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Strom auch in der Not

16.10.2023

Auf fast allen landwirtschaftlichen Betrieben sind heute elektronische Geräte und Computer zur Steuerung und Überwachung rund um die Uhr in Betrieb. Ein auch nur kurzer Stromausfall bedeutet schon große Schäden. Es ist daher sinnvoll, über ein auf den jeweiligen Betrieb abgestimmtes Konzept nachzudenken und für den Notfall vorzubeugen. Mag man das Risiko eines längerfristigen Stromausfalles für seinen Betrieb auch gering einschätzen - eintreten kann der Fall immer. Und für diesen Fall sollten Sie vorbereitet sein.

Wenn von Notstrom gesprochen wird, versteht man darunter die netzunabhängige Versorgung mit Strom. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der unterbrechungsfreien Stromversorgung und dem Ersatzstrom.

Die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) schützt angeschlossene Systeme vor einem Stromausfall, vor Unter- oder Überspannung, vor Frequenzänderungen und auch Oberschwingungen. USV werden eingesetzt, um kurzfristig einen Stromausfall zu überbrücken und damit angeschlossene empfindliche Geräte, wie Computer und Steuerungssysteme, zu schützen. Dabei werden in der Regel Batteriesysteme eingesetzt, die für mehrere Minuten bis maximal mehrere Stunden die Versorgung von PCs und ähnlichem sicherstellen. In dieser Zeit können dann Daten gesichert und die Systeme sicher heruntergefahren werden. USVs sind also (noch) nicht dazu geeignet, die Stromversorgung eines landwirtschaftlichen Betriebes sicherzustellen, sondern stellen eine Ergänzung zur Notstromversorgung dar.

Mobil oder stationär einsetzbar

Notstromanlagen sind Geräte, die mobil oder stationär eingesetzt werden können. Stationäre Geräte werden fest mit dem Einspeisepunkt verbunden und können automatisch bei einem Stromausfall die Stromversorgung übernehmen. Aufgebaut sind Notstromaggregate aus einem Generator, der den Strom erzeugt, und einer Antriebseinheit, die den Generator antreibt, sowie den notwendigen Kontroll- und Schalteinrichtungen. Zum Antrieb werden Benzin- oder Dieselmotoren verwendet, oder das Aggregat wird durch die Zapfwelle eines Schleppers angetrieben.

Anlagen mit fest angeflanschtem Motor haben den Vorteil, dass sie jederzeit startbereit sind und unabhängig vom Schlepper betrieben werden können. Generatoren mit Benzinmotor sind in der Anschaffung günstiger, verbrauchen aber etwas mehr Kraftstoff als dieselbetriebene Anlagen, doch das spielt bei den geringen Laufzeiten nur eine untergeordnete Rolle. Mittlerweile gibt es auch gute Geräte auf dem Gebrauchtmarkt zu kaufen. Der Vorteil ist: Generator und Motor sind optimal aufeinander abgestimmt.

Neben dem Begriff Notstrom wird auch häufig der Begriff Ersatzstrom verwendet. Als Unterscheidung wird hier unter Notstrom nur die elektrische Leistung eines Gerätes verstanden, um die wichtigsten Aggregate, wie Lüftungsanlage und Wasserpumpe, betriebsbereit zu halten. Mit Ersatzstrom ist die (fast) komplette Versorgung des Betriebes mit Strom möglich. Also könnten damit auch Mühle und Futtermischer oder auch die Güllepumpen betrieben werden. Die Unterscheidung liegt folglich im Wesentlichen in der Leistung der Geräte. In der Landwirtschaft kommen in der Regel Geräte zum Einsatz, die mit dem Schlepper angetrieben werden. Diese Geräte überzeugen aufgrund ihres relativ geringen Preises und des geringen Wartungsaufwandes.


Leistung von Notstromaggregaten

Welche Leistung sollten Notstromaggregate haben? Diese Fragte ist betriebsindividuell zu lösen. Zunächst kann man ermitteln, welche Hausanschlusssicherung im Hausanschlusskasten verbaut ist. Eine 63 Ampere-Sicherung kann mit einer Scheinleistung von rund 43 kVA belastet werden. Dies entspräche dann auch der Größe des Notstromaggregates, denn mehr Strom wird auch aus dem Netz nicht bezogen. Als Faustzahl kann gelten, dass ungefähr zwei Drittel der Amperezahl der Zählersicherung der zu entnehmenden Scheinleistung entsprechen.

