Der Anbau und die Weiterverarbeitung von sogenanntem Populationsweizen ist auch unter Praxisbedingungen problemlos möglich. Das zeigte das dreijährige Forschungsprojekt Bakwert, das von Fachleuten der Universität Kassel, dem Kompetenzzentrum Ökolandbau Baden-Württemberg (LTZ) und dem Berufsverband Die Freien Bäcker e.V. im Verbund mit Praxisbetrieben durchgeführt wurde.
In das Projekt waren zehn landwirtschaftliche Bio-Betriebe, drei Mühlen und 14 Bäckereien an unterschiedlichen Standorten eingebunden, die als regionale Wertschöpfungsketten zusammenarbeiteten. Das Forscherteam begleitete den Anbau und die Weiterverarbeitung des Populationsweizens mit Datenerhebungen und Analysen zum Anbau und zur Backqualität der Ernte.
Anders als bei den üblichen Sorten, bei denen alle Einzelpflanzen genetisch identisch sind, ist das Erbgut in Populationen bei jeder Pflanze unterschiedlich. Dadurch sind die Bestände in der Regel äußerlich weniger homogen, aber auch widerstandsfähiger gegen Wetterextreme als Folge der Klimakrise. Das ermöglicht eine höhere Ertragsstabilität. Zudem können sich Populationen im Gegensatz zu Sorten bei mehrjährigem Anbau an die Bedingungen eines Standorts anpassen.
In den zweijährigen Anbauversuchen wurden die Populationen Brandex und EQuality mit der E-Weizensorte Aristaro verglichen. In beiden Anbaujahren erzielten die Populationen über alle Standorte hinweg im Schnitt deutlich höhere Erträge als die Sorte Aristaro. So kamen EQuality und Brandex im zweiten Anbaujahr auf 6,5 und 6,3 t/ha, während Aristaro durchschnittlich 5,8 t/ha erzielte. Insgesamt war der Anbau der Populationen für die Betriebe problemlos.
Auch bei der weiteren Verarbeitung gab es kaum Unterschiede zwischen der untersuchten Sorte und den beiden Populationen. Protein- und Klebergehalte sowie die Sedimentationswerte bewegten sich auf ähnlichem Niveau. Über die beiden Anbaujahre und alle Betriebe hinweg waren die Werte zur Backqualität jedoch bei den Populationen stabiler.
Die Bäckereien zeigten sich mit allen getesteten Mehltypen aus den Populationen (Type 550/1050, Ruch- und Vollkornmehl) sehr zufrieden. Bei der Verarbeitung mussten Wassermenge, Knetzeit und Teigruhe zum Teil etwas angepasst werden. Die Resonanz der Kundinnen und Kunden zu den verschiedenen Backwaren aus Populationsweizenmehl war durchweg positiv. Fünf der 14 eingebundenen Bäckereien haben deshalb bereits mit den beteiligten Bio-Betrieben vereinbart, dass sie über das Projekt hinaus Mehl aus Populationsweizen beziehen möchten. Auch die drei eingebundenen Partnermühlen sind offen dafür, zukünftig verstärkt Populationsweizen zu verarbeiten.
Das Verbundprojekt Bakwert wurde über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Weitere Infos zum Projekt und den Ergebnissen gibt es unter www.weizenvielfalt.de.
Jürgen Beckhoff/BLE