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Biokräuter Brelage: „Man muss sich spezialisieren“

03.08.2023

Aussaat, Kulturpflege, Verpacken und Verschiffen: Diese drei Arbeitsschwerpunkte bestimmen den Alltag in der Schnitt- und Topfkräuter-Gärtnerei Brelage. Damit unterscheidet sich der Familienbetrieb in Westoverledingen nicht wesentlich von anderen Gärtnereien in dieser Region Niedersachsens. Und auch die 15 gängigen Topfkräuter im Anbau machen noch nicht den ganz großen Unterschied. Speziell wird es, wenn man das durchgängig nachhaltige, ökologische Konzept betrachtet, nach dem Familie Brelage die Gärtnerei bewirtschaftet.


1958 wurde der Betrieb gegründet - direkt hinter dem Emsdeich, mit Blick auf die Meyer Werft in Papenburg, damals noch mit Gemüse, Zierpflanzen und Schnittblumen, die auf 7 000 m² gediehen. Vor 40 Jahren hat die erste Generation der Familie mit den Topfkräutern begonnen, damals noch ein vollkommenes Novum und dementsprechend vermarktungstechnisch eine Herausforderung. Vor 27 Jahren haben Hedwig und Hermann Brelage den Betrieb übernommen, seit 25 Jahren produzieren die Gärtnermeisterin und der Gärtnermeister nur noch Kräuter. Und vor 15 Jahren haben die beiden den Kräuterbetrieb auf Bio umgestellt. „Alles Konventionelle kam raus“, fasst Hedwig Brelage diesen Schritt knapp zusammen, der in ihren Augen der einzig richtige Entwicklungsschritt für den Betrieb war. „Die Nachfrage nach Biokräutern ist seitdem stetig gewachsen.“

Das wird auch angesichts der Anbauausrichtung in der Region deutlich: 20 Kräuterbetriebe vermarkten ihre Erzeugnisse über die Gartenbauzentrale (GBZ) Papenburg (siehe Kasten), 15 davon sind Bio. „Mit Biokräutern lässt sich der LEH in den urbanen Zentren bestens beliefern.“ Und das deutschlandweit. „Heute möchten die Kunden lieber regionale Ware. Durch diesen Trend haben wir Federn gelassen, da wir hier im Emsland recht weit ab vom Schuss sind“, bedauert Hedwig Brelage diesen an sich durchaus positiven Konsum- und Ernährungstrend unter Vermarktungsgesichtspunkten etwas.



Rundum ökologisch

Auch deshalb habe sich der Kräuterbetrieb weiter spezialisiert: „Nach fünf Jahren sind wir dem Bioland-Verband beigetreten. Damit sind wir nun Exklusivlieferant für einige große Naturkostgroßhändler“, berichtet die Gärtnermeisterin. Zur Kundenstruktur und deren Ansprüchen passt auch, dass Familie Brelage ihre Topfkräuter in Pflanzpöttchen zieht, die ohne Erdöl hergestellt und kompostierbar sind.

„Die Töpfe beziehen wir zu einem annehmbaren Preis über die GBZ, die diesen Recycling-Topf schon vor einigen Jahren aus Hausmüll entwickelt und für ihre Mitgliedsunternehmen auf den Markt gebracht hat“, erklärt sie. Für die Endkunden im LEH, im Gartencenter und den Naturkostläden stehe es außer Frage, für die Biokräuter in den blauen Töpfen leicht erhöhte Preise zu zahlen. Wenn schon „Bio“, dann auch rundum.



