Pflanzenschädlinge reisen gern. Der Apfelsteckling aus dem Garten der amerikanischen Tante oder die Drachenfrucht aus Thailand sind perfekte Mitfahrgelegenheiten rund um den Globus. Trotz eines internationalen Systems von Kontrollen ist es wegen der immensen global gehandelten Warenmengen nicht möglich, jede Holzpalette, jeden Container, jede Frucht und jede Zierpflanze bei der Einfuhr zu überprüfen. So gelangen immer wieder neue Organismen aus anderen Ländern nach Deutschland oder in die Europäische Union. Und manche davon können den einheimischen Pflanzen gefährlich werden.
Die Mittelmeerfruchtfliege (Ceratitis capitata) etwa kann im Obstbau erhebliche Schäden anrichten und gilt als einer der am weitesten verbreiteten und gefährlichsten Schädlinge für Kulturpflanzen weltweit. Die aus Afrika stammende Fruchtfliege verbreitet sich durch den globalen Obsthandel und konnte sich bereits im südlichen Europa ansiedeln. Auch nach Deutschland wird sie immer wieder verschleppt. Aufgrund der kalten Winter konnte sich die Art bisher nicht nördlich der Alpen ansiedeln. Zunehmend mildere Winter aufgrund des Klimawandels könnten das aber ändern.
Das Risiko neuer potentieller Schädlinge für Pflanzen einzuschätzen und zu bewerten, ist Aufgabe des JKI. Dabei geht es um die Frage, ob sich ein Organismus hier ansiedeln und Schäden an der heimischen Pflanzenwelt und Kulturpflanzen verursachen kann. Das Klima spielt dabei eine entscheidende Rolle. „Wegen des Klimawandels könnten sich künftig auch vermehrt Arten etablieren, die eigentlich nicht an die hiesigen klimatischen Bedingungen angepasst sind“, erklärt Projektkoordinatorin Dr. Gritta Schrader vom JKI.
In dem jetzt gestarteten dreijährigen Verbundprojekt „ProgRAMM“ (Proaktive Pflanzengesundheitliche Risikoanalyse durch Modellierung und Monitoring) soll ein Computermodell erstellt werden, das für die künftig möglichen Bedingungen infolge des Klimawandels die Regionen berechnen und abbilden kann, in denen sich neue Schädlinge am ehesten ansiedeln können. Zugleich wird die dynamische Ausbreitung von sechs hier nicht heimischen Pflanzenschädlingen, die schon jetzt vom Klimawandel profitieren, im Freiland beobachtet. Ziel ist, das Modell auf Basis dieser Beobachtungen kontinuierlich zu prüfen und anzupassen. All dies soll ermöglichen, geeignete Gebiete in Deutschland zu identifizieren, um neue Schädlinge künftig frühzeitig zu entdecken.
Das Projekt wird im Programm zur Innovationsförderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (ptble). Es läuft bis Mitte Oktober 2021.
Bastian Heß, JKI-Fachinstitut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, bastian.hess@julius-kuehn.de
Quelle: Pressemitteilung Nr.6 Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI), Quedlinburg, 06. Februar 2019