In Landwirtschaft und Gartenbau hört man immer wieder von Erkenntnissen und Wissenschaft aus Wageningen in den Niederlanden, oft verbunden mit drei Buchstaben „WUR“, die für „Wageningen University & Research“ stehen. Im März besuchte Agrobuisness Niederrhein im Rahmen des Projektes „Agropole Innovates“ mit 24 Personen die Universität Wageningen.
Auf dem großen Campus am nördlichen Rand der Stadt Wageningen, Provinz Gelderland, tummeln sich rund 12 000 Studenten und etwa 6 500 Mitarbeiter aus über 100 Nationen. Moderne Hörsaalgebäude und ebenso moderne Forschungsgebäude mit Büros und aufwändig ausgestatteten Gewächshäusern werden von 17-stöckigen Hochhäusern mit Studentenwohnungen ergänzt. Das Gelände ist weitläufig mit viel Grün und breiten Fahrradwegen zwischen den Bauten.
Als im 19. Jahrhundert in den Niederlanden ein Standort für eine Landwirtschaftshochschule gesucht wurde, fiel die Wahl auf den Standort in Wageningen, da dort in näherer Umgebung drei verschiedene Bodenarten zu finden sind. Das Vorkommen von Ton-, Sand- und Torfböden bietet die Möglichkeit, das Wachstum der Pflanzen im Feld auf allen Böden zu testen und zu analysieren.
Geforscht und gelehrt wird heute in den drei Kerngebieten Ernährung und Lebensmittelproduktion, Umwelt sowie Gesundheit, Lebensstil und Lebensumfeld. „Die Stärke der Wageningen University & Research liegt sowohl in der Zusammenarbeit spezialisierter Forschungsinstitute mit der University als auch in der Kombination verschiedener Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften und technologischer Fachbereiche. Auf diese Weise lassen sich wissenschaftliche Erfolge schnell in Praxis und Lehre umsetzen“, heißt es auf der Homepage. Die Mission lautet: „To explore the potential of nature to improve the quality of life.“ WUR ist damit sehr erfolgreich und hat schon einige Auszeichnungen bekommen, so auch die Auszeichnung „Weltweit beste Universität im Bereich Land- und Forstwirtschaft“.
Unifarm nennt sich der Campusteil, auf dem die pflanzenbaulichen Versuche angesiedelt sind. Der Forschungsbetrieb für Pflanzenbau umfasst 240 ha Versuchsflächen mit unterschiedlichen Bodentypen, 15 000 m² Gewächshäuser und über 100 Klimaräume, -schränke, Kühl- und Tiefkühlräume, Lagerräume sowie Verarbeitungsräume.
Die einzelnen Gewächshausabteilungen sind alle in sich geschlossen, mit modernster Klima-, Belichtungs-, Bewässerungs-, Dünge- und Messtechnik ausgestattet und einzeln digital gesteuert und überwacht. So können sämtliche Klimaszenarien simuliert werden.
In den Gewächshäusern werden auch vielerlei Versuche, auch im Auftrag von Firmen, durchgeführt. Beispielsweise werden hier die Auswirkungen von Beleuchtung, Beschattung, Luftfeuchte, CO2-Dosierung, Temperatur und Tageslänge erforscht. Themen sind auch Pflanzenkrankheiten und -schädlinge, Stromproduktion lebender Pflanzen, Stromproduktion aus pflanzlich nicht genutzten Wellenlängen (NIR Strahlung) im Gewächshaus, Genforschung, Geschmacksgeber in Tomaten, Wirkung unterschiedlicher LED-Spektren, AgroMarine - das ist Seegrasproduktion im Meer -, Algenproduktion, Pflanzenmasse als Rohstoff für biobasierte Kunststoffe, nachhaltige Pflanzenproduktion weltweit.