2 200 m² unter Glas

Ökologisch geht es auch bei der Produktion zu. Nachdem Hedwig und Hermann Brelage 2005 einen Nachbarbetrieb übernommen und die Anbaufläche auf diese Weise verdoppelt haben, werden nun auf mehr als 2 ha Biokräuter produziert - unter Glas. Im vergangenen Jahr hat die Familie außerdem eine alte Anlage herausgerissen und 5 000 m² komplett renoviert und energetisch auf den allerneuesten Stand gebracht. „Gewächshausbetriebe sind bekannter Maßen sehr energieintensiv. Wir können für unsere Produktion die Abwärme eines nahegelegenen Blockheizkraftwerkes nutzen; die Wärme speichern wir in Wasser, das nicht zur Bewässerung genutzt wird.“

Die Kräuter wiederum gedeihen in Biosubstrat zu 100 % auf Tischen. „Freilandanbau ist hier nicht möglich. Das liegt an den schweren Kleiböden: Unser Betrieb liegt rund 60 km von der Ostsee entfernt, direkt an der Ems. Wir unterliegen hier noch den Gezeiten - frühere Hochwasser haben Sedimente vom Wattenmeer angespült, die die heutige Bodenstruktur bestimmen; schwerer Lehmboden steht 1 m oben an. Daher wächst alles auf Tischen“, erklärt Hedwig Brelage diese Besonderheit. 

Die GBZ Papenburg

1931 wurde die Gartenbauzentrale Papenburg gegründet. Seither ist sie durchgängig für ihre und mit ihren zurzeit 50 Mitgliedsbetriebe aktiv und schafft es als Erzeugergemeinschaft, auf 100 ha große Mengen an Gemüse und Kräutern vorzuhalten. Schon früh hat die GBZ auch Bioprodukte vermarktet: Im Jahr 2000 steht der Beginn der Bio-Topfkräuterproduktion; 2009 wurde das Unternehmen Bioland, 2012 Naturland-zertifiziert. Auch beim Thema Nachhaltigkeit hat die GBZ Pionierarbeit geleistet, unter anderem mit der Einführung der Pflanztöpfe aus recyceltem Hausmüll sowie bei der Rückstandsanalytik. 

Seit 2021 vermarktet die GBZ auch Bio-Chicorée und ist Mitglied im Demeter-Verband. Alle Infos rund um eine der größten Gartenbauzentralen Deutschlands finden Sie unter www.gartenbauzentrale.de.

 


Viel Arbeit für viele Mitarbeiter

Mit der Gründung einer Firma zum Verpacken von Schnittkräutern ist der Familienbetrieb auch für die Zukunft bestens aufgestellt; so gut, dass schon die nächste Generation in den Startlöchern beziehungsweise an den Pflanztischen steht: Die Töchter Denise und Katrin sind, wie Eltern und Großeltern, „vom Fach“, die eine Gärtnermeisterin, die andere hat Gartenbau studiert. Mit so viel (Wo)Men-Power und der Mitarbeit von acht Festangestellten, fünf Halbtagskräften und rund zehn Erntehelfern lässt es sich bewerkstelligen, dass jeden Tag in der Woche vermarktet werden kann. „Der LEH nimmt täglich Ware ab, daher packen wir von Montag bis Samstag, wobei die stärksten Tage der Mittwoch wegen des Wochenendes und der Samstag für den Start der neuen Woche sind“, berichtet Hedwig aus dem Arbeitsalltag. Daneben wird gesät, zum Beispiel dreimal pro Woche Basilikum und zweimal wöchentlich Dill.

Die Gärtnermeisterin selber experimentiert gerne mit neuen Kulturen, wie rotem und grünem Strauch-Basilikum oder Zitronenverbene. „Außerdem möchten die Gartencenter auch immer eine Bio-Gemüsepflanze, die sie als Aktion bewerben können. Also kümmere ich mich auch schonmal um Paprika oder Schlangengurken“, schmunzelt sie. 95 % aller im Betrieb produzierten Kräuter würden ausgesät, Pflanzen wie Rosmarin oder Minze würden aus Stecklingen gezogen. „Wichtig ist, dass wir täglich Kräuter von gleichbleibend hoher Qualität anbieten können“, so Hedwig Brelage. Dieser Anspruch hat sich nun schon über drei Generationen weitervererbt.


Meike Siebel,

Landwirtschaftskammer NRW

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