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Welche Öko-Kartoffelsorten empfehlen sich?

12.01.2024

Seit über 25 Jahren führt die Landwirtschaftskammer Öko-Kartoffelsortenversuche durch. Anfänglich wurden etwa neun Sorten jährlich geprüft, später bis zu 50, während derzeit 35 Sorten in den Versuchen stehen. 2023 wurden zwei Kartoffelsortenversuche auf ökologisch wirtschaftenden Betrieben durchgeführt. Die Ergebnisse hat Dr. Claudia Hof-Kautz, Landwirtschaftskammer NRW, zusammengestellt.

Auf zwei Standorten - in Viersen/Willich-Anrath (VIE) und Gütersloh/Rheda-Wiedenbrück (GT) - wurden weitestgehend sehr frühe bis mittelfrühe Sorten mit überwiegend festkochenden und vorwiegend festkochenden Kocheigenschaften getestet. Auf beiden Standorten handelt es sich jeweils um einen sandigen Lehmboden.

Der Jahresverlauf 2023

In NRW konnte 2023 oft erst sehr spät ab Mitte Mai gepflanzt werden, da die Böden lange zu feucht und die Temperaturen zu niedrig waren. Die Kartoffeln liefen zwar zügig auf, dennoch war die Mineralisation aufgrund der fehlenden Wärme langsam. Im Juni traten dann Kartoffelkäfer auf, die mit Novodor FC (Notfallzulassung) und Neem Azal (reguläre Zulassung mit Erweiterung) bekämpft werden konnten. Später im Jahr gab es überwiegend trockenes Wetter, sodass für die späten Bestände zum Dickenwachstum Beregnung nötig war. Einige Bestände hatten schon vor Reihenschluss geblüht und waren im Stress. Dies führte zu vermehrtem Zwiewuchs in diesem Jahr. Leichte Standorte mit regelmäßiger Beregnung waren hier im Vorteil mit höheren Ansätzen und gleichmäßigerer Sortierung.

Krautfäule trat in diesem Jahr aufgrund des trockenen, warmen Wetters im Juni und Juli in der Regel noch nicht auf. Hier waren aber Botrytis und/oder Alternaria zu verzeichnen, nicht immer ganz einfach von Krautfäule zu unterscheiden. Erst im August mit zunehmender andauernder Feuchte wurde Krautfäulebefall beobachtet. Die späte Krautfäule führte dann zu mehr Braunfäule-Knollen durch Verbreitung der Sporen mit Spritzwasser. Daher sind die Partien im Lager gut zu beobachten.

Auch 2023 gab es wieder eine Notfallzulassung für Attracap zur Drahtwurmbekämpfung in Kartoffeln im Frühjahr.

Die Zeiternten 2023

Aufgrund der Erfahrungen aus dem BÖL-Projekt 2009 bis 2012 am Standort Gütersloh wurde auch in diesem Jahr wieder an zwei Standorten (VIE/GT) jeweils eine Zeiternte durchgeführt, um zu schauen, wie schnell die einzelnen Sorten vor einem möglichen Krautfäulebefall ihren Ertrag bilden. Die Zeiternten sollen etwa 70 Tage nach dem Legen erfolgten, da dies der Zeitpunkt der ersten Krautfäuleinfektionen in NRW zu sein scheint. In Viersen (55 Tage, 28. Juni 2023) wurde die Beerntung in diesem Jahr früher aufgrund der späten Pflanzung vorgenommen. Mitte bis Ende Juni liegt normalerweise dieser Termin und es sollte geschaut werden, on in einem solch extremen Jahr dann schon genug Ansatz vorhanden ist.

In Gütersloh (65 Tage, 5. Juli 2023) war die Zeiternte ebenfalls etwas vorgezogen. Am Standort Viersen hatten zu diesem Zeitpunkt vor allem die frühen Sorten, wie Adorata (201 %), Lea (168 %), Sunny (155 %), Mikado (198 %) und Vindika (131 %), deutlich überdurchschnittliche Markterträge erzielt. Im mittelfrühen Block waren es insbesondere die Sorten Allians (114 %), Emanuelle (110 %), Jasmina (108 %), Taormina (107 %) und Levante (143 %). Dies bezieht sich auf das Mittel der Standardverrechnungs- und Vergleichssorten im jeweiligen Block (sf/f-Sorten Anuschka, Lea, Belana, Marion; mf-Sorten: Allians, Almonda, Emanuele, Jule, Simonetta, Polly, Taormina), die zu diesem Zeitpunkt im jeweiligen Mittel 68 (sf/f) und 99 (mf) dt/ha Marktertrag aufwiesen. Deutlich unterdurchschnittliche Markterträge wiesen die Sorten Nola (21 %) und Herbstgold (57 %) auf. Diese Sorten waren 2023 eher langsam in der Ertragsbildung. Übergrößen hatte zur Zeiternte keine der Sorten. Etwas mehr Untergrößen wiesen vor allem die Sorten Marion, Sunny, Franca, ERA 13-1422, Jule, Merle und Celebration auf.

