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Wintergerste: Spitzenerträge auch in diesem Jahr

10.08.2023

 

Seit 2011 führt die Landwirtschaftskammer NRW einen Sortenversuch von Wintergerste auf ökologischen Flächen durch - inklusive einer Öko-Wertprüfung zur Sortenzulassung von beim BSA angemeldeten Stämmen aus ökologischer Züchtung.

Wintergerste lässt sich auch im Ökolandbau gut anbauen, wenn eine gute Saatbettbereitung erfolgt, geeignete Vorfrüchte, wie Körnerleguminosen, gewählt werden, zum richtigen Zeitpunkt gestriegelt wird und geeignete blattgesunde, lang-strohige und standfeste Sorten mit schneller Jugendendwicklung angebaut werden. Durch die frühere Ernte bietet die Wintergerste ausreichend Zeit zur Unkrautbekämpfung von Wurzelunkräutern und für den Anbau von Zwischenfrüchten. Zudem können Arbeitsspitzen entzerrt werden.

In der Zusammenarbeit mit den Versuchsanstellern der Ländereinrichtungen aus Niedersachsen und Hessen können im für NRW relevanten Anbaugebiet 3 „Lehmige Standorte West“ grundsätzlich vier Standorte gemeinsam verrechnet werden.

Erträge der Standorte und Sorten

Die Erträge der Wintergerste lagen 2023 am Standort Kerpen mit im Mittel 84,8 dt/ha auf einem spitzen Niveau: Es waren 18,3 dt/ha mehr als 2022, siehe Tabelle 1. Das Mittel über alle Standorte des ABG 3 im Jahr 2023 liegt mit 70,3 dt/ha unter dem Mittel der Jahre 2021 bis 2023 mit 71,0 dt/ha, da in diesem Jahr in Niedersachsen ein leichterer Standort Hamerstorf mit geringerem Ertragspotenzial hinzugekommen ist.

Über die Jahre und Standorte zeigten sich die Sorten KWS Flemming mit 101 % und Esprit mit 103 % relativen Ertrags überdurchschnittlich. Hedwig liegt mit 100 % im Mittelfeld. Von den neueren Sorten zeigten sich die Sorte SU Midnight (103 %), Julia (102 %) und Winnie (102 %) ertraglich sehr gut, siehe Tabelle 1.

Vom Proteingehalt überdurchschnittlich im Mittel der Jahre und Standorte waren die Sorten KWS Flemming (9,7 %), Teuto (9,5 %), Paradies (9,8 %), Julia (9,5 %), RGT Mela (10,2 %) und Winnie (9,5 %), wie in Tabelle 2 zu sehen.

