Mit den steigenden Temperaturen kommen auch wieder die ersten Fliegen im Stall zum Vorschein, und es ist an der Zeit, sich über Vorbeuge- und Bekämpfungsmaßnahmen Gedanken zu machen.
Stallfliegen beeinträchtigen das Wohlbefinden der Tiere, führen zu Unruhe, verminderter Futteraufnahme und somit zu einer Leistungsminderung. Weiterhin können sie Krankheitserreger, wie E. Coli oder Streptokokken, übertragen, indem sie diese zwischen Kot, Futter und Körperöffnungen der Tiere, also Augen, Nase oder Wunden, verteilen. Vor allem blutsaugende Stechfliegen können Erreger auch aus benachbarten Betrieben mitbringen. Und schließlich sind die Unruhe und der Fliegenbefall im Stall bei der Arbeit auch für den Menschen belastend und störend. Eine konsequente Bekämpfung der Insekten kann deshalb maßgeblich für den Erfolg des Betriebes und das Wohlbefinden der Tiere sein.
Die Rinder- und Kuhhaltung ist hier besonders betroffen: Die offenen Ställe ermöglichen einen einfachen Zuflug. Stallmist, Gülle und eingestreute Bereiche bieten den Insekten gute Entwicklungsbedingungen. Diese Problematik wird verschärft, da die Ställe oder Stallabteile in der Rinderhaltung in der Regel nicht im Rein-Raus Verfahren betrieben werden. Das Vermehrungspotenzial der Stallfliegen ist dabei massiv: In der Hauptaktivitätszeit von April bis Oktober entwickeln sich vier bis fünf Generationen der Stallfliege. Eine weibliche, ausgewachsene Fliege legt in ihrem Leben etwa 400 bis 600 Eier ab. Es empfiehlt sich daher, möglichst früh vorbeugend tätig zu werden, um einer Massenvermehrung zuvorzukommen und die Fliegenpopulation auf einem erträglichen Niveau zu halten.
Der weitaus größte Teil der Fliegenpopulation besteht nicht aus den sichtbaren, erwachsenen Fliegen, die nur etwa 20 % der Population ausmachen, sondern aus den Eiern, Larven und Puppen. Auch bei intensivem Vorgehen gegen die erwachsenen Insekten kommen deshalb laufend neue Fliegen nach. Daher sollte besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung der Entwicklungsstadien der Fliegengelegt werden:
Die Eiablage und die Entwicklung der Fliegenlarven erfolgt in sich zersetzenden organischen Stoffen, also etwa in Mist, Futterresten oder der Schwimmschicht der Gülle. Diese Brutstätten bieten daher eine gute Ansatzstelle für Bekämpfungsmaßnahmen. Brutmöglichkeiten müssen so gut wie möglich verhindert und regelmäßig zerstört werden:
Die Förderung natürlicher Feinde der Fliegen kann die Fliegenpopulation ebenfalls reduzieren. Der Arbeitsaufwand ist gering, es gibt keine Resistenzentwicklungen und keine Konflikte mit Zulassungen für Biobetriebe.
Unter Laborbedingungen gezüchtete Güllefliegen legen ihre Eier im Güllekeller auf der Schwimmschicht ab. Die Larven der Güllefliege fressen dann die sich ebenfalls auf der Schwimmschicht befindenden Larven der Stallfliege und Stechfliege. Diese Maßnahme funktioniert also nur bei Ställen mit Flüssigmist und fester Schwimmschicht. Der Güllekeller darf zudem während der Ansiedlungsphase, rund zehn Wochen, nicht entleert werden. Da die erwachsenen Güllefliegen flugträge und lichtscheu sind, verbleiben sie im Güllekeller und belästigen weder Tier noch Mensch im Stall.
Für den Einsatz in Strohställen und Festmist eignen sich Schlupfwespen. Sie werden mittlerweile von mehreren Firmen angeboten. Schlupfwespen legen ihre Eier in die Puppen der Stallfliegen ab, so dass diese abgetötet werden und stattdessen neue Wespen schlüpfen. Auch die erwachsenen Tiere der Schlupfwespen ernähren sich ausschließlich von den Stallfliegenlarven und stellen keinerlei Gefahr für die Tiere oder Menschen dar.
Nach Erfahrungen aus der Praxis ist die Bekämpfung mit Güllefliegen und Schlupfwespen zwar nicht ganz günstig, aber sehr erfolgreich. Es müssen kaum weitere Maßnahmen zur Fliegenbekämpfung unternommen werden. Wichtig bei beiden Nützlingsarten ist
Die Kosten einer Anwendung betragen etwa 15 bis 20 € je 100 m² Stallfläche.
