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Fruchtfolgen individuell planen

23.11.2023

Auf fast 100 Ackerbaubetrieben über die gesamte bundesdeutsche Landschaft verteilt werden innovative und praxisnahe Lösungsansätze für pflanzenbauliche Herausforderungen erprobt und innerhalb der Online-Seminarreihe „Praxis-Talks“ vorgestellt. Unter diesen Leitbetrieben befindet sich auch der von Markus Mushardt, der in diesem Jahr als Ackerbauer des Jahres ausgezeichnete Gewinner des Ceres Awards. „Wir sind auf einem guten Weg!“, begrüßte Moderator Johannes Augustin, FiBL, die etwa 140 Teilnehmer an den Bildschirmen.

Rahmenbedingungen leiten

Während Award-Gewinner Mushardt auf seinem Hof in Niedersachsen nahe der Nordsee vor allem mit Staunässe kämpft, geht es westlich der Müritz in der marktfruchtorientierten Agrargesellschaft Sietow vor allem darum, Wasser in den Böden zu halten. „Wasser ist unser wichtigster Baustein“, so Betriebsleiter Jan-Hendrik Rust, der den konventionell geführten 1 200 ha-Betrieb mit durchschnittlich 40 Bodenpunkten seit zehn Jahren leitet. Für ihn stelle sich immer wieder die Frage: „Ist ökologisch sinnvoll auch ökonomisch rentabel?“ Die Nähe zum Hafen in Rostock habe in der Vergangenheit eine starke Exportorientierung nahgelegt. Doch die reine Orientierung am Weltmarkt funktioniere mittlerweile nicht mehr gut. Was sich geändert habe, sei vor allem das Klima. Mit mittleren Jahresniederschlägen von 550 mm gehe es in der Region darum, Frühsommertrockenheit und Witterungsextreme möglichst gut abzufangen.

Die Cashcrops Raps und Winterweizen kämen auf den guten Flächen zwar weiterhin in den Anbau. Aber: „Wir sind von der klassischen Getreidefruchtfolge mit Raps weg“, so der Betriebsleiter. Stattdessen hätten Sommerungen, wie Körnermais und Zuckerrübe, einen festen Platz. Und auch der Leguminosenanbau, Winter- wie auch Sommererbsen sowie Ackerbohnen, habe mit über der 10 % der Anbaubaufläche einen festen Stand. „Wir haben keine festen Planungen, es sind die Rahmenbedingungen, die uns leiten“, so Jan-Hendrik Rust, der von Anbaujahr zu Anbaujahr neue Fruchtfolgen auflegt. Mit Leguminosen und Körnermais habe er sehr gute Ergebnisse auf seinen in der DüV veränderlich ausgelegten roten Gebieten eingefahren. Weitere Einschränkungen im Pflanzenschutz müsse er auf FFH-Flächen ausgleichen. „Wir müssen nach Alternativen suchen, Zwischenfrüchte sind bei mir gesetzt.“


Das Bestmögliche für den Boden

„Wir haben keine nackten Böden mehr, es wird immer alles grün gehalten“, so die neue Devise. Entsprechend werden Zwischenfrüchte zum Mähdrusch gleichzeitig gedrillt, um Wasser und Nährstoffe, vor allem Stickstoff zu binden. „Alles spannend, aber eben oft nicht so einfach, die Manpower und technische Schlagkraft bereitzustellen“, machte er klar. Erntehelfer im Sommer seien deshalb sehr viel wichtiger als noch vor zehn Jahren.

Um den Böden das Bestmögliche zu geben und das Bodenleben in Schwung zu bringen, werden auf dem Hof Zwischenfrüchte wie Hauptkulturen behandelt. Dabei gehe es in der Agrargesellschaft immer mehr darum, die Kosten zu reduzieren, Überfahrten einzusparen und etwa Aussaat und Grundnährstoffe zusammen auszubringen. „Wir setzen verstärkt auf immer extensivere Verfahren, wie Direktsaat und Strip-Till. Auch Beisaaten, etwa Ackerbohnen in Raps, kommen jetzt öfter auf den Acker, um dem Schädlingsdruck zu begegnen“, ergänzte der Jan-Hendrik Rust.

Spagat zwischen den „Ös“

„Es ist immer wieder ein Ansporn, die Balance zu finden zwischen dem, was ökologisch sinnvoll und ökonomisch rentabel ist, ohne sich dabei zu verzetteln“, so der Betriebsleiter aus Mecklenburg. Dabei zählten eine Reihe einzelner Punkte für seine jeweilige Planung. Darunter spielten „Liquidität vor Rentabilität“ genauso eine Rolle wie Risikosplittung, die Extensivierung leichter und Intensivierung besserer Standorte. Besonderes Gewicht lege er darauf, seine Mitarbeiter mitzunehmen. „Wir probieren viel Neues aus, das entspricht nicht immer dem klassischen Pflanzenbau“, so Rust. Entsprechend wichtig sei es, das feste Team von fünf Leuten sowie auch die Erntehelfer im Sommer einzubinden und deren Bedürfnisse nach einer auskömmlichen Work-Life-Balance zu beachten. Für Leguminosen wünschte er sich bessere Vermarktungswege, um deren Anbau auch außerhalb der Förderung auf den Betriebsflächen zu halten.

