Kupferpräparate bleiben in sensiblen ökologischen Kulturen, wie Wein, Obst und Kartoffeln, vorerst unerlässlich. Dennoch gibt es vielversprechende neue Ansätze, mit denen die Aufwandmengen zukünftig weiter reduziert werden könnten. Auch eine schnellere Zulassung alternativer Wirkstoffe wäre dabei hilfreich.
Das sind die zentralen Ergebnisse der zweitägigen, internationalen Online-Fachtagung „Weiterentwicklung von Pflanzenschutzstrategien im Ökolandbau“, an der Mitte November 2023 etwa 150 Fachleute aus Wissenschaft, Praxis und Beratung teilnahmen.
Initiatoren der vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) geförderten Veranstaltung sind das Julius-Kühn-Institut (JKI) und der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW). Am ersten Tag der Fachtagung standen die Ergebnisse der Kupferminimierungsstrategie im Mittelpunkt, auf die sich ökologische und konventionelle Anbauverbände in Absprache mit der Politik geeinigt haben. Ziel der Strategie ist es, mithilfe innovativer Ansätze aus Forschung und Praxis Alternativen zu Kupfer zu entwickeln und die eingesetzten Mengen weiter zu verringern.
Matthias Weidenauer, Vorsitzender der europäischen Kupfer-Task-Force, berichtete, dass die Zulassung von Kupfer als Pflanzenschutzmittel in der aktuellen Form bis Ende 2025 gesichert ist. Als neue Herausforderung für eine längerfristige Zulassung nannte Weidenauer die Bodenschutzstrategie der EU, nach der sich alle Böden der EU-Staaten bis 2050 in einem gesunden Zustand befinden sollen. Kupfer würde von der EU-Kommission derzeit noch als Gefahrstoff auf Ackerflächen gesehen, insbesondere aufgrund einer möglichen Anreicherung.
Die Kupfer-Task-Force schätzt die Gefahr für eine Kupferanreicherung bei den aktuellen Einsatzmengen im ökologischen und konventionellen Anbau als gering ein. So würden allein auf deutschen Flächen pro Jahr etwa 300 t Kupfer mit der Ernte entzogen. Auch andere wichtige Parameter, wie Bodendichte und Wasserinfiltrationsvermögen, die im Zuge einer erweiterten Risiko-Bewertung bestimmt werden, blieben laut Weidenauer selbst bei sehr hohen Kupfermengen stabil. Zudem zeigten die Ergebnisse der Langzeitstudien zur Wirkung von Kupfer auf Regenwürmer, dass bei den zulässigen Einsatzmengen nicht von einer Anreicherung des Metalls im Boden auszugehen ist.
Jutta Kienzle von der Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau (Föko) berichtete von einem schwierigen Anbaujahr 2021 für die Bio-Obstbaubetriebe aufgrund häufiger Niederschläge. Deshalb seien die durchschnittlichen Kupfereinsatzmengen mit 1,8 kg auf den Betrieben relativ hoch gewesen. Gleichzeitig betonte sie, dass die eingesetzten Kupfermengen im Bio-Obstbau in den letzten zehn Jahren deutlich unter der zulässigen Menge von 3 kg/ha und Jahr geblieben seien. „Dafür war vor allem die durchgehende Zulassung des Schwefelkalk-Mittels Curatio wichtig“, betonte Kienzle. Gleichzeitig warte man in der Praxis weiter auf die Zulassung des Mittels NEU 1143F, mit dem laut Kienzle weitere Einsparungen möglich seien. Aktuell ist aus ihrer Sicht der verstärkte Anbau schorfresistenter Sorten (Schowis) auf den Betrieben der wichtigste Ansatz zur weiteren Minimierung von Kupfer.
Yvette Wohlfahrt von der Hochschule Geisenheim stellte in ihrem Vortrag aktuelle Ergebnisse des BÖL-Projekts VITIFIT vor. Seit 2020 wurden am Standort Geisenheim acht unterschiedliche Pflanzenschutzstrategien zur Minimierung des Kupfereinsatzes in Wein geprüft. Dabei erwies sich eine reduzierte Kupfermenge in Kombination mit Kaliumphosphonat und eine Variante mit sogenannten Kupfer-Caps als wirksamster Ansatz zur Reduzierung des Befalls von Blättern und Trauben mit Plasmopora viticola.
Kaliumphosphonate sind allerdings derzeit nicht im ökologischen Weinbau zugelassen, weil sie als Pflanzenschutzmittel eingestuft wurden. Im Rahmen des VITIFIT-Projektes wird derzeit die biologische Wirkung der Phosphonate gegen den Pilz untersucht, ihre Verteilung in der Weinpflanze sowie ihr Rückstandsverhalten in Most und Wein.
Einen neuen Zusatzstoff, der die fungizide Wirkung von Kupfer- und Schwefelpräparaten verstärkt, stellte Dr. Stefan Kunz von der Firma Bio-Protect vor. Der Hefestamm 2H13 zeigt laut Kunz keine Eigenwirkung, verbessert aber die Wirkung von Kupferpräparaten bei Anwendung gegen Mehltau in Gurken, Plasmopora viticola in Wein und Phytophtora infestans in Kartoffeln. Auch in Freilandversuchen konnten mit reduzierten Kupfermengen bei Zusatz von 2H13 ähnlich hohe Wirkungsgrade erreicht werden wie bei höheren Kupfergaben. Im Kartoffelanbau führte die Kombination aus Kupferpräparat und 2H13 zudem zu signifikant besseren Erträgen im Vergleich zu höheren Kupfergaben ohne Zusatz.
Ein weiterer Anwendungsbereich des Hefestamms ist laut Kunz der Einsatz gegen Lagerfäule (Gloeosporium-Fruchtfäule) in Äpfeln. In Kombination mit Netzschwefel konnte der Wirkungsgrad gegenüber einer reinen Schwefelanwendung von 47 auf 80 % gesteigert werden. Das Präparat ist bereits als Zusatzstoff in allen genannten Kulturen zugelassen.
Paul Besrukow von der Hochschule Geisenheim berichtete über einen neuen Ansatz zur Nutzung von Extrakten aus Rebholz, der im VITIFIT-Projekt entwickelt wurde. Die Phenolextrakte verstärkten wie der Hefestamm 2H13 die Wirkung von Kupferpräparaten bei Behandlungen gegen Plasmopora-Befall auf Blättern und Trauben. In einem einjährigen Feldversuch war das Schnittholzextrakt auch ohne Kupferergänzung sehr wirksam und erreichte einen ähnlich hohen Wirkungsgrad wie eine Behandlung mit drei Kilogramm Kupfer pro Hektar.
Laut Besrukow hat das Extrakt das Potenzial, die Kupfermengen im Weinbau zu reduzieren. Die Wirkung ließe sich seiner Einschätzung nach sogar noch weiter verbessern mit Extrakten aus anderen landwirtschaftlichen Nebenprodukten. Darauf wiesen erste Versuche mit Apfel-Extrakten hin. Ein weiterer positiver Effekt der Rebholz-Extrakte sei eine verbesserte Trauben- und Mostqualität.
Jürgen Beckhoff/BÖL