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In Tretmiststall mit Hofbiogasanlage investieren?

18.05.2023

Die Anforderungen in den Bereichen Haltung und Tierwohl steigen auch in der Bullenmast. Wie lässt sich dieser Betriebszweig zukunftsfähig aufstellen? Außerdem wurden die Bedingungen für Hofbiogasanlagen im EEG 2021 neu definiert. Eine solche Anlage könnte eine passende Ergänzung zu einem Tretmiststall darstellen. Ist dieses Konzept unter den jetzigen Bedingungen wirtschaftlich und welche Vor- und Nachteile bietet es?

Investitionen in Ställe sind langfristige Entscheidungen, sie werden meist über 20 bis 25 Jahre abgeschrieben. Daher ist es wichtig, den Stall zukunftsfähig zu planen und mit einem ausreichend hohen Tierwohlstandard zu bauen. Neue Haltungsvorgaben für die Bullenmast wurden 2018 in der niedersächsischen Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung veröffentlicht, diese Leitlinie kann zur Planung des Stalls herangezogen werden. Des Weiteren wurden Kriterien für die Haltungsformen 1 bis 4 der Initiative Tierwohl für die Jungbullenhaltung veröffentlicht. Die Haltungsform 3 (Außenklima) ist in einem neuen Stall durchaus umzusetzen, dabei muss allerdings eine passende Vermarktungsmöglichkeit gefunden werden, um die höheren Kosten auszugleichen.


Ist der Tretmiststall vertretbar?

Das Stallsystem „Tretmiststall“ bietet gute Eigenschaften, um die zuvor genannten Anforderungen zu erfüllen. Den Tieren kann eine weiche Liegefläche mit Stroheinstreu und ausreichend Platz geboten werden. Ein Tretmiststall kann in verschiedenen Varianten gebaut werden. Welches System das richtige ist, muss betriebsindividuell entschieden werden.

Durch die derzeitig hohen Rindfleischpreise lässt sich ein positives Ergebnis in der Kalkulation darstellen. Zunächst wurde mit einem Preis von 5,05 €/ kg SG und einem Schlachtgewicht von 430 kg gerechnet. Zusätzlich wurde ein Erlös von 90 € für den Mist angesetzt. Als zweite Variante wurde mit einem Preis von 4,55 €/ kg SG gerechnet, um den Effekt eines solchen Preisniveaus darzustellen. Die Direktkosten und die Gebäudekosten wurden aufgrund der Preissteigerungen höher angesetzt als es in den letzten Jahren üblich war. Bei einem Preis von 5,05 €/ kg SG werden auch die Faktorkosten vollständig entlohnt und es kann ein Unternehmergewinn von 44 € pro Tier erwirtschaftet werden. Bei einem Preis von 4,55 €/kg SG sieht das Ergebnis schon deutlich schlechter aus. Aufgrund der stark schwankenden Preise ist es fraglich, ob das aktuelle Preisniveau als Basis für eine langfristige Entscheidung genutzt werden sollte. Zusätzlich sind die Bau- und Zinskosten stark gestiegen, bei vorherigem Preisniveau wären diese hohen Kosten nicht tragbar. Unter den Annahmen, die in dieser Betriebszweigabrechnung getroffen wurden ist ein Marktpreis von 3,94 €/kg SG nötig, um die Direktkosten zu decken. Die Gebäudekosten werden ab einem Preis von 4,59 €/kg SG gedeckt und zur vollständigen Deckung der Faktorkosten ist ein Preis von 4,95 €/kg SG nötig.  


Feste Einspeisevergütung

Ist die Investition in eine Hofbiogasanlage passend zum Stall sinnvoll oder nicht? Die Vorgaben für Hofbiogasanlagen, welche nahezu ausschließlich, mindestens zu 80 %, mit Wirtschaftsdüngern betrieben werden, wurden überarbeitet. Es ist eine installierte Leistung bis 150 kW möglich, jedoch ist die Bemessungsleistung ab einer installierten Leistung von 100 kW auf 50 % begrenzt. Bei den derzeitigen Energiepreisen lassen sich in der Direktvermarktung hohe Erlöse erzielen. Ist die Investition in eine Hofbiogasanlage interessant und nachhaltig?

Hofbiogasanlagen sind gedacht für tierhaltende Betriebe, welche ihre Wirtschaftsdünger für die Energieerzeugung nutzen möchten. Nach dem EEG wird für die Hofbiogasanlagen eine feste Einspeisevergütung gezahlt, welche nach EEG 2021 22,23 ct/kWhel beträgt. Um diese zu bekommen, müssen die Bedingungen für Hofbiogasanlagen eingehalten werden. Die feste Einspeisevergütung wird auf 20 Jahre garantiert und macht die Erlöse der Biogasanlage kalkulierbar. Wenn die Biogasanlage in der Direktvermarktung läuft können die Einnahmen derzeit höher ausfallen. Es ist allerdings unsicher, wie lange diese Preise anhalten und in welcher Form eine Abschöpfung der Umsätze durchgeführt wird.