In Gütersloh lagen die jeweiligen Mittelwerte des Marktertrags der Standardsorten zur Zeiternte mit nur 59 dt/ha im sf/f-Block und mit 62 dt/ha im mf-Block noch niedriger als in Viersen und auch unter den Werten aus 2021. Dadurch ergaben sich deutlich überdurchschnittlich Werte bei den Sorten Adorata (319 %), Anuschka (132 %), Lea (191 %), Mikado (183 %), Vindika (114 %), Almonda (116 %), Jasmina (153 %), Nena (122 %), Simonetta (114 %), Taormina (192 %), Gaya (114 %), Sound (112 %) und Levante (114 %). Deutlich unterdurchschnittlich waren die Sorten Marion (13 %), Nola (31 %), ERA 13-1422 (0 %), Allians (41 %), Darling (38 %), Jule (41 %), Peter Pan (28 %), Merle (26 %) und Sevilla (11 %). Übergrößen hatte zur Zeiternte keine der Sorten. Etwas mehr Untergrößen wiesen vor allem die Sorten Marion, Sunny, ERA 13-1422, Jule, Merle, Darling, Sevilla, Sound und Estelle auf. Die Mittelwerte über die Jahre zeigen, welche Sorten eher schneller und welche eher langsamer in ihrer Ertragsbildung sind.


Späte Krautfäuleinfektionen

Die Krautfäule trat in diesem Jahr in Viersen erst recht spät ab dem 27. Juli auf und war dann erst am 10. August mit höheren Werten zu bonitieren. Ab 11. Juli begann auch schon das Absterben des Laubes, sodass die Krautfäule praktisch keinen Einfluss auf den Ertrag hatte. Am 28. Juni war ein höherer Botrytis- und Alternaria-Befall bei den Sorten Adorata, Belana, Mikado und Peter Pan festzustellen.

In Gütersloh war bis 26. Juni kaum Krautfäule zu verzeichnen und auch später war nichts zu finden. Auch hier dürfte es nicht ertragsrelevant gewesen sein, da ab dem 4. Juli das Absterben des Laubs bei den Sorten begann.

Speisewertprüfung 2020 bis 2023

In der Speisewertprüfung werden Fleischfarbe, Farbreinheit, Festigkeit, Geruch und Geschmack bewertet und anschließend wird eine Gesamtnote zwischen 1 (sehr gut) und 5 (schlecht) vergeben. Alle Werte sind mit Vorsicht zu interpretieren, da nicht mit geschulten Testessern gearbeitet wird. Allerdings soll der Geschmack des Verbrauchers getroffen werden. Über eine Vielzahl an Testern und Jahren kann man einen ganz guten Eindruck der Sorten bekommen. Vorliegende Ergebnisse der vielen neueren Sorten sind aber überwiegend einjährig. Besonders gut schmecken die Sorten Bropanna (2,4), Isabelia (2,0), Marion (2,4), Vindika (2,3), Nola (2,1) und Jule (2,4). Bisher eher schlechter abgeschnitten haben die Sorten Mascha (3,3), Franca (3,3), Celebration (3,3), LunaRossa (3,4), Muse (3,4), Juventa (3,4), Noblesse (3,4) und Sound (3,6).


Ertragsleistungen zur Haupternte

An den Versuchsstandorten konnte zum Teil beregnet werden, wie in Viersen, oder der Grundwasserspiegel ist relativ hoch, wie in Gütersloh der Fall. Für alle Standorte wurden die Kartoffeln für die Sortenversuche zentral in Auweiler vorgekeimt. Die Erträge fielen in diesem Jahr in Viersen etwas geringer und in Gütersloh ungefähr genauso hoch aus wie 2022. Im Mittel der Standard- und Vergleichssorten im sf/f-Block wurde ein Rohertrag von 392 dt/ha in Viersen erreicht. Im mittelfrühen Block waren es im Mittel der Standardsorten am Standort VIE 453 dt/ha. Das waren -28 und -30 dt/ha weniger als im Jahr 2022 (-6,6 bis -6,1 %). In Gütersloh erreichten die Standardsorten ein Mittel von 252 und 254 dt/ha (sf/f und mf), das waren +17 dt/ha (sf/f) mehr und 1 dt/ha weniger (mf) als 2022 (+7,4 und -0,9 %). Die Untergrößen lagen im Mittel mit 1,6 und 0,6 % (sf/f und mf) in Viersen gering und mit 16,4 und 8,9 % (sf/f und mf) in Gütersloh etwas höher. Übergrößen gab es in Viersen 2023 bei den späteren Sorten etwas mehr (11,8 und 22,6 % sf/f und mf). In Gütersloh war der Anteil Übergrößen geringer (1,0 und 4,4 % bei sf/f und mf).

