Die Familie der Hülsenfrüchte oder Leguminosen umfasst etwa 20.000 Arten, die sich in Erscheinungsbild, Sorten in unsere Breitengrade. Ein kurzer Überblick.
Sommerackerbohnen und Sommererbsen waren zweifellos Verlierer in den beiden heißen und trockenen Jahren 2018 und 2019. Während die Ackerbohnen mehr auf Trockenheit reagieren, kann man Erbsen bei großer Hitze täglich beim Leiden zuschauen. Im Endeffekt ist das aber zweitrangig, da Hitze und Trockenheit in der Regel gemeinsam "zuschlagen". Besonders groß ist der Schaden, wenn die Hitze schon in die Blütezeit fällt und Blüten abgeworfen werden.
Aus diesem Grund den Anbau jeglicher Körnerleguminosen zu verwerfen, ist die falsche Strategie. Damit höhere Temperaturen nicht zum Humusabbau führen, müssen Maßnahmen, die gegensteuern, intensiviert werden, zum Beispiel eben gerade durch den Anbau von Körnerleguminosen. Außerdem sind die Preise für viele Körnerleguminosen im Öko-Anbau aufgrund mangelnder Verfügbarkeit stabil – ein weiteres Argument für den Anbau. Durch die Änderung des Klimas sind Änderungen in den Strategien notwendig.
Der Anbau von Winterformen wird weiter an Bedeutung gewinnen, da diese die Winterfeuchte nutzen und sich früher entwickeln. In einigen Regionen Südosteuropas haben Wintererbsen die Sommererbsen schon fast vollständig verdrängt. Der Anbau der buntblühenden Sorten wie z.B. E.F.B.33 oder Arkta, beziehungsweise der weißblühenden Sorten wie Pandora oder Specter sind schon gut etabliert. Sie werden aufgrund ihrer hohen Wuchslänge zusammen mit den Stützfrüchten Winterroggen, langstrohigen Wintertriticale oder Winterweizen angebaut. Die Abreife dieser Arten passt gut zusammen, wobei die weißblühenden Sorten in der Tendenz etwas frühreifer sind.
Die kurzstrohigen französischen Wintererbsen werden im Öko-Landbau bislang noch selten angebaut, weil sie Unkraut schlecht unterdrücken und weniger winterhart sind. Die extrem frühe Abreife Anfang Juli mit entsprechend früherer Blüte macht sie jedoch unter den Bedingungen des Klimawandels interessant. Die Winterhärte wird in der Züchtung kontinuierlich verbessert. Als Gemengepartner wird Wintergerste ins Zentrum des Interesses rücken.
Grundsätzlich ist eine Winter-Körnerleguminose eine Winterung mehr in der Fruchtfolge – je nach Vorgeschichte und aktuellen Anteilen im Anbau kann so gegebenenfalls eine bereits vorhandene starke Ausrichtung auf Winterungen noch einmal gesteigert werden. Dies bleibt mittel- und langfristig nicht ohne Folgen für die Verunkrautung, so dass nicht überall einfach Sommerung gegen Winterung ausgetauscht werden können. In diesen Fällen muss dann auch noch eine Winterung gegen eine trockenheitstolerantere Sommerung ausgetauscht werden.
Alternative Kulturen, die nur für die menschliche Ernährung geeignet sind, sollten nach Möglichkeit nicht auf gut Glück, sondern im Vertragsanbau angebaut werden.
Hinsichtlich der ackerbaulichen Eigenschaften sind die neuen Sorten Augusta und GL Arabella deutlich besser geworden. Allerdings gilt noch immer, dass sich Winterackerbohnen mit der besten Winterhärte diesbezüglich ungefähr auf dem Niveau der schlechtesten Winter-Erbsen befinden. Aber auch hier ist züchterischer Fortschritt zu erwarten – und auch die Klimaänderung wird dazu führen, dass die mangelnde Winterhärte tendenziell an Bedeutung verlieren wird. In Gegenden mit stärkeren Kahlfrösten oder Spätfrösten ist die Winterackerbohne aber noch nicht die beste Wahl.
Bei Lupinen sind die blauen, weißen und gelben Arten am anbauwürdigsten. Durch die Zulassung von Anthracnose toleranten Sorten sind Weiße Lupinen wieder ins Zentrum des Interesses gerückt, da sie über das höchste Ertragspotenzial verfügen und auch höhere pH-Werte tolerieren. Lupinen sind eindeutig trockenheitstolerant. Sie haben aber 2018 und 2019 auf schwächeren Böden mit wenig Wasservorrat schon auch Ertragsverluste gezeigt. Bei hohen Niederschlagsmengen haben Lupinen jedoch Probleme und können im Ertrag völlig einbrechen. Weiße Lupinen sind daher in Gegenden mit hohen Niederschlägen nicht der direkte Ersatz für vormals erfolgreiche Ackerbohnen.
Da zur Aussaat 2020 erstmals mehr, wenngleich noch nicht genug, Saatgut der toleranten Sorten verfügbar war, werden wir mehr Erkenntnisse über diese Kultur bekommen. Ein problematischer Aspekt des Anbaus 2018 und 2019 für die menschliche Ernährung war der Anstieg der Alkaloidgehalte durch den Hitzestress. Hier sollten Abnehmer dazu übergehen, die Alkaloidgehalte in den Endprodukten zu messen, die Lupinen oft in einem geringen Anteil enthalten.