Drei- bis mehrjährig geprüfte Sorten

Quadriga (Secobra, 2014) kommt im Mittel dreier Versuchsjahre (seit mehreren Jahren in der Prüfung) auf mittlere 92 % Relativertrag und etwas niedrigere Proteingehalte (8,0 %). In diesem Jahr fiel sie auf 93 % Relativertrag im Vergleich ab. Diese Sorte ist mittellang im Wuchs, halmstabil mit guter Massebildung und mittelschneller Jugendentwicklung. Die Winterfestigkeit und Blattgesundheit ist gut. Andere Sorten scheinen besser, daher wird sie nicht mehr empfohlen.
Hedwig (DSV, 2017) steht seit sechs Jahren in der Prüfung. Sie erreicht mittlere 100 % Relativertrag und scheint ertragsstabil zu sein. In 2023 war sie vergleichsweise etwas besser (Hamerstorf) und lag bei 105 % Relativertrag. Der Proteingehalt liegt bei mittleren bis guten 9,0 %. Weitere Vorzüge sind eine gute Blattgesundheit und eine zusätzliche Resistenz gegenüber dem Gelbmosaikvirustyp 2 (BaYMV-2). Diese Sorte ist langstrohig und grundsätzlich standfest, hat aber etwas Schwächen beim Ährenknicken und Halmknicken, was in Wiebrechtshausen und Kerpen bereits beobachtet wurde. Sie kann angebaut werden.
KWS Flemming (KWS-Lochow, 2019) ist seit 2020 in der Prüfung und steht im Mittel dreier Jahre mit guten 101 % Relativertrag im Sortiment. Sie scheint auch ertragsstabil zu sein. Die Proteingehalte liegen über dem Durchschnitt bei 9,7 %. Diese Sorte soll sehr blattgesund sein. Bei mittlerer bis längerer Pflanzenlänge soll sie dennoch nur mittel lageranfällig sein, etwas Ährenknicken und auch stärkeres Halmknicken wurden beobachtet. Sie ist für die Normalsaat und Spätsaat geeignet und kann angebaut und in die engere Wahl genommen werden.
Esprit (DSV, 2020) steh als eine neuere Sorte aus 2020 zum dritten Mal in der Prüfung. Sie erreicht sehr gute 103 % Relativertrag. Die Proteingehalte liegen bei durchschnittlichen 9,3 %. Im Bestand präsentierte sie sich im April mittellang, aufrecht und etwas ungleich, Ende Mai war sie dann sehr lang, dicht und gleichmäßig. Diese Sorte ist sehr standfest, es wurden kein Halm- oder Ährenknicken beobachtet. Von Seiten des Bundessortenamts wird sie wie folgt beschrieben: mittlere-gute Reife (6) und Pflanzenlänge (6), mittlere Neigung zu Lager (5), gering bis mittlere Neigung zu Halm- (4) und Ährenknicken (4), recht gesund (Mehltau 4, Netzflecken 4, Rhynchosporium 4, Ramularia 4), allerdings Zwergrost etwas höher (6), Gelbmosaikvirus Typ 1. Bei den Ertragsparametern fällt sie gut bis sehr gut aus: Kornertrag Stufe 1 = 7, Stufe 2 sogar 8; TKM 6, Eiweißgehalt gering (2). Diese Sorte kann angebaut werden.
Teuto (Secobra, 2020) steht im dritten Jahr in der Prüfung. Sie kommt auf mittlere 99 % Relativertrag. Sie ist im Ertrag vom BSA als hoch bis sehr hoch eingestuft (Kornertrag Stufe 1 = 8, Stufe 2 = 8; TKM 6). Der Eiweißgehalt ist mit 2 angegeben und lag im Versuch bei guten 9,5 %. Im Bestand war Teuto im April kürzer, ungleicher und mitteldicht. Im Mai zeigte sie sich im Vergleich gut: aufrechter, dunkelgrüner, lang, etwas später im Ährenschieben, mitteldicht und gleichmäßig. Es wurden kein Lager, Halm- oder Ährenknicken beobachtet. Laut Bundessortenamt ist sie etwas später reif (6), mittel bis lang (6), mit etwas höherer Neigung zu Lager (6), weniger Halm- (4), mittel im Ährenknicken (5). Sie ist recht gesund: Mehltau (4), Netzflecken (5), Rhynochsporium (5), Ramularia (4), Zwergrost (3) Gelbmosaiktyp 1. Teuto schwankt etwas, kann aber ausprobiert werden.
Paradies (DSV, 2019) ist eine weitere neuere Sorte der DSV. In den Versuchen steht sie im dritten Jahr in der Prüfung und startet mit mittleren 99 % Relativertrag (in Alsfeld 2022 schlechter, in Hamerstorf 2023 schlechter), obwohl sie in den Kornertragsstufen 1 und 2 des BSAs nur mittel bis gut (je Note 6) eingestuft ist (TKM auch nur 5). Im Eiweißgehalt soll Paradies etwas höher sein (3). Der Proteingehalt ist mit 9,8 % vergleichsweise sehr gut. Im Bestand sah sie sehr gut aus: im April aufrechter, dicht, höher, länger und Ende Mai sehr, sehr lang, dicht, gleichmäßig. 2023 konnte stärkeres Halmknicken beobachtet werden. Vom Bundessortenamt wird sie weiterhin wie folgt beschrieben: mittlere Reife (5), etwas längere Pflanzenlänge (6), etwas höhere Neigung zu Lager (6), Halm- (6) und vor allem Ährenknicken (7), recht gesund (Mehltau 4, Netzflecken 5, Rhychosporium 4, Ramularia 4, Zwergrost 4, Gelbmosaik Typ1). Aufgrund der stärkere Ertragsschwankungen wären andere Sorten zu bevorzugen.