Eine zweite Möglichkeit ist es, zu ermitteln, welche Verbraucher unbedingt dauerhaft und gleichzeitig betrieben werden müssen. Hierbei werden die Motorleistungen der Ventilatoren plus der Steuerung, der Fütterungsanlagen, der eventuellen Mahl- und Mischanlagen, der Melktechnik, der Wasserversorgung und der Verbraucher wie Licht, Heizung und des Haushaltes zusammengerechnet. Tierhaltende Betriebe müssen auf jeden Fall alle zur Wasserversorgung notwendigen Einrichtungen, wie Pumpen und Aufbereitung, alle zur Futterversorgung notwendigen Anlagen und alle für die Lüftung notwendigen Komponenten betreiben können. Nicht zu vergessen ist der Strombedarf für Licht, für die Heizungsanlagen und für den Herd in der Küche und für die Gefriertruhe im Vorratsraum. Der gefundene Wert wird mit einem Sicherheitszuschlag von 20 bis 30 % versehen, weil Anlaufströme oder Erweiterungen sonst schnell zu einem Engpass führen. Zudem ist ein größeres Gerät oft nur wenig teurer.

Den Netzbetreiber informieren

Mit dem Kauf des Notstromaggregates allein ist es nicht getan. Die notwendigen Anschlüsse sind von einem Elektrofachmann zu installieren und das Gerät ist in Betrieb zu nehmen. Besser ist, wenn man sich vom Versorgungsnetzbetreiber (VNB) eine Zustimmung einholt. Damit weiß der Netzbetreiber, dass auf ihrem Betrieb eine Ersatzstromanlage betrieben wird, und kann entsprechend reagieren, wenn Arbeiten am Stromnetz durchgeführt werden müssen.

Einsatz vorher testen

Die auf den Typenschildern gefundenen Werte der Elektromotoren entsprechen der Leistungsaufnahme in kW, berichtigt um den Wirkungsgrad. Als Anhaltswert kann als Faktor für den Wirkungsgrad (cos φ) ein Wert von 0,8 angenommen werden. Das heißt, die Summe der aufsummierten Anschlusswerte wird durch 0,8 geteilt und man erhält die notwendige Scheinleistung des Generators in kVA. Die notwendige Schlepperleistung in kW sollte mindestens das Doppelte der Generatorleistung in kVA oder das Dreifache in PS betragen. Zapfwellengeräte sollten mit einer Spannungs- und Frequenzüberwachung ausgestattet sein. Denn nur so kann die richtige Drehzahl des Schleppermotors überwacht werden.

Das Notstromgerät hat zwar keinen Einfluss auf die Motorsteuerung, doch sind gute Geräte auf die Charakteristik des Schleppermotors abgestimmt. Es ist deshalb notwendig, die verfügbaren Schlepper auf dem Hof mit dem Notstromgerät unter verschiedenen Belastungszuständen zu testen, und eine Vorrangliste welcher Schlepper am besten geeignet ist, zu erstellen. Durch den Einsatz verschiedener Vorsatzgetriebe kann das Gerät auf die Motorcharakteristik optimiert werden. Dies hat den Vorteil, dass es bei Lastwechseln nicht zu Schwankungen in der Motordrehzahl und damit der Frequenz kommt. Dies können elektronische Steuergeräte und Computer in der Regel nicht gut vertragen. Zur weiteren Ausstattung gehört ein Amperemeter je Phase, um eine gleiche Belastung der einzelnen Phasen kontrollieren zu können. Trotzdem sollte das Gerät eine gewisse Schieflasttauglichkeit besitzen. Eine Überlastsicherung (Generatorleistungsschalter) schützt das Gerät vor Überlast.

Geräteausstattung im Blick

Ganz wichtig ist der richtige elektrische Anschluss. Der Generator muss über entsprechende Personenschutzeinrichtungen verfügen. Dazu sind zwei Varianten denkbar: Geräte mit einem Fehlerstromschutzschalter (FI oder RCD mit 30 mA) oder Geräte mit Isolationsüberwachung. Bei den Geräten mit Fehlerstromschutzschalter werden bei Netzbetrieb die einzelnen Stromkreise über die Sicherungsautomaten des Hausanschlusses gegen Fehlerstrom abgesichert. An der Sicherung des Notstromaggregates kann die Summe der Fehlerströme eines Betriebes aber schnell höher als die vorgeschriebenen 30 mA sein. Dies kann im Betrieb dann zu Problemen führen. Weil aber die Fehlerstromschutzeinrichtung des Hausanschlusses aktiv sind, kann bei Hauseinspeisung auf einen FI im Notstromgerät verzichtet werden, wenn eine spezielle Steckdose mit verdrehten Anschlüssen für den Notstrombetrieb installiert ist. Alle anderen Steckdosen müssen dann spannungslos sein. An die Anschlussleitung werden dann aber bestimmte Anforderungen gestellt. Sie muss erd- und kurzschlusssicher verlegt sein und eine Mindestqualität (H07 RNF oder gleichwertig) aufweisen.

Werden Notstromanlagen dieser Art im Feld, also abseits der Hauseinspeisung, betrieben, müssen FI-gesicherte Geräte mit einem Erdspieß geerdet werden. Nach Empfehlungen der Berufsgenossenschaften sollte der Staberder mindestens 80 cm tief in die Erde gebracht werden und einen Erdungswiderstand von maximal 800 Ohm erreichen. Eigentlich müsste diese Erdung bei jedem Einsatz von einem Fachmann überprüft werden.