Energie aus Reststoffen

Die Nutzung der Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen ist ein sinnvoller Ansatz. Es wird Energie mit „Reststoffen“ aus der Tierproduktion erzeugt. Zusätzlich werden die Emissionen reduziert und die Nährstoffverfügbarkeit im Gärrest verbessert. Außerdem werden Kreisläufe auf Betriebsebene geschlossen. Der Vorteil bei solchen Kreisläufen auf Betriebsebene sind kurze Transportwege und eine gewisse Unabhängigkeit von dem sonstigen Marktgeschehen. Nachteilig ist die geringe Größe der Hofbiogasanlagen. Gegenüber größeren Anlagen besteht ein wirtschaftlicher Nachteil und die Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Bio-LNG Produktion oder Bio-Methan Einspeisung sind eingeschränkt oder aufgrund der hohen Investitionskosten nicht darstellbar. Die Bio-LNG oder Bio-Methan Produktion wird unter bestimmten Voraussetzungen ab einer Anlagengröße von rund 750 kW interessant.  Durch diese eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten ist der Betrieb der Anlage nach Auslauf der festen Vergütung ungewiss.



Wirtschaftlicher Anlagenbetrieb?

Im Folgenden wird berechnet, ob ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage bei fester Vergütung nach EEG möglich ist. In Tabelle 2 ist die Zusammenfassung einer Betriebszweigabrechnung für eine Biogasanlage dargestellt mit einer Bemessungsleistung von 120 kW, welche auf 150 kW flexibilisiert ist. Eine solche Anlage kann mit dem Mist von 600 Bullenplätzen auf Tretmist und mit anfallenden Futterresten betrieben werden. Die Leistungen wurden nach dem EEG 2021 ermittelt und es wurde ein Wert für den Gärrest angesetzt. Die Direktkosten wurden nach Kennwerten ermittelt. Die Investitionskosten wurden mit 1,5 Mio. € angesetzt. Bei einer Abschreibung auf 15 Jahre, Versicherungskosten von 1 % der Investitionssumme und Zinskosten von 3,5 % ergeben sich jährliche Gebäudekosten von 141 250 €. Dazu wurden weitere 2 500 € Festkosten für Maschinen gerechnet (Radlader für Mistfütterung). Es wird ein Gewinnbeitrag von -13 456 € erzielt. Nach Entlohnung der eigenen Arbeit wird ein Unternehmergewinn von - 31 956 € erzielt.

Nach dieser Kalkulation ist die Investition in eine Hofbiogasanlage nicht wirtschaftlich. Die derzeitigen Bau- und Zinskosten sind zu hoch und werden durch die feste Vergütung nach EEG nicht gedeckt. Unter diesen Bedingungen sollte die Investition trotz der Vorteile nicht durchgeführt werden. Bei geänderten Rahmenbedingungen ist die Investition neu zu bewerten.

Eine andere Möglichkeit ist es, die anfallenden Wirtschaftsdünger an größere Biogasanlagen zu verkaufen. Besonders Biogasanlagen, welche Kraftstoff in Form von Bio-LNG oder Bio-Methan produzieren, sind auf Wirtschaftsdünger angewiesen. Durch den Wirtschaftsdüngereinsatz steigt die Einsparung von CO2 Äquivalenten, wodurch mit dem Handel von CO2 Zertifikaten mehr Geld verdient werden kann. Daher sind diese Biogasanlagenbetreiber bereit, einen hohen Preis für Wirtschaftsdünger zu bezahlen.


Jan Henrik Schumacher,

Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Weitere Informationen

Fazit
  • Ein Tretmiststall mit einer Hofbiogasanlage bietet interessante Vorteile welche zukünftig wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen werden, wie zum Beispiel die Emissionsminderung, ein erhöhter Tierwohlstandard, die Kreislaufwirtschaft und moderne Produktionstechniken
  • Die hohen Bau- und Zinskosten machen die Investition in eine Hofbiogasanlage unwirtschaftlich
  • Eine Investition in einen Bullenmaststall ist mit Risiken verbunden, da das hohe Preisniveau anhalten muss, um die gestiegenen Gebäudekosten zu decken
  • Das Konzept sollte bei geänderten Rahmenbedingungen neu bewertet werden
  • Wirtschaftsdünger können an andere Biogasanlagen verkauft werden, welche über die Kraftstoffproduktion an dem CO2 Zertifikathandel beteiligt sind
  • Nach Auslauf der EEG Vergütung ist eine weitere Nutzung einer Biogasanlage dieser Größe ungewiss, da die Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt sind
  • Die hohen Bau- und Zinskosten und die fehlende Planungssicherheit sprechen gegen die Investition in einen Bullenmaststall mit einer angegliederten Biogasanlage

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