Neue Sorten, ein- bis zweijährig geprüft

SU Midnight (B. Eckenhoff, 2021) ist recht neu im Sortiment. Diese Sorte startet im Mittel zweier Jahre mit sehr guten 103 % Relativertrag. Vom BSA ist sie ertraglich sehr gut eingestuft (Stufe 1 = 8, Stufe 2 = 8). Die Proteingehalte sind mit 9,1 % knapp unter dem Durchschnitt (BSA Boniturnote 2). Das Hektolitergewicht (66,6 kg/100l) und die Tausendkornmasse (46,8 g) sind gut. Im Bestand ist sie gering bis mittel dicht (BSA Boniturnote 4). 2023 konnte stärkeres Halmknicken beobachtet werden. Weitere Eigenschaften laut BSA sind: mittlere Reife (5), etwas längere Pflanzenlänge (6), geringere bis mittlere Neigung zu Lager (4), Halm- (5) und Ährenknicken (5), recht gesund (Mehltau 3, Netzflecken 5, Rhychosporium 4, Ramularia 5, Zwergrost 4, Gelbmosaik Typ1+). Diese Sorte kann ausprobiert werden.
KWS Exquis (KWS-Lochow, 2022) ist eine weitere neue Sorte. Sie startet in den Versuchen im Mittel zweier Jahre mit 99 % Relativertrag und schwankt nur leicht um den Mittelwert. Laut BSA ist sie ganz gut eingestuft (Stufe 1 = 8, Stufe 2 = 7). Die Proteingehalte liegen mit 9,3 % im Durchschnitt (BSA Boniturnote 3). Das Hektolitergewicht ist mittelgut (65,8 kg/100l), die TKM mit 46,4 g etwas über dem Durchschnitt. Im Bestand ist sie mittel bis dicht (BSA Boniturnote 6). Etwas Halmknicken war zu verzeichnen. Weitere Eigenschaften laut BSA sind: mittlere Reife (5), etwas kürzer Pflanzenlänge (4), geringere bis mittlere Neigung zu Lager (5), Halm- (4) und Ährenknicken (4), recht gesund (Mehltau 4, Netzflecken 4, Rhychosporium 5, Ramularia 4, Zwergrost 3, Gelbmosaik Typ1). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Melia (IG, 2019) ist ebenfalls recht neu im Sortiment. Sie kommt im Mittel zweier Jahre auf 99 % Relativertrag und schwankt etwas stärker an den Standorten und Jahren. Seitens des BSA ist sich im Ertrag mit 6 in Stufe 1 und 7 in Stufe 2 eingetragen und sollte daher eher auf extensivere Standorte passen. Die Proteingehalte liegen zunächst etwas unter dem Durchschnitt (9,2 %, BSA Boniturnote 2). Mit 65,2 kg/100 l ist das Hektolitergewicht im Durchschnitt. Die Tausendkornmasse ist höher mit 47,5 g. Im Bestand ist sie eher geringer dicht (BSA Boniturnote 4). Weitere Eigenschaften laut BSA sind: mittlere Reife (5), längere Pflanzenlänge (7), mittlere Neigung zu Lager (5), Halm- (5) und etwas mehr Ährenknicken (6), recht gesund (Mehltau 3, Netzflecken 5, Rhychosporium 4, Ramularia 4, etwas mehr Zwergrost 6, Gelbmosaik Typ1). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Julia (DSV, 2022) ist ganz neu im Prüfsortiment. Sie startet mit guten 102 % relativem Ertrag. Die Proteingehalte liegen mit 9,5 % etwas besser. Das Hektolietergewicht ist mit 66,2 kg/100 l etwas höher, ebenso wie die TKM mit 47,8 g. Stärkeres Halmknicken war 2023 zu verzeichnen. Weitere Eigenschaften laut Bundessortenamt sind: Ährenschieben (4), mittlere Reife (5), mittlere Pflanzenlänge (5), geringe Neigung zu Lager (3), mittlere Neigung zu Halm- (5) und etwas mehr Ährenknicken (4), relativ gesund (Mehltau 4, Netzflecken 4, Rhychosporium 5, Ramularia 4, Zwergrost 5, Gelbmosaik Typ1), Bestandesdichte (4), höhere Kornzahl/Ähre (7), mittlere-gute Tausendkornmasse (6), sehr hoher Kornertrag (Stufe 1 und 2 jeweils 9), mittleres Hektolitergewicht (5), geringer Proteingehalt (2). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
RGT Mela (W. von Borries-Eckendorf GmbH, 2022) ist ebenfalls neu in der Prüfung. Sie startet mit mittleren 100 % Relativertrag. Die ersten Proteinwerte liegen bei sehr guten 10,2 %. Weitere Eigenschaften laut Bundessortenamt sind: Ährenschieben (5), mittlere Reife (5), mittlere-lange Pflanzenlänge (7), mittlere Neigung zu Lager (5), Halm- (5) und Ährenknicken (5), relativ gesund (Mehltau 4, etwas mehr Netzflecken 6, Rhychosporium 4, Ramularia 5, Zwergrost 5, Gelbmosaik Typ1), Bestandesdichte (4), mittel bis gute Kornzahl/Ähre (6), bessere Tausendkornmasse (7), guter Kornertrag (Stufe 1 und 2 jeweils 7), mittelgutes Hektolitergewicht (6), geringer bis mittlerer Proteingehalt (3). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Winnie (Saatzucht Josef Breun, 2022) ist ebenfalls ganz neu. Diese Sorte liegt im ersten Jahr im Versuch bei 98 % relativem Ertrag. Die Proteinwerte sind anfänglich bei guten 9,5 %. Das Hektolitergewicht liegt bei höheren 67,2 kg /100 l und die TKM ebenfalls höher bei 48,0 g. Winnie scheint standfest zu sein und es wurden kein Halm- oder Ährenknicken beobachtet. Weitere Eigenschaften laut Bundessortenamt sind: späteres Ährenschieben (6), mittlere-spätere Reife (6), mittlere-lange Pflanzenlänge (7), geringe-mittlere Neigung zu Lager (4), und Halm- (4) und mittleres Ährenknicken (5), relativ gesund (Mehltau 4, Netzflecken 5, etwas mehr Rhychosporium 6, Ramularia 4, etwas weniger Zwergrost 3, Gelbmosaik Typ1), Bestandesdichte (4), mittlere-höhere Kornzahl/Ähre (6), gute Tausendkornmasse (7), hoher-sehr hoher Kornertrag (Stufe 1 und 2 jeweils 8), mittleres-gutes Hektolitergewicht (6), geringer Proteingehalt (2). Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Zweizeilige Sorten