Die Hightech-Gewächshäuser des NPEC - Netherlands Plant Eco-phenotyping Centre - stehen auch auf dem Unifarm-Gelände. Im NPEC Projekt arbeitet die Universität Wageningen zusammen mit der Universität Utrecht, wie Dr. Theo van der Lee erklärte. Sowohl im Freiland, im Gewächshaus als auch in Klimakammern wird das Pflanzenwachstum mit hochmoderner Technik dokumentiert und ausgewertet. Das Ziel dieses Projektes ist es unter anderem, Kenntnisse darüber zu gewinnen, wie Pflanzen besser an den Klimawandel angepasst werden können, um somit langfristig gesunde Pflanzen zu erhalten, die notwendig sind, um die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern. Dies geschieht, indem die gegen Dürre und Krankheiten tolerantesten Genotypen einer Art identifiziert werden, die sogenannte Phänotypisierung.
Die Versuchspflanzen stehen dabei in speziellen Töpfen. Das Gewicht der Pflanzen wird in regelmäßigen Abständen automatisch erfasst, was nur funktioniert, wenn auch die Bewässerungsmengen ganz genau in die Berechnung mit einfließen. Die Pflanzen fahren über Förderbänder automatisch von ihren Plätzen zu den Sensoren, wo das Wachstum mit speziellen Kameras, aus deren Aufnahmen 3D-Bilder zusammengesetzt werden, akkurat ausgemessen und dokumentiert wird. In anderen Gewächshausabteilungen ist es umgekehrt, die Pflanzen bleiben an ihrem Platz und die Sensortechnik fährt über ein oben installiertes Schienensystem zu jeder einzelnen Pflanzte. So werden viele Daten gesammelt; dafür stehen große Serverboxen im Verbinder des Forschungsgewächshauses. In einer Cloud gespeichert, können die am Projekt beteiligten Forscher von ihren Büros aus auf die Daten zugreifen. Auch externe Personen und Unternehmen können Zugriff auf die Daten bekommen.
Nach einer Mittagspause mit einem Austausch über die bereits gesammelten Eindrücke stand noch eine Einladung im OnePlanet Research Center auf dem Programm. Hier informierten Thomas van Uden und Xu Zhang über Innovationen für den modernen Pflanzenanbau, welche auf Basis von Sensorik, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz entstehen. Auch ihr Ziel ist es, zu einem nachhaltigen, klimafreundlichen und gesunden Ernährungssystem beizutragen. Anwendungsgebiete sind beispielsweise Insektenmonitoring in Obstplantagen mittels Drohne, virtuelle Obstbaumschnittschulungen, Indoor Urban Farming in Geschäften sowie Umweltmonitoring etwa auf Nitrat im Boden.
Agrobusiness Niederrhein/Sabine Aldenhoff
Die Kartoffel (Solanum tuberosum) ist die dritt verbreitetste Kulturpflanze der Welt und es gibt Tausende Sorten. Trotz ihrer enormen genetischen Variabilität ist die Kartoffelpflanze von zahlreichen Krankheiten und Schädlingen, biotischen Stressfaktoren und Qualitätsproblemen betroffen. Denn es gibt nur wenige Gene für die Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge. Zum Glück verfügt die Art über eine Fülle von wilden Verwandten, die erforscht werden können, um lohnende Resistenzstämme zu finden. Dabei wurden schon Resistenzen gegen Phytophthora infestans, die Kraut- und Braunfäule, gefunden.
Das Solanum tuberosum Keimplasma wird von Wissenschaftlern und Studenten der Wageningen UR auch auf genetische Variationen untersucht, die die Resistenz gegen abiotische Stressfaktoren, wie Trockenheit, Salz, Hitze oder Frost, verbessern und die genetischen Grundlagen für Qualitätsaspekte, die für spezielle Speise-, Verarbeitungs- oder Stärkekartoffeln relevant sind, entschlüsseln sollen.
Nachdem die Forschung zur Identifizierung vorteilhafter Merkmale, Gene und/oder Allele geführt hat, ist der nächste Schritt auf dem Weg zu besser angepassten Kartoffelsorten deren weitere Verwendung in der Züchtung. Praktische Züchtungsprojekte werden häufig in Zusammenarbeit mit privaten Züchterfirmen durchgeführt.
Quelle: WUR Unifarm