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08.09.2022

Landwirtschaft und Photovoltaik auf einer Fläche

Bei der Agri-Photovoltaik kommen Solarmodule auf landwirtschaftlichen Flächen zum Einsatz. So ernten Landwirte Strom und Pflanzen. Die Solarmodule können die Ernten auch vor extremem Wetter schützen.

Die aktuelle Dürre macht es deutlich: Um den Klimawandel noch aufzuhalten, muss massiv CO2 eingespart werden. Daher soll Deutschland bis 2045 klimaneutral werden. Das geht allerdings nur mit einem großangelegten Ausbau der erneuerbaren Energien, der wiederum einen erheblichen Flächenbedarf voraussetzt. Gleichzeitig wird das in Deutschland ohnehin knappe Land für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion, für den Anbau von Energiepflanzen, für die Forstwirtschaft sowie als Bauland benötigt. Um diesen Landnutzungskonflikt zu entschärfen, wurde die sogenannte Agri-Photovoltaik (Agri-PV) entwickelt. Sie steht für Energie- und Nahrungsmittelproduktion auf derselben Fläche.

Ein neues Projekt unter Koordination des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) sowie des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) soll die entsprechenden Rahmenbedingungen erarbeiten, unter denen Agri-PV in Deutschland ausgebaut werden könnte. Gefördert wird diese Forschungsinitiative vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Es besteht dringender Handlungsbedarf

Die Idee, Photovoltaik und Landwirtschaft zu kombinieren, ist schon etwas älter. Im Jahr 1981 entwickelten Prof. Dr. Adolf Goetzberger, Gründer des ISE, und Dr. Armin Zastrow das Konzept einer doppelten Landnutzung. Gut vierzig Jahre später ist die Idee aktueller denn je. Denn um den zunehmenden Bedarf an Strom zu decken und gleichzeitig CO2 einzusparen, muss die Photovoltaik in Deutschland bis 2045 auf etwa 400 bis 445 Gigawatt (GW) ausgebaut werden. Davon müssten etwa 12 bis 20 GW pro Jahr voraussichtlich auf Freiflächen produziert werden.

Mittels der Agri-Photovoltaik könnten auch bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen zur Energiegewinnung genutzt werden. Anfang Juli 2022 startete daher das Projekt „SynAgri-PV“ (Synergetische Integration der Photovoltaik in die Landwirtschaft als Beitrag zu einer erfolgreichen Energiewende – Vernetzung und Begleitung des Markthochlaufs der Agri-PV in Deutschland). Neben der doppelten Nutzung der knappen Ressource Land hat eine Agri-PV-Anlage allerdings noch weitere Vorteile:

► Die Solarmodule schützen die Pflanzen vor zu starker Sonneneinstrahlung, die dadurch auch weniger Wasser verbrauchen. Zudem verringern sie durch ihre Beschattung die Verdunstung von Wasser aus dem Boden. Das kann sich in Dürreperioden ertragsstabilisierend auswirken. Gleichzeitig kühlen die Pflanzen durch ihre Transpiration die Module, die ab einer Temperatur von mehr als 25 Grad einen abnehmenden Wirkungsgrad bei der Stromproduktion haben.

► Extremwetterereignisse wie Hagel gefährden Kulturpflanzen, insbesondere Obst und Gemüse. Dafür werden normalerweise aufwändige Hagelnetze aufgespannt, um die Pflanzen zu schützen. Die Solarmodule erfüllen eine ähnliche Schutzfunktion. Gleiches gilt für Spätfröste im Frühjahr.

► Besonders in trockenen Gebieten kann bei Starkregenschauern über dafür speziell ausgebaute Solarmodule Regenwasser aufgefangen und anschließend gesammelt und zur Bewässerung genutzt werden. Das verhindert zum einen Erosion durch oberirdisch abfließendes Regenwasser und schont zum anderen die Grundwasservorräte.

► Blühstreifen auf den nicht landwirtschaftlich genutzten Flächenanteilen kommen der Biodiversität zugute.

► Die kombinierte Nutzung der Agrarflächen entschärft den Landnutzungskonflikt und bietet Landwirten ein zusätzliches Einkommen, insbesondere in Bereichen, in denen hohe Kosten für Schutzvorrichtungen anfallen, die von den Solarmodulen übernommen werden könnten.

Für günstige Licht- und Niederschlagsverhältnisse auf der Anbaufläche werden spezielle Module für den Agri-PV-Bereich entwickelt:

► Um die optimale Lichtmenge für die Pflanzen zu gewährleisten, kann die Ausrichtung der Module gezielt gesteuert werden. Des Weiteren gibt es bereits Modultechnologien, die das für das Pflanzenwachstum wichtige Lichtspektrum durchlassen.

► Schmale oder röhrenförmige Solarmodule beeinflussen die Niederschlagsverhältnisse auf der Fläche weniger stark und verhindern Erosion unter den Abtropfkanten der Module.

Mittlerweile gibt es international bereits verschiedene Pilotprojekte, die die Anwendung von Agri-PV-Anlagen untersuchen, insbesondere im Obst-, Gemüse- und Weinanbau, aber auch auf Ackerflächen sowie in trockenen Gebieten in Westafrika.

Noch einige Hindernisse

Natürlich gibt es auch noch einige Nachteile. Zum einen sind die Installationskosten für die Module von Agri-PV-Anlage höher als bei normalen Anlagen. Auch ein erhöhter Unterbau wird benötigt, damit die Flächen mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren werden können. Auch behördliche und rechtliche Vorgaben sowie langwierige Genehmigungsverfahren verzögern noch oftmals die Installation solcher Anlagen. Und nicht zuletzt braucht es die breite Akzeptanz der lokalen Bevölkerung.

Im neuen Projekt soll daher erarbeitet werden, unter welchen Bedingungen Agri-PV-Anlagen in Deutschland großflächig etabliert werden könnten. Dazu gehören die gesellschaftliche Akzeptanz, rechtliche Rahmenvorgaben sowie wissenschaftliche und wirtschaftliche Aspekte. Die Ergebnisse sowie Erkenntnisse aus den laufenden Pilotprojekten sollen kontinuierlich veröffentlicht werden.

Pflanzenforschung.de

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