Die Stärkegehalte waren mit 12,7 und 13,1 % in Viersen gleichbleibend sowie mit 13,4 und 13,6 % (sf/f und mf) in Gütersloh etwas niedriger als im Jahr zuvor. Die Roherträge der Kartoffelsorten lagen zwischen 179 dt/ha (Sorte Belana in GT) und 546 dt/ha (Sorte Levante in VIE) bei der Endernte. Deutlich über 100 % Marktertrag erzielten am Standort Viersen die Sorten Franca (111 %), Marion (126 %), Oscar (130 %), Vindika (131 %), Nola (122 %), Taormina (111 %), Sound (113 %) und Levante (121 %) sowie am Standort Gütersloh die Sorten Adorata (138 %), Anuschka (113 %), Lea (125 %), Mikado (139 %), Jasmina (114 %), Polly (125 %), Nemo (114 %), Nena (110 %), Taormina (117 %) und Sound (159 %). Deutlich unter dem durchschnittlichen Marktertrag lagen am Standort Viersen die Sorten Celebration (67 %) und Herbstgold (75 %) sowie am Standort Gütersloh die Sorten Belana (64 %), Franca (76 %), ERA 13-1422 (56 %), Nola (79 %), Jule (78%) und Sevilla (75 %).

Ergebnisse der Knollenbonituren

Bei den Knollenqualitäten fiel 2023 am Standort Viersen vor allem der Befall mit Drahtwurm auf. Im Mittel waren 98 % aller untersuchten Knollen mit mindestens einem Loch befallen. Außerdem trat zudem stärkerer Drycore-Befall mit im Mittel 33 % aller Knollen auf, vor allem bei den Sorten Franca 75 %, Celebration 73 % und Ayla 61 %. Ein paar durch Rhizoctonia deformierte Knollen waren bei einigen Sorten zu finden: Nola 12 %, Celebration 16 %, Polly 15 %, Ayla 21 % und Sevilla 25 %. In Gütersloh wurden in diesem Jahr vor allem höhere Schorfwerte bei im Mittel 30 % aller Knollen beobachtet, vor allem die Sorten Oscar (55 %), Darling (54 %), Polly (53 %), Nena (74 %), Merle (52 %) und Levante (66 %) waren befallen. Außerdem wurden höhere Rhizoctonia deformierte Knollen bonitiert - im Mittel 20 % der Knollen -, vor allem bei den Sorten Lea (53 %), Franca (48 %), Nola (64 %), Nemo (41 %) und Ayla (64 %).

Anbauempfehlungen für 2024

  • Im sehr frühen Segment sind altbewährte Sorten wie Annabelle, Anuschka oder Glorietta zu empfehlen. Von den neuern Sorten sind Lea (festkochend, tiefgelb, schnell, langoval, guter Geschmack), Adorata (schnell, hohe Erträge, guter Geschmack) und Mikado (schnell, gute Ertrag, gute Sortierung) interessant.
  • Bei den frühen Sorten empfehlen die Tester bekannte Sorten wie Belana, Campina, Goldmarie, Musica, Princess, Solo, Queen Anne, Vitabella, Wega, Augusta und Gunda. Von den neueren Sorten sind die folgenden Sorten interessant für einen Testanbau: Marion (zügig, tiefgelb, guter Marktertrag), Oscar (hohe Erträge, gute Sortierung, Krautfäuleresistent) und Vindika (früh, festkochend, gute Erträge, guter Geschmack).
  • Im mittelfrühen Segment sind Allians, Almonda (früher Bellanova), Belinda, Ditta, Linda, Regina, Laura und Otolia bewährt. Von den neueren Sorten könnten folgende ausprobiert werden: Emanuelle (Allians-Kreuzung, auf vielen Standorten gut), Jule (mittlerer Ertrag, guter Geschmack, Krautfäule stabil), Simonetta (festkochend, tiefgelb, hoher Ertrag, gute Sortierung, sehr guter Geschmack, knollengesund), Levante (langoval, guter Geschmack und Ertrag), Sound (Krautfäule resistent, guter Ertrag), Taormina (guter Ertrag und Geschmack, Krautfäule stabil), Nemo (rot-gelb buntschalig, hoher Ertrag).
  • Im mittelspäten Segmenten könnten Gaya (hohe Ertrag, Krautfäule-stabil, Trockenheitstolerant) und Sevilla (Krautfäule resistent, guter Ertrag) interessant sein.

Dr. Claudia Hof-Kautz,

Landwirtschaftskammer NRW

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