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Einer der voran geht und gleichzeitig alles hinterfragt

28.11.2019

Anfang der achtziger Jahre hat er den elterlichen Hof übernommen, kurze Zeit später hat er ihn gemeinsam mit seiner Frau Irene auf Biolandbau umgestellt und seither unzählige Dinge ausprobiert und entwickelt. Sepp Braun aus Freising bei München hat Visionen und ist doch so bodenständig.

Bauern wie Sepp Braun dürfte es in Deutschland nur wenige geben, sowohl in der konventionellen Landwirtschaft, wie auch im Ökolandbau. Seit er den elterlichen Betrieb in den achtziger Jahren übernommen hat, dürfte kaum ein Stein auf dem anderen geblieben sein und seine Flächen sind erst recht nicht mehr vergleichbar. Die Zielrichtung von Braun war dabei nicht, in der Größe zu wachsen, sondern eine nachhaltige, umweltschonende Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung zu entwickeln. Braun ist Ackerbauer mit Leib und Seele und tut alles zur Förderung des Bodenlebens. Das schließt auch die Tierhaltung im Betrieb ein, doch dazu später mehr.

Wissenswertes zum Betrieb

Der Betrieb bewirtschaftet 54 ha, davon 39 ha Ackerland in der Münchener Schotterebene. Braun, über den es auch einen Film mit dem vielsagenden Titel "Der Bauer mit den  Regenwürmern" gibt und der vom Greenpeace Magazin schon mal zu einem der 50 bedeutendsten Personen in Deutschland in Sachen Umweltschutz ernannt wurde, tut alles, um die Bodengesundheit zu fördern. "Ein gesunder Boden ist die Basis für eine gesunde Ernährung", so der Biolandbauer. Seit 1984 wendet er die pfluglose Bodenbearbeitung an, seit 1994 Minimal-Bodenbearbeitung ohne tiefe Bodenlockerung und ohne Unkrautbekämpfung. Die Wirtschaftsweise leitet er aus der Beobachtung der Pflanzen sowie Bodentiere und -pilze und ihrer Ansprüche ab. 1988 erfolgte die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft mit dem Ziel, Umwelt und Ressourcen sowie die Schöpfung zu respektieren und zu bewahren.

Die Tierhaltung besteht aus 22 Milchkühen mit Nachzucht in muttergebundener Aufzucht, 20 Bienenvölkern, 320 Legehennen sowie 100 Masthähnchen der Zweinutzungsrasse Les Bleues und sechs Mastschweinen, die übrigens gemeinsam mit den Jungrindern in einem Stall gehalten werden. Rinder und Schweine werden auf Stroh in einem Tretmiststall mit einem Auslauf auf Holzhackschnitzel gehalten, allerdings besteht nahezu ganzjährig Weidegang. Fast alle Erzeugnisse werden direkt vermarktet, entweder über einen eigenen Laden in München oder über das kleine Restaurant "Alter Kuhstall", dass die älteste Tochter betreibt.

Eigene Saatgutgewinnung und geringer Bodendruck

Die Fruchtfolge im Betrieb besteht aus einem zweijährigen Kleegras, Hafer, Winterweizen, erneut Kleegras, Hafer und Roggen. Der Getreideanbau dient der Saatgutgewinnung. Hinzu kommen drei Hektar Sonderkulturen, Saatguterzeugung für Kräuter und Blumen. Für Braun ist wichtig, den Bodendruck auf den Flächen so gering wie möglich zu halten. Seine maximale Achslast bei allen Arbeitsgängen liegt unter fünf Tonnen, in der Regel liegt er deutlich darunter. Durch alle Maßnahmen hat es der Biolandwirt in den letzten 30 Jahren geschafft, den Humusgehalt um 3 % anzuheben und einen Regenwurmbesatz von über 400 Würmern je Quadratmeter zu erzielen (Durchschnittsbesatz in Bayern: 145 Regenwürmer je Quadratmeter).

Der Kleegrasanteil beträgt 40 Prozent und natürlich verwendet Braun keine handelsüblichen Mischungen sondern eine selbst zusammengestellte. Die Kräuter reiche Mischung enthält neben verschiedenen Kleearten u. a. Luzerne, Schafsgarbe, Esparsette, Spitzwegerich, Wilde Möhre und Chicorée. Braun nutzt diese Mischung aus ackerbaulichen Gründen (Bodendurchwurzelung, diätische Wirkungen) aber auch für eine wesensgemäße Fütterung.

