Regen kommt immer häufiger nicht zur richtigen Zeit. Die Landwirtschaft an veränderte Klimabedingungen anzupassen wird immer wichtiger. In der Lausitz, auf trockenen, leichten Böden, ist dies schon jetzt ein tägliches Thema, das praktische Anpassungen erfordert. Doch auch in NRW wird man sich an die veränderte Witterung anpassen müssen.
BioökonomieREVIER, eine Strukturwandelinitiative des Forschungszentrums Jülich, hatte im Sommer zu einer Exkursion in die Lausitz eingeladen, um sich bei der Partnerregion Land-Innovation-Lausitz vor Ort davon ein Bild zu machen – zum Austausch, welche Ideen sich für praktische Lösungen für das Rheinland ableiten lassen. Mit dabei: Praxispartner aus der Landwirtschaft und Unternehmer aus dem Rheinland.
Ziel der Bioökonomie ist eine nachhaltige, biobasierte Kreislaufwirtschaft, betrieben mit tierischen, pflanzlichen und mikrobiellen Roh- und Reststoffen, wie Ölen, Eiweißstoffen und Fasern. Sie soll klimaneutral sein und kommt ohne fossile Rohstoffe wie Erdöl aus. Die Land- und Ernährungswirtschaft im Rheinland zählt zu einer der wichtigsten Branchen hierfür. Die vom Forschungszentrum Jülich koordinierte Initiative BioökonomieREVIER verbindet Akteure unterschiedlicher Branchen aus Chemie, Pharmazie, Kosmetik, Biotechnologie, Maschinenbau, Papier, Textil und Energie und bietet Fachveranstaltungen an.
Interessierte Landwirte aus der Region sind herzlich willkommen, sich an praxisnahen Forschungsprojekten zu beteiligen. Hier geht es etwa um den Testanbau von Kräutern, Medizinal- und Aromapflanzen, neuen Öl- und Faserpflanzen oder um den Pflanzenanbau unter Agri-Photovoltaikanlagen – das Forschungszentrum betreibt die erste Demonstrationsanlage dieser Art in Morschenich-Alt im Kreis Düren. Mehr Ifons finden Sie hier.
Von Cottbus aus ging es los zu einem Versuchsfeld für Agroforst der ZGJ Groß Jehser GmbH bei Calau. 2020 wurde auf 10 ha eine Fläche mit multifunktionaler Landnutzung angelegt. Beim Konzept des Agroforsts stehen landwirtschaftliche oder gärtnerische Kulturpflanzen zusammen mit Gehölzen auf einer landwirtschaftlichen Fläche, auch eine Kombination mit Grünland oder Nutztierhaltung sind möglich. In Calau wachsen jetzt beispielsweise Kamille, Amaranth, Bohnenkraut, Salbei und Thymian, zwischen Reihen von Hybridpappeln. Diese Baumart wurde als erstes gepflanzt, da sie schnell wächst und Windschatten bringt. Auch Legehennen werden unter den Bäumen gehalten, für die Direktvermarktung. Die Herausforderung ist groß auf den sandigen Böden der Lausitz: In den vergangenen beiden Jahren wurden nur 400 mm Niederschlag pro Jahr gemessen - statt der schon niedrigen, üblichen Mengen von 500 bis 550 mm. Die Schläge werden in wissenschaftlichen Projekten weiter untersucht, auch nach einer wirtschaftlich interessanten Weiterverwertung der Ernten wird geschaut, etwa, ob sich die Pflanzenöle zur Verwertung eignen. Was die begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen schon gezeigt haben: Die Verdunstung auf dieser Agroforst-Fläche ist deutlich niedriger als auf den großen Schlägen.
Weiter ging es nach Peickwitz, wo Thomas Domin einen 360 ha großen Betrieb mit Ackerbau, vor allem Roggen, sowie Hühnern, Schweinen und Rindern mit eigener Hofschlachtung und Direktvermarktung betreibt. Er experimentiert mit einer Pyrolyseanlage zur Verwertung von Hackschnitzeln von Agroforst-Gehölzen. Vermischt mit abgepressten Gärresten aus der Biogasanlage und effektiven Mikroorganismen wird die Pflanzenkohle als Bodenzuschlagsstoff ausgebracht. Das Ziel: Die Wasserhaltekapazität der Böden und die Flächenproduktivität zu verbessern.
Thomas Domin ermunterte die Besucher aus dem Rheinland, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Was er jedoch festgestellt hat: Die Verdunstungsrate und die Abtragung des Bodens durch die Trockenheit fällt auf den Böden mit Pflanzenkohlezuschlägen schon geringer aus als auf dem ursprünglich belassenen Boden des Nachbarschlags.
Nach einem Zwischenstopp mit Tagebaubesichtigung in Welzow wurde eine im Jahr 2021 angelegte Trüffelanlage in Jehserig besucht. Hier wurden Zerr- und Stieleichensämlinge gepflanzt, die zuvor mit dem Frühlingstrüffel beimpft worden waren. Man darf gespannt sein, wie sich der Trüffelpilz, der in der Lausitz natürlich vorkommt, entwickeln wird - vielleicht ein neues Geschäftsmodell für die Region.
Die letzte Station führte nach Jänschwalde zur Nagola Re GmbH, die sich mit Projektpartnern auf die Nutzung gebietsheimischer und klimaangepasster Wildpflanzen als Grundlage für die Entwicklung neuartiger Wertschöpfungsketten in der Lausitz befasst. Potenzielle Nutzer können die Pharmazie, Agrochemie, Lebensmittelwirtschaft bis zur Kosmetik sein. Außerdem werden hier regionale Wildkräuter in Erhaltungsprogrammen und Regiosaatgut gezüchtet. Damit werden unter anderem die Tagebaufolgelandschaften der Lausitz renaturiert. Auch wenn sich die Züchtung von Wildpflanzen deutlich schwieriger darstellt, vor allem hinsichtlich der deutlichen Zeitunterschiede beim Auflaufen der Samen als bei Kulturpflanzen, so ist doch der große Vorteil, dass diese Pflanzen heimisch sind und mit der Trockenheit besser klarkommen.
Elke Strommenger vom Landmarkt Wey aus Jüchen meinte anschließend: „Wir Landwirte und Landwirtinnen sollten offener sein für neue Anbaumethoden und den Mut haben, diese auszuprobieren. Wir müssen dies nicht alleine tun und freuen uns über das Angebot, dies gemeinsam mit Projektpartnern wie dem Forschungszentrum Jülich zu starten.“
Und André Dülks vom Hackmaschinen-Startup Feldklasse aus Meerbusch ergänzte: „Wildkräuter sind eine attraktive Anwendung für unsere Hackmaschine im Bereich der Wildpflanzenvermehrung, die wir hier in der Lausitz kennengelernt haben.“
Anke Krüger, Forschungszentrum Jülich
Land-Innovation-Lausitz ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des WIR!-Programms gefördertes Bündnis mit über 70 assoziierten Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Ziel ist es, die Lausitz zu einer Modellregion für die Anpassung der Landnutzung an den Klimawandel zu entwickeln. Die Exkursion wurde begleitet von Experten und Expertinnen des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF e.V.), der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU CS), dem Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) und das Leibniz-Institut für Gemüse und Zierfpflanzenbau (IGZ e.V.)
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