Die derzeitige Witterung verhindert in vielen Regionen die Getreideernte. Zunehmend wird das Keimen noch auf dem Halm beobachtet. Neben Einschätzungen der Druschfähigkeit und der Vermarktung, die in der Regel eine Trocknung erfordert, stellt sich die Frage nach dem Vorgehen, wenn das Getreide im eigenen Betrieb verfüttert werden soll.
Auch bei noch nicht gekeimtem Getreide gibt es neben der Trocknung die Möglichkeit der chemischen Konservierung als Feuchtgetreide unter Zusatz von Propionsäure oder Propionsäuregemischen. Die Dosierung der Säure ist abhängig vom Feuchtegehalt und der angestrebten Lagerdauer - je feuchter das Getreide bei Einlagerung und je länger die angestrebte Lagerung, desto höher die Aufwandmenge. Hier geben die Hersteller in der Regel Dosierungstabellen heraus. Eine entsprechende Dosiertechnik muss die ausreichende Verteilung der Säure über die Körner sicherstellen. Der Einsatz von Lauge oder Harnstoff sind weitere Möglichkeiten der chemischen Konservierung, gegenüber dem Säureeinsatz jedoch weniger verbreitet. Bei diesen Verfahren ist zusätzlich zu beachten, dass eine Verfütterung ausschließlich an Wiederkäuer erfolgen darf. Zusätzlich sind bei allen Verfahren die Bestimmungen im Umgang mit Futtermittel-Zusatzstoffen zu beachten.
Mit Säure konserviertes Getreide muss bei trockener und möglichst überdachter Lagerung nicht abgedeckt werden, eine zu frühe Abdeckung kann durch Kondenswasserbildung sogar kontraproduktiv sein. Auch sollten zu hohe Schüttkegel vermieden werden. Eine regelmäßige Temperaturüberwachung gibt Aufschluss über den Erfolg der Konservierung. Feucht säurekonserviertes Getreide sollte frühestens nach zwei Wochen verfüttert werden.
Neben der chemischen Konservierung ist auch eine Silierung von Getreide möglich, dieses Verfahren bietet sich bei hohen Feuchtegehalten von mehr als 25 % an. Hier sind jedoch eine luftdichte Lagerung im Fahrsilo oder Folienschlauch und der Einsatz von Siliermitteln (Milchsäurebakterien) erforderlich.
Ist das Getreide bereits gekeimt, leidet die Druschfähigkeit. Ist diese noch gegeben, sollte das Getreide gereinigt werden; das ist jedoch in der Praxis oftmals auf dem Betrieb nicht möglich. Eine chemische Konservierung ganzer, bereits gekeimter Körner ist technisch nur eingeschränkt möglich, daher ist hier eine Einlagerung als Schrot vorzuziehen, um eine ausreichende Verteilung des Säureproduktes zu gewährleisten. Hierbei ist gerade bei Auswuchsgetreide besonders auf eine schonende Zerkleinerung ohne starke Hitzeentwicklung zu achten, da das Keimen auch erhöhte Zuckergehalte mit sich bringt, die in Verbindung mit Feuchte und hohen Temperaturen bei klassischer Vermahlung zu Verbackungen führen. Eine Zerkleinerung ist zum Beispiel mit CCM-Technik möglich. Auch hier gilt es, sich bei der Säurezudosierung an den Herstellervorgaben zu orientieren.
Die Witterungsbedingungen haben auch Einfluss auf Futterwert und hygienische Qualität. Durch die Keimung bedingte Veränderungen sind u.a. eine Umsetzung von eingelagerter Stärke in Zucker sowie verringerte Energiegehalte. Erhöhte Gehalte von Zucker sollten im Hinblick auf die Pansengesundheit in der späteren Rationsformulierung beachtet werden. Darüber hinaus erhöht die feuchte Witterung die Gefahr von Schimmelbesatz und Bildung entsprechender Mykotoxine. Diese hygienischen sowie den Futterwert bestimmenden Eigenschaften sollten unabhängig vom gewählten Konservierungsverfahren vor der Verfütterung durch eine Laboruntersuchung bestimmt werden.
Dr. Christian Böttger,
Landwirtschaftskammer NRW
Aufgrund des diesjährigen Witterungsverlaufs ist vermehrt mit Ertrags- und Qualitätsverlusten bei Getreide zu rechnen. Exakte Laboranalysen können Klarheit bringen, um über die Art der Verfütterung, eine mögliche Verschneidung oder ganz andere Verwendungsmöglichkeiten zu entscheiden. Bitte beachten Sie folgende aktuelle Hinweise zur Getreideuntersuchung:
Getreide mit Auswuchs:
Getreide mit Auswuchs kann auch eher unübliche Mykotoxine enthalten, daher bei Bedarf auch auf Aflatoxin und Ochratoxin untersuchen lassen
Getreide mit Pilzbefall oder Mykotoxinverdacht:
Getreide mit Säurekonservierung:
Hinweise zur Beurteilung der Untersuchungsergebnisse finden Sie in den Fachinformationen „Richtwerte und Höchstgehalte für Mykotoxine in Futtermitteln“ und „Mikrobiologisch-hygienische Beschaffenheit von Futtermitteln“.
LUFA NRW