Geerntet wird extrem schonend mit Messerbalken und Rechenschwader, damit möglichst die gesamte Blattmasse unverschmutzt eingelagert werden kann. Braun lagert das gesamte Futter als Heu ein. Dazu hat er eine Heutrocknungsanlage gebaut, die mit regenerativer Wärme aus der Holzvergasung und einer Luftabsaugung unterhalb der Solarpanele auf dem Dach der Heulagerungshalle (was nebenbei die Leistung der Solaranlage steigert) gespeist wird.

Für Braun ist die Verwendung von Heu in erster Linie aufgrund der wesensgemäßen Fütterung, aber auch wegen der Käseherstellung im Betrieb wichtig. Überdies aus arbeitswirtschaftlicher und energetischer Sicht macht Heu statt Silage im Betrieb Sinn: Braun füttert ausschließlich Heu, legt das Heu nur zweimal pro Woche am Futtertisch vor, was einen Arbeitsaufwand für die Fütterung von etwa 3-4 Wochenstunden ausmacht. "Das ist nicht nur konkurrenzlos einfach, sondern riecht auch besser, als eine Silagefütterung", freut sich Braun.

Die Milchleistung im Betrieb liegt bei etwa 7.000 kg/Kuh und Jahr, aber darauf kommt es dem Betriebsleiter gar nicht zentral an. "Ich möchte gesunde, langlebige Kühe, denn dadurch, dass ich weniger Nachzucht brauche, schütze ich wiederum das Klima", so Braun. Das Durchschnittsalter seiner Herde liegt mittlerweile bei über acht Jahren. Im Vergleich: Das Durchschnittalter konventioneller Herden in Deutschland liegt bei ca. 4,5 Jahren. "Und durch die tanninhaltigen Kräuter wird der Methanausstoß der Kühe signifikant gesenkt", sagt Braun lächend. Das hätten Untersuchungen an der ETH Zürich ergeben.

Agroforst gehört dazu

Seit vielen Jahren betreibt Braun den Betrieb im Agroforstsystem. Bislang wurden etwa 25.000 Bäume in Reihen mit einem Abstand von 60-80 Meter gepflanzt, im wesentlichen Pappeln, aber auch Erlen und Weiden. Gerne, so Braun, würden die Kühe zum Wiederkäuen im Schatten der Bäume verweilen und der Landwirt ist sicher, dass die Kühe instinktiv die heilenden Effekte der Salicylsäure der Weidenblätter nutzen.

Für die Hühner bieten die Baumreihen natürlich einen idealen Lebensraum dar. Die Erträge auf den Flächen zwischen den Baumreihen sind laut Braun nicht geringer, das haben auch wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt. "Besonders in trockenen Regionen, wie z. B. in Brandenburg hat das System Vorteile, weil durch den Baumbestand regionale Wasserkreisläufe entstehen", so der Experte.

Das Holz der Bäume nutzt Braun in einer Holzvergasungsanlage mit einem 50 KWel-BHKW. Braun hat sich ganz bewusst für dieses System entschieden, da die Holzkohle die Bodengesundheit fördert und zum Humusaufbau beiträgt. Die erzeugte Wärme wird im Betrieb für das Wohnhaus, die Käserei, die Heu- und Hackschnitzeltrocknung verwendet. Überschüssiger Strom wird in Netz eingespeist. Für Interessierte hat Braun allerdings einen wichtigen Hinweis parat: "Wer ohnehin arbeitswirtschaftlich ausgelastet ist, sollte die Finger davon lassen".

Und auch bei der Hofübergabe geht das Ehepaar Braun unübliche Wege. Da die eigenen Töchter den Hof nicht übernehmen wollen oder können, wurde gemeinsam mit ihnen eine außerfamiliäre Betriebsübergabe beschlossen und angegangen. Seit 2018 bewirtschaftet eine Hofgemeinschaft, bestehend aus Sepp und Irene Braun sowie zwei weiteren, jungen Paaren den Betrieb im Rahmen einer GbR. Die Brauns haben dabei die Anteile für die Neueinsteiger der GbR geschenkt.

Quelle: Dr. Karl Kempkens, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 0251 - 2376 625, E-Mail: karl.kempkens@lwk.nrw.de , Münster, 27. November 2019

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