Neben diesen Maßnahmen kann und sollte natürlich auch die sichtbare Fliegenpopulation im Stall aus adulten Fliegen bekämpft werden. Durch verschiedene Maßnahmen lassen sich im Arbeitsalltag der Zuflug neuer Fliegen begrenzen und der Fliegendruck und damit das Stressniveau für die Rinder mindern:
Fliegenfallen können an stark frequentierten Bereichen helfen, den akuten Befall abzudämpfen und die Belastung für Tier und Mensch zu reduzieren. In der Praxis stellt insbesondere die Fütterung (der Kälber) oft ein besonderes Problem dar. Milch oder Futterreste ziehen Fliegen wie ein Magnet an. Und auch im Melkstand kommen die Insekten oft vermehrt vor und sorgen für Unruhe. In diesen Bereichen kann der Einsatz von Fliegenfallen sinnvoll sein.
Bei der Anbringung ist zu beachten, dass die Fallen für Rinder, andere Tiere des Hofes und auch Vögel unerreichbar sind. Für eine optimale Wirksamkeit sollten die Fallen an hellen und warmen Orten platziert werden, an denen sich die Fliegen bevorzugt aufhalten. Durch regelmäßiges Erneuern bleiben die Klebe- und Lockwirkung erhalten. Hier empfiehlt es sich, zusätzlich verschiedene süße (Zucker, Sekt) oder saure Lockmittel (Essig) auszuprobieren und hin und wieder zu wechseln.
Am Tier direkt ist das Auftragen von abwehrenden Stoffen als Spray oder Pour-On (Übergießen) möglich. Im Handel gibt es verschiedene pflanzliche Präparate, die für Bio-Betriebe zugelassen sind und keine Wartezeit für Milch und Fleisch voraussetzen. Auch hier empfiehlt es sich, die Zulassung in der Betriebsmittelliste zu überprüfen.
Die Basis sind meist natürliche ätherische Öle, wie Lavendel-, Kümmel-, Anis-, Fenchel-, Koriander-, Nelken-, Neem-, Teebaumöl, oder Pyrethrum. Solche Präparate können auch mit wenig Aufwand selbst hergestellt werden: Obstessig wirkt abweisend auf viele Fliegen und kann, wie auch schwarzer Tee, gut mit den genannten Ölen gemischt aufgesprüht oder eingerieben werden. Die Wirkung hat sich in der Praxis bewiesen. Die Wirkungsdauer ist jedoch sehr gering und abhängig von der Witterung. Die Tiere müssen täglich, zum Beispiel im Melkstand, im Bereich Bauch/Euter damit behandelt werden.
Unbedingt aufpassen: Es gibt auch chemische Sprays und Pour-Ons zur Insekten-Abwehr, die mit einer Wartezeit von Null Tagen deklariert sein können. Diese gelten als allopathisches Arzneimittel. Anders als bei den pflanzlichen Produkten gilt bei solchen Arzneimitteln für Bio-Betriebe jedoch eine Wartezeit von mindestens 48 Stunden. Ist für diese Produkte eine Wartezeit mehr als Null Tagen angegeben, so muss diese im Bio-Betrieb verdoppelt werden!
Bei Weidetieren ist die Behandlung mit den Pour-Ons oder Sprays meist nicht praktikabel. Spezielle Ohrmarken mit langanhaltenden Wirkstoffen sind durchaus wirkungsvoll und von verschiedenen Herstellern erhältlich. Sie haben den Vorteil, dass sie während der gesamten Weideperiode nicht ersetzt werden müssen. Der Einsatz ist jedoch in Bio-Betrieben ausschließlich bei Jungrindern möglich, da sie mit einer Wartezeit für Fleisch und Milch verbunden sind; auch hier ist die Verdoppelung der Wartezeit für Bio-Betriebe zu beachten.
Judith Stratbücker,
Landwirtschaftskammer NRW
Nicht nur die Fliegenlarven, sondern auch die adulten Fliegen haben verschiedene natürliche Feinde. Hier sind insbesondere die Schwalben zu nennen, die beachtliche Mengen der Insekten fressen. Neben einem ausreichenden Nahrungsangebot fördert die Verfügbarkeit von Wasser und lehmigen Pfützen für den Nestbau die Ansiedlung der Vögel. Zugluft und direkte Sonneneinstrahlung sind für Schwalbennistplätze ungeeignet. Hier müssen jedoch auch die hygienischen Nachteile berücksichtigt werden, die der Vogelkot mit sich bringt. Wenn bereits Vögel ansässig sind, sind Bretter oder Hartfaserplatten ein guter Kompromiss. Diese werden vor Beginn der Brutzeit unter den Nestern angebracht, um die Verkotung der darunterliegenden Stallungen und Tiere zu verhindern.