezüglich sehr effektiven Zwangsdruckbelüftung mit geschlossenen Großkisten kommen zunehmend auch Saug- und Druckverfahren für die Belüftung offener Kisten zur Anwendung. Beim Saugsystem mit einer Stapellänge von bis zu über 20 Kisten hintereinander wurde jedoch eine verzögerte Abtrocknung der eingelagerten Kartoffeln in Richtung Stapelende festgestellt, die auf eine systembedingt ungleiche Luftverteilung innerhalb des Kistenstapels zurück zu führen ist. Die Abtrocknung der Kartoffelkisten besonders am Stapelende kann bei der Saugbelüftung durch eine gleichmäßige Verteilung der über die Belüftungswand in das Lager einströmenden kalten Außenluft sowie eine erhöhte Luftrate durch den Einsatz zusätzlicher Ventilatoren in der Belüftungswand unterstützt werden. Diese Vorgehensweise zur Erhöhung der Luftrate kann die Abtrocknungsbelüftung natürlich auch bei allen Bauarten der Kistenzwangsbelüftung oder auch in Flächenlagern verbessern.
Die Auswirkungen der Luftverteilung auf die Abtrocknung der Kartoffeln ist auch in Loselagern erkennbar. Bei Blechhalbrundkanälen mit standardmäßiger Verjüngung konnte in Praxislagern eine von der Belüftungswand ausgehende abnehmende Lufrate bis zum Ende dieses Kanaltyps festgestellt werden, die mit einer verzögerten Abtrocknung der Kartoffeln am Stapelende verbunden war.
Im Gegensatz zu zwangsbelüfteten Lagern mit einer direkten Luftführung durch die Kisten werden bei der Raum- und der freien Konvektionsbelüftung (FKL) die offenen Großkisten von der Raumluft nur umströmt. Dadurch erfolgt die Abtrocknung der Kartoffeln sehr viel langsamer und nimmt innerhalb der Kisten von außen nach innen ab (Abb. 2). Aus diesem Grund werden die offenen Großkisten bei diesen Belüftungssystemen häufig vor der eigentlichen Einlagerung für einige Tage in Durchfahrten oder unter Vordächern aufgestellt, um über die intensivere Luftbewegung eine Abtrocknung der Kartoffeln zu beschleunigen. Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung der Abtrocknung offener Kisten stellt das Aufstellen über einem Belüftungskanal oder vor mobilen Saug- (Abb. 3) oder Druckbelüftungssystemen dar.
Von den Abpackbetrieben wird während der Ernte zunehmend nur noch abgetrocknete Feldware angenommen, um die Fäulnisgefahr in der Fertigware oder im Lager zu reduzieren. Für diesen Einsatzbereich können Wagentrocknungen eingesetzt werden, die überwiegend mit einem Belüftungsboden zur Luftverteilung ausgerüstet sind. Weitergehende Informationen zum Bau einer Wagentrocknung sind auf der Homepage der Versuchsstation Dethlingen erhältlich. Für diese vergleichsweise intensive Abtrocknung müssen die Kartoffeln aber unbedingt schalenfest sein, um qualitätsmindernde Verbräunungen in den losschaligen Bereichen zu vermeiden.
Durch das geteilte Ernteverfahren erfolgt über die Schwadablage bereits eine Teilabtrocknung der Kartoffeln auf dem Feld, sodass eine schnellere Abtrocknung der Kartoffeln im Lager erreicht werden kann. Bei diesem Erntesystem weisen die eingelagerten Kartoffeln in Abhängigkeit von den Witterungsbedingungen oftmals auch höhere Knollentemperaturen auf, die die anschließende Abtrocknungsbelüftung mit kälterer Außenluft erleichtern. Andererseits muss bei sehr warmen Kartoffeln deutlich oberhalb von 20 °C auf eine sehr schnelle Abkühlung der Kartoffeln auf etwa 15 bis 20 °C geachtet werden, um die Entwicklung von Fäulniserregern zu begrenzen.
Die Abtrocknungsbelüftung sollte nur so lange durchgeführt werden, bis sich kein freies Wasser mehr auf den Knollen befindet. Eine visuelle Kontrolle der Abtrocknung in Praxislagern ist sehr zeitaufwändig und meistens nur an gut zugänglichen, aber nicht repräsentativen Stellen, wie zum Beispiel in der obersten Reihe eines Kistenlagers, möglich, während Partien in anderen Bereichen des Lagers oder aufgrund der Lagerhöhe in Loselagern unberücksichtigt bleiben müssen. Zusätzlich beeinflussen verschiedene Herkünfte und Sorten mit unterschiedlichen Erntezeitpunkten, Boden- und Witterungsbedingungen während des Rodens den Abtrocknungsprozess im Lager. Insbesondere bei einem erhöhten Fäulnisanteil im Erntegut ist eine schnelle Abtrocknung zur Vermeidung von Totalverlusten erforderlich. Darüber hinaus kann auch eine losschalige Partie die Abtrocknung erntefrischer Kartoffeln verzögern, da die Knollen aufgrund der reduzierten Schutzwirkung der Schale mehr Feuchtigkeit abgeben. Die damit verbundenen erhöhten Gewichtsverluste können insbesondere die Langzeitlagerung über eine größere Empfindlichkeit gegenüber Lagerdruckstellen deutlich begrenzen.