Immer wieder kommt auch die Frage nach zweizeiliger Wintergerste für den Ökolandbau auf. In der Regel sind diese ertraglich immer noch geringer, da die Kornzahl je Ähre als einer der Ertragsparameter geringer ist; das wird aber besser. Dafür gleichen diese Sorten mit höherem TKG und HLG aus, sind oft kürzer und standfester und weisen teilweise höhere Proteingehalte auf. In der Wertprüfung ist ein neuer Stamm von einer möglicherweise neuen zweizeiligen Sorte angemeldet, daher steht Normandy im Vergleich dabei.

Normandy (Nordic Seed Germany GmbH, 2020) kommt in den Versuchen auf 93 % Relativertrag. Sie ist vom BSA aber hoch im Ertrag eingestuft (Kornertrag Stufe 1 = 7, Stufe 2 = 7, TKG 8, Bestandesdichte 8). Im Bestand stand sie leider nicht so schön, anfangs mäßig: sehr kurz, ungleich, dicht; später schlechter: sehr kurz, ungleich, dünner im Vergleich zu den anderen Sorten. Im Proteingehalt ist sie mit 3 eingestuft. In der Prüfung liegt sie bei nur 8,1 %. Weitere Eigenschaften laut BSA sind: mittel bis später reif (6), Pflanzenlänge kurz (4), mittlere Lagerneigung (5) bei besserer Halm- (4) und Ährenstabilität (4). Diese Sorte ist recht gesund: Mehltau (5), Netzflecken (4), Rhynchosporium (3), Ramularia (5), Zwergrost (3), Gelbmosaik (1).


Empfohlene Sorten

Von den untersuchten Sorten sind einige abgefallen und nicht mehr für den Anbau zu empfehlen oder es kommen bessere Sorten nach. So hat sich aufgrund des guten und stabilen Ertrags die Sorte KWS Flemming herausgestellt und steht nun ganz oben in der Empfehlung. Weiterhin sind auch die neuere Sorte Esprit (103 %) und die ältere Sorte Hedwig (ertragsstabil) zu empfehlen. Von den ein- bis zweijährig geprüften Sorten könnten Teuto (99%) und SU Midnight (103 %) mit guten bis höheren Erträge ausprobiert werden. Die Empfehlungen sind in Tabelle 3 zusammengefasst.


Dr. Claudia Hof-Kautz,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Saatgutbezug

Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW, wie zum Beispiel der Bioland-Z-Saatgutliste, erhältlich beim Bioland Landesverband NRW, erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de.

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