Mutig und nachhaltig

Ganz anders und doch genauso betriebsangepasst und individuell stellt sich das Fruchtfolgekonzept von Marie-Sophie von Schnehen, Hofgut Klein Schneen in Niedersachsen, dar. Der 200 ha-Familienbetrieb südlich von Göttingen ist biologisch ausgelegt und setzt in der klassischen Ökofruchtfolge auf Weizen, Triticale, Hafer und Dinkel sowie Kleegras und Leguminosen als zwei starke Elemente, die Bodenfruchtbarkeit aufrecht zu erhalten. Rotierend stellt die Betriebsleiterin einen Anteil der Ackerflächen für Streifenanbau von Sonderkulturen ab. „Eine kleine Ausnahme macht der Kräuteranbau von Melisse und Pfefferminze als Dauerkulturen. Dabei geht es mir in erster Linie darum, Böden zu schützen und ihre Fruchtbarkeit zu fördern“, so die Biolandwirtin. Aber auch Risikoverteilung durch Vielfalt und soziale Aspekte wie kurze Transportwege und ein ansprechendes Landschaftsbild seien für sie Beweggründe gewesen, das Anbausystem aus der klassischen Ökofruchtfolge herauszuführen.

Zum Anbau in Streifen kommen neben Dinkel Sonderkulturen wie Mohn, Kichererbsen, Linsen und Quinoa sowie Süßkartoffeln. Dabei probiere sie aus und vergleiche die erzielten Erträge von Reinkulturen mit Gemengeanbau, etwa von Linse mit Erbse. Die große Vielfalt auf dem Acker gleiche Anbaurisiken aufgrund der Witterung gut aus, so eine ihrer Devisen. „Leguminosen sind in trockenen Jahren Gewinnerkulturen. Bodenleben und Insektenvielfalt steigen auf Flächen mit Streifenanbau extrem“, so ihre Erfahrung. Marie-Sophie von Schnehen versteht ihren Ansatz auch als proaktiven Hebel, um neuen einschränkenden Verordnungen aus dem Weg zu gehen.

Nischenkulturen direkt vermarkten

„Unsere Sonderkulturen sind eine Betriebsstrategie, die als Eigenmarke in der Tüte funktioniert“, erklärt Marie-Sophie von Schlehen. Sie bevorzugt Streifenkulturen auch, um den Anbau leichter an die Nachfrage anzupassen. Dauert der Abverkauf wie in der Vergangenheit bei Buchweizen zu lange, werde eine Kultur aus dem Anbau genommen. Ohne eigenen Hofladen setzt sie auch in der Vermarktung ganz auf Vielfalt. Marktschwärmer, regionale Supermärkte und Gastronomie bilden zusammen die Hauptabnehmer für Hülsenfrüchte und andere Nischenzöglinge. Nicht selten erstrecke sich der Verkauf bis in die Metropolen Hamburg und Berlin. „Unsere Sonderkulturen verlangen einen starken Fokus auf Vermarktung“, räumte sie ein. Insgesamt sieht sich die Betriebsleiterin mit der neuen betrieblichen Ausrichtung gut auf die Zukunft vorbereitet.

Was sich bewegt

In den vergangenen Jahren habe sich das Thema Intensivierungen vs. Extensivierung insgesamt zu einem breiten Thema weiterentwickelt, so Dr. Moritz Reckling, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, ZALF. „Seit etwa zehn Jahren stellen wir keinen Trend mehr zu weiterer Intensivierung fest.“ Der Anbau von Sommergetreide habe in dieser Zeit abgenommen, der Anbau von Hülsenfrüchten - jedoch auf noch niedrigem Level - deutlich zugenommen. Zuletzt sei die Anzahl der Studien zur Diversifizierung stark angestiegen, da hier positive Leistungen für Ökosysteme erwartet würden. „Die Studien zu ökologischen und ökonomischen Auswirkungen zeigten für den Zwischenfruchtanbau große ökologische, jedoch wenige ökonomische Vorteile auf. Anders als im ökologischen Landbau, wo sich positive Umweltwirkungen durchaus mit wirtschaftlichen Vorteilen in Kombination zeigten!“ so sein Fazit aus wissenschaftlicher Sicht.

Christiane Aumüller-Gruber/LZ Rheinland

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