Sojabohnen zählen aufgrund der Wärme natürlich zu den Gewinnern im Klimawandel. Für gute Erträge brauchen sie aber von der Blüte bis zur Kornbildung über einen längeren Zeitraum relativ viel Wasser. Dennoch war in den Jahren 2018 und 2019 überraschend, dass Sojabohnen im Ertrag nicht vollständig eingebrochen sind und oft noch akzeptable Erträge erreicht haben. Auch hier gibt es Sortenunterschiede, die züchterisch genutzt werden können.
Linsen wurden durch Trockenheit und Hitze kaum im Ertrag beeinflusst. Der Vertragsanbau konnte ausgedehnt werden. Die wichtigere Frage, die den Ertrag beeinflusst, ist die Wahl des Gemengepartners. Für den jeweiligen Standort müssen die richtige Art und Aussaatstärke gefunden werden. Zur Auswahl stehen meistens Hafer, Gerste und Leindotter. Während Hafer und Gerste relativ gut kalkulierbar sind, hat 2019 der Leindotter im kühlen und regenreichen Mai die Linsen an manchen Standorten deutlich überwachsen. Das Ziel im Anbau sollte jedoch der optimale Linsenertrag sein. Beim Gemengepartner sollten Einbußen eingeplant werden.
Wicken wurden in den letzten Jahren weniger beachtet. Es gibt Sommer- und Winterformen. Bei den Winterformen gibt es neben der normalen Wicke (Vicia sativa) die Pannonische Wicke (Vicia pannonica), die besser an trockene Bedingungen angepasst ist. Aufgrund der antinutritiven Inhaltsstoffe ist jedoch ihre Verwendung in Geflügel- und Schweinefutter sehr begrenzt, aber die Inhaltsstoffe sind nicht schlecht.
Die Platterbse (Lathyrus sativus) ist wohl die am meisten unterschätzte Körnerleguminose, obwohl sie im Mittelalter nennenswerte Bedeutung in der menschlichen Ernährung hatte. Auch heute hat die Platterbse noch große Anbauflächen, insbesondere in Indien. Einige traditionelle Gerichte im Mittelmeerraum werden mit Platterbsen hergestellt. Die auffälligste Eigenschaft der Platterbse ist, dass sie erst einmal doppelt so viel Wurzelmasse wie oberirdische Masse bildet. Damit sichert sie sich das zur Verfügung stehende Wasser. Das hat die Platterbse gerade für Zwischenfruchtmischungen interessant gemacht. Wenn es im Sommer zu feucht ist, reift die Platterbse nicht ab. Daher ist es ratsam, sie in ein Gemenge mit Gerste oder Hafer zu packen, die für Wasserkonkurrenz sorgen. Ein Markt für die Verwendung in der menschlichen Ernährung besteht in Deutschland allerdings noch nicht.
Die Kichererbse ist keine einheimische Körnerleguminose, wandert aber mit dem Klimawandel nach Norden. Sie ist im Anbau relativ einfach, in der Ernte jedoch problematisch. Nur bei absoluter Trockenheit reift sie ab, ansonsten treibt sie immer weiter Blüten. In einem Bewässerungsversuch in Portugal war die Kichererbse die einzige Pflanze, die auf Bewässerung nach der Blüte nicht mit Mehrertrag reagiert hat. Das zeigt ein wenig, wie diese Art "tickt". Es gibt in Deutschland eine Nachfrage, aber der Anbau wird trotz Klimawandel in den meisten Jahren (noch) nicht klappen.
Große Nachfrage besteht auch nach einheimischen Phaseolus-Bohnen, z. B. Kidney-Bohnen, Borlotti- Bohnen, Schwarzen Bohnen, Weißen Navy-Bohnen und Pinto-Bohnen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie relativ viel Wasser benötigen. Die Ernte ist in der Regel nur mit Spezialmaschinen möglich. Eine größere Bedeutung hat der Mischanbau von Mais mit Stangenbohnen.
Neben den großen Kulturen wird insbesondere an zwei Arten geforscht. Die Andenbohne verbindet hohe Eiweißgehalte von bis zu 50 % mit hohen Ölgehalten von bis zu 20 %. Diese hohe Konzentration an Inhaltsstoffen macht sie attraktiv. Sie enthält aber auch Alkaloide, die erst weggezüchtet werden müssen und sie reift bisher nur in wenigen Regionen Europas ab.
Eine weitere Art, an der intensiv gearbeitet wird, ist die Kuhbohne (Vigna unguiculata). Sie ist eine trockenheitstolerante Bohne, die von vielen Kleinbauern in Afrika in Mischkultursystemen angebaut wird. "Interesse der Wissenschaft" bedeutet bei diesem Beispiel aber leider auch, dass gentechnisch veränderte Sorten entwickelt wurden.
Der Klimawandel wird auf Sicht erst mal fortschreiten, so dass weitere Arten bei uns Bedeutung erlangen könnten. Die ersten Landwirte in Österreich haben schon Erdnüsse angebaut. Weitere Kandidaten wären da Jackbohne (Canavalia) oder Helmbohne (Lablab), die in Mischkultursysteme passen. Auch bei den Vigna-Bohnen gibt es noch weitere interessante Arten wie die trockenheitstolerante Mottenbohne.
Text: Werner Vogt-Kaute, Naturland Fachberatung
Der Beitrag ist in den Naturland-Nachrichten 03/2020 erschienen.
Der Beitrag enstand im Rahmen des Demonstrationsnetzwerks Erbse / Bohne. Das Netzwerk wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen der BMEL Eiweißpflanzenstrategie.