Neben der dargestellten, schwierigen visuellen Bonitur ist aber auch eine technische Messung der Abtrocknung erntefrischer Kartoffeln möglich. Dazu wird der elektrische Leitwiderstand, in der Regel in kOhm (kΩ), zwischen zwei Einstichsonden mit einem vom Anbieter abhängigen Abstand von 0,5 oder 1,0 m gemessen, der mit zunehmender Abtrocknung der Knollen ansteigt. Mittlerweile bieten mehrere Belüftungsfirmen eine derartige Messtechnik an, bei der die Datenerfassung über die Messsonden mit dem Lagercomputer verbunden ist. Dadurch können die aktuellen Messwerte beobachtet und historische Daten gespeichert werden. Bei einem Anbieter kann zusätzlich bei Erreichen einer individuell festlegbaren Abtrocknungsschwelle die Belüftungsstrategie angepasst werden, indem nach dieser Lagerphase zum Beispiel eine weitere Belüftung mit Außenluft eingeschränkt wird.
Neben diesen festinstallierten Messeinrichtungen können auch herkömmliche Analog-Vielfachhandmessgeräte eingesetzt werden, bei denen die Messspannung 9 Volt nicht unterschreiten darf. Einfache digitale Messgeräte mit 9-Volt-Stromversorgung erfüllen diese Anforderungen nach eigenen Erfahrungen nicht.
Im praktischen Einsatz sollten die Messwerte mit zunehmender Abtrocknung der Kartoffeln ansteigen. Die Abtrocknungsgeschwindigkeit hängt dabei besonders von dem Feuchtegrad der Kartoffeln während der Ernte und dem Erdanhang an den Knollen sowie natürlich auch von dem Sättigungsdefizit der zur Verfügung stehenden Außenluft ab. Die Abtrocknung wird also verzögert, je feuchter die Kartoffeln aus dem Boden kommen, je mehr lose und anhaftende Erde mit in das Lager gelangt und je geringer die potentielle Wasseraufnahme der Luft ausfällt. Bleibt ein Anstieg der Messwerte trotz mehrtägiger Belüftung aus, weißt dies auf Qualitätsprobleme des Erntegutes, zum Beispiel Losschaligkeit der Kartoffeln oder einen erhöhten Fäulnisanteil, hin. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Messwerte bei ausbleibender Belüftung, in der Regel also am Tage, in der Regel wieder etwas absinken.
Hier erfolgt also eine Wiederbefeuchtung der Knollenoberfläche durch die Wasserabgabe über die Schale und nicht verkorkte Erntebeschädigungen. Während bei den festinstallierten Messeinrichtungen mit der Anzeige im k-Ohm-Bereich eine ausreichende Abtrocknung zur Verhinderung von Nassfäuleinfektionen bei etwa 75 kΩ erreicht wird, sollte bei den analogen Vielfachmessgeräten erfahrungsgemäß ein Messwert von etwa 150 k-Ohm angestrebt werden. Bei einem anderen Anbieter dieses Messverfahrens werden in der Anzeige des Belüftungscomputers die Widerstandswerte in einen farblich gegliederten Abtrocknungswert zwischen 0 und 1.000 dargestellt, wie in der Grafik zu sehen. Dabei werden mit zunehmender Abtrocknung der Kartoffeln im Gegensatz zu den Widerstandswerten abnehmende Zahlenwerte angezeigt. Für eine ausreichende Abtrocknung werden hier herstellerseitig Werte zwischen 50 und 150 angestrebt. Die Leitwiderstandsmessung ist grundsätzlich sowohl im Lose- als auch im Kistenlager möglich, wobei dieses Messprinzip jedoch in Stahlrahmenkisten nicht anwendbar ist. Somit kann diese Messtechnik fast in jedem Lager die Kontrolle der Abtrocknung der Kartoffeln nach der Einlagerung deutlich verbessern, aber eine visuelle Lagerkontrolle nicht ersetzen.
Burkhard Wulf, Versuchsstation Dethlingen, Munster