Notstromgeräte mit Isolationsüberwachung brauchen im Feldeinsatz keinen Erdungsspieß. Bei dieser Art der Isolation darf im Feldbetrieb der Sternpunkt nicht geschaltet sein. Es sind also auch wieder eine zweite Sondersteckdose nur für die Hauseinspeisung notwendig sowie ein gegen Fehlbedienung gesicherter Umschalter. Denn bei Hauseinspeisung muss wiederum der Sternpunkt fest mit dem N-Leiter verbunden sein.

Günstiger Einspeisepunkt

Damit die Stromeinspeisung funktioniert, ist ein leicht zugänglicher Einspeisepunkt erforderlich. Der Einspeisepunkt ist der Regel ein entsprechender Stecker, in dem das Kabel vom Generator eingesteckt wird. Sinnvoll ist, dieses Kabel gleich fest zu verdrahten, genauso wie bei Zapfwellengeräten eine Zapfwelle direkt angebaut sein sollte. Dann sind Anschlusskabel und Zapfwelle im Falle des Falles auch nicht anderweitig in Gebrauch und sofort verfügbar.

Der Einspeisepunkt ist mit dem notwendigen Netztrennschalter verbunden. Der Netztrennschalter ist ein Gerät, mit dem das Haus- oder betriebliche Stromnetz allpolig vom Versorgungsnetz getrennt und dann auf das Ersatzstromgerät umgeschaltet wird. Vom Netztrennschalter wird die Versorgung des Betriebes über die Hauptverteilung des Betriebes vorgenommen. Zur Sicherstellung des Notstrombetriebes ist natürlich ein betriebsbereites Gerät notwendig. Und der Betrieb des Notstromgerätes sollte geübt sein. Dazu empfiehlt sich ein monatlicher Probelauf unter Realbedingungen. Dabei sollte der Betrieb für mindestens eine Stunde auf Notstrom umgestellt werden. Es sollte bei der Erstinbetriebnahme eines Notstromgerätes auch überprüft werden, wie sich die Frequenzumrichter verhalten. Nicht immer funktioniert das problemlos. Eventuell müssen die Frequenzumrichter mit einem Schalter überbrückt werden. Auf jeden Fall sollte der Hofelektriker bei der Erstinbetriebnahme dabei sein.


Schrittweise Inbetriebnahme

Um das Notstromgerät in Betrieb zu nehmen, muss sich der Betriebsleiter eine feste Vorgehensweise überlegen. Das Erstellen eines Notfallplanes ist sinnvoll, bei Betrieben mit Mitarbeitern notwendig.

Vorgehensweise: Das Notstromgerät muss einen festen Stand auf dem Boden haben und festgeschraubt oder mit dem Schlepper gekoppelt sein. Die Zapfwelle möglichst gerade ausrichten. Dann das Gerät in Betrieb nehmen und kurz warmlaufen lassen. Anschließend die notwendige Drehzahl auf 50 Hertz einregeln. Vor dem Umschalten des Netztrennschalters sind alle Sicherungen der einzelnen Stromkreise auszuschalten. Danach wird auf Notstrom umgeschaltet und anschließend die Sicherungen langsam nacheinander Stromkreis für Stromkreis wieder eingeschaltet. Mit den Sicherungen beginnen, die die größte Last verursachen. An den Anzeigeinstrumenten überprüfen, ob die Frequenz bei etwa 50 Hertz und die Spannung bei gut 400 Volt liegt. Ist das nicht der Fall, die Last entsprechend verringern, oder einen anderen Schlepper verwenden. Wird einfach nachgeregelt, also die Drehzahl des Schleppers verändert, besteht die Gefahr der Überspannung, wenn ein Verbraucher abgeschaltet wird. Danach kontrollieren, ob alle Verbraucher auch funktionieren. Nach Rückkehr des Stromes aus dem Versorgungsnetz sollte zunächst noch ein paar Minuten gewartet werden, bevor vom Ersatzstrom auf das allgemeine Versorgungsnetz zurückgeschaltet wird. In der Regel dauert es ein wenig, bis auch das allgemeine Netz sich wieder auf eine stabile Frequenz eingeregelt hat, weil eine Vielzahl von Verbrauchern gleichzeitig wieder Strom abnehmen. Zur Rückkehr zum allgemeinen Stromnetz umgekehrt wie bei der Inbetriebnahme verfahren.


Bernhard Feller,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Notstrom ist förderfähig

Seit dem 17. März 2023 können Fördermittel für Anlagen zur Sicherung einer Notstromversorgung über die Förderung von speziellen Investitionen zur Verbesserung des Tierwohls, der Tiergesundheit und der Energiesicherheit in landwirtschaftlichen Unternehmen beantragt werden. Weitere Infos gibt es hier.

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