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Pflanzenforschung.de: "Ganz Ohr"

28.08.2019

Pflanzen können Bestäuberinsekten hören und dann gezielt anlocken

Es summt und brummt in Gärten und auf Feldern. Viele Insekten - darunter Bienen, Hummeln und Falter fliegen von Blüte zu Blüte und helfen auf ihrer Suche nach Nektar gleichzeitig bei der Fremd-Bestäubung. Ein Forscherteam aus Tel Aviv hat nun herausgefunden: Nachtkerzenpflanzen können das Summen von Bestäubern in ihrer Umgebung hören und produzieren kurz darauf süßeren Nektar als Lockmittel. Nun soll untersucht werden, ob auch Nutzpflanzen durch Geräusche in ihrer Umgebung beeinflusst werden.

Der süße Duft in der Luft

Dass einige Insekten, darunter Hummeln, besonders zuckerreichen Nektar bevorzugen, zeigte eine Studie bereits im Jahr 2008. Forscher fanden heraus, dass die untersuchten Hummeln der Art Bombus terrestris zielsicher Blüten mit dem süßesten Nektar ansteuern und Unterschiede im Zuckergehalt von gerade einmal 1-3% schon im Vorbeifliegen olfaktorisch wahrnehmen können. Neuere Studien zeigen, dass Nachtkerzenpflanzen die Zuckerkonzentration ihres Nektars im richtigen Moment erhöhen, um Bestäuber noch stärker anzuziehen. Bei ihren Versuchen stellten die Forscher fest, dass Oenothera drummondii innerhalb von drei Minuten Nektar mit 20 Prozent höherem Zuckergehalt bereitstellte, nachdem die Pflanze das Summen der Bestäuber 30-40 Sekunden lang "gehört" hatte.

Pflanzen reagieren nur auf bestimmte Geräusche

Das Forschungsteam beschallte insgesamt 650 Nachtkerzenpflanzen aus zehn Zentimeter Abstand mit verschiedenartigen Summtönen – Flügelschlaggeräusche echter Hummeln, eine Tonaufnahme des gleichen Geräuschs und künstlich erzeugte Töne mit unterschiedlichen Frequenzbereichen. Die Nachtkerzen stellen nur dann süßeren Nektar her, wenn die Fluggeräusche von Erdhummeln sowie künstliche Töne im gleichen Frequenzbereich (bis zu 1 kHz) zu hören waren. Laut Studie war es hierbei unerheblich, ob es sich um ein aufgenommenes oder echtes Summen handelte. Die getesteten Töne mittlerer (35 kHz) und hoher Frequenz (160 kHz) sowie absolute Stille führten bei den Blüten nicht zu dieser Reaktion.

Blüte dient der Pflanze als Ohr

Bei einem weiteren Experiment konnten die Forscher zeigen, dass die Blütenblätter der Nachkerze für die Wahrnehmung der Geräusche entscheidend sind. Sie identifizierten diese als „Ohrmuschel“, denn bei Abdeckung der Blätter hatten die Hummelgeräusche keine Wirkung mehr auf die Nektarproduktion. Vermutungen legen nahe, dass Mechanorezeptoren im Inneren der Blütenblätter die Schallwellen wahrnehmen und so das Signal zur Herstellung des süßeren Nektars ausgelöst wird.

Ressourcen werden gezielt eingesetzt

Die Fähigkeit herannahende Bestäuber auditiv wahrnehmen zu können, bezeichnet das Forscherteam als "möglichen evolutionären Vorteil" der Nachtkerze. Die Pflanzen könnten so ressourcensparend und zielführend um die Gunst der Insekten werben und flexibel auf deren Tag- und Nachtrhythmus sowie ungünstige Wetterbedingungen reagieren. Die Belohnung mit süßerem Nektar zöge Bestäuber nicht nur stärker an, sondern könnte auch die Fremdbestäubung umliegender Nachtkerzenpflanzen fördern. Dies wäre besonders wahrscheinlich, wenn nur einzelne Blüten einer Pflanze den süßeren Nektar bereitstellten und Insekten so gezwungen sind, in der Umgebung nach weiteren Nachtkerzenpflanzen Ausschau zu halten. 

Die Forscher halten es für möglich, dass auch andere Pflanzen auf das Summen von Bestäubern reagieren. Sie schlagen zudem vor zu untersuchen, ob andere Geräusche Pflanzen ebenfalls beeinflussen können. Frühere Studien mit Arabidopsis thaliana hatten beispielsweise gezeigt, dass die Pflanze Kaugeräusche von Raupen wahrnehmen kann und so frühzeitig Abwehrmechanismen aktiviert. Dies könnte auch für die Züchtung von Kulturpflanzen interessant sein, um widerstandsfähigere Sorten zu erzeugen. 


Quellen:


Quelle: Journalbeitrag auf Pflanzenforschung.de, 20. August 2019

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