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Gut vorbereitet auf die Weide

14.03.2024

Ein optimaler Weidestart gelingt am besten mit einer stundenweisen Beweidung unmittelbar nach Vegetationsbeginn, wenn die Weideflächen gut abgetrocknet und tragfähig sind. Diese Bedingungen haben in diesem Frühjahr auf sich warten lassen, dürften aber nun endlich gegeben sein. 

Der frühe und stetige Verbiss und Viehtritt fördern wertvolle ausläuferbildende Grünlandpflanzen, wie Wiesenrispe, Deutsches Weidelgras und Weißklee, die zu einer dichten und ertragsfähigen Grasnarbe beitragen. Sehr frühe Gräser, wie der Wiesenfuchsschwanz, und unerwünschte Kräuter werden durch eine frühe Beweidung zurückgedrängt. So reagieren zum Beispiel Wiesenkerbel, Wiesenbärenklau und Gemeine Rispe sehr empfindlich auf den Tritt der Rinder und werden durch konsequente Beweidung im Frühjahr zurückgedrängt. Unerwünschte Grünlandpflanzen, wie der scharfe Hahnenfuß und auch Ampfer, werden bei frühem Weidebeginn von den Weidetieren noch nicht selektiert, sondern gefressen und somit durch eine konsequente Frühjahrsweide bekämpft.

Vorweide vor maschineller Pflege

Das frühe Überweiden setzt zwar eine ausreichende Abtrocknung der Flächen voraus, gleichwohl ist die Weidenutzung eher möglich als das Befahren mit schwerem Gerät. Die maschinelle Frühjahrsweidepflege mit Schleppen, Striegeln, Walzen und Nachsaat, erfolgt während oder nach der Vorweide; in dem Zuge werden die Kotfladen auf geplanten Schnittflächen für den gewünschten Rotteprozess gleichmäßig verteilt.

Gezielte Nachsaat

Auf Weideflächen mit Maulwurfshaufen und lückigen Narben passt eine gezielte Nach- oder Übersaat perfekt in die Zeit der Vorweide, denn die weidenden Kühe und Rinder halten den bestehenden konkurrierenden Weideaufwuchs kurz. Die Nachsaat, idealerweise eine Qualitätsstandardmischung GV mit oder ohne Weißklee, kann zügig keimen und sich etablieren. So verwandeln sich unbefriedigende Bestände erstaunlich schnell in dichte und ertragreiche Weiden, wenn kein Wasser fehlt. Natürlich ist es ratsam, möglichst alle Weiden von der Vorweide profitieren zu lassen.

Weidedauer definieren

Es wird unterschieden zwischen Stunden- und Siestaweide, Halbtags- und Ganztags- oder Vollweide. Betriebe mit wenigen Weideflächen in Stallnähe setzen meist auf die Bewegungs- oder Joggingweide. Bei dieser Weideform spielt die Futteraufnahme auf der Weide nur eine untergeordnete Rolle. Die Tiere werden im Stall bedarfsgerecht gefüttert und die Weidestunden pro Tag werden bewusst eingeschränkt. Nach Möglichkeit sollte in der Weideperiode zumindest einmal eine Weideruhe mit Zwischennutzung angestrebt werden. Dafür wird eine Alternativweidefläche benötigt. Mehr Weidefläche wird bei der Stunden- oder Siesta- und Halbtagsweide benötigt. Bei Siesta-Weidehaltung sollten die Kühe und Rinder vor allem zum Fressen während der Morgen- und Abendstunden auf der Weide sein, da während dieser Tageszeiten die effizientesten Weidefutteraufnahmen erfolgen. Stunden- und Siesta-Weidebetriebe füttern im Stall die übliche Grundfutterration weiter und reduzieren das Kraftfutter. In wüchsigen Weidephasen kann auf die Eiweißergänzung verzichtet werden. Bei Ganztags- oder Vollweide ist der Weideflächenbedarf hoch und die Einzeltierleistung begrenzt, dafür braucht man nur wenig oder kein Ergänzungsfutter im Stall.

Weidesystem wählen

Jedes Weidesystem - Kurzrasenweide, Umtriebs- oder Koppelweide und Portionsweide - hat Vor- und Nachteile. Bei Kurzrasenweide ist die Weide nicht oder in wenige Koppeln unterteilt. Die Fläche ist praktisch über die gesamte Weidesaison besetzt; Ruhezeiten dauern nie länger als wenige Tage. Es muss so viel nachwachsen, wie die Tiere täglich fressen. Die mittlere Aufwuchshöhe liegt bei 5 bis 7 cm, Flächengröße oder der Tierbesatz müssen in der Weidesaison je nach Witterung und Aufwuchsvermögen angepasst werden. Die Kurzrasenweide ist eine sehr intensive Form der Beweidung und besonders für Gunstlagen in wüchsigen Weidephasen geeignet. Unter Vollweide- oder Ganztagsweidebedingungen sind die Tiere sehr ruhig und der Arbeitsaufwand ist gering. Erfolgt eine Zufütterung im Stall, besteht die Herausforderung darin, den Weidetierbesatz den Weidezuwächsen anzupassen, um Weideverluste zu minimieren.

In Trockenphasen ist die Koppelweide oder Umtriebsweide günstiger zu bewerten. Hier wird die Weidefläche unterteilt und eine Koppel nach der anderen für drei Tage bis zu einer Woche beweidet. Die tief abgeweideten Koppeln mit einer Rest-Aufwuchshöhe von nur 4 bis 5 cm werden nach einer konsequenten Ruhephase erst wieder bei einer höheren Wuchshöhe bestoßen. Die Weideruhedauer liegt bei mehreren Wochen. Im Jahresverlauf schwankt daher die Anzahl der benötigten Koppeln. Das Blährisiko und der Arbeits- und Materialaufwand sind beim Koppelsystem höher, dafür ist dieses System besser steuerbar, der Ertrag sicherer und Trockenphasen können besser überbrückt werden.

Im Frühling wird ein gleitender Übergang von Kurzrasen- auf Umtriebs-Koppelweide empfohlen. Ebenso bei der Weidestrategie des Mob Grazing, die eine besondere Resilienz bei Trockenheit erwarten lässt, wird mit kurzen Bestoß-Zeiten und langen Ruhephasen auf begrenzten Weidearealen agiert, in denen die Weidetiere nicht selektieren und Weidereste für den Bodenschutz und die Förderung des Bodenlebens und den Humusaufbau samt Kohlenstoffspeicherung systembedingt erwünscht sind. Bei Portionsweidehaltung wird den Tieren ein- bis zweimal täglich ein neuer Streifen zugeteilt. Wichtig ist, dass abgeweidete Streifen nach Nutzung abgezäunt werden. In Regenperioden oder bei ungünstigen Boden- und Pflanzenverhältnissen sollte wegen der Trittschäden auf die Portionsweide eher verzichtet werden.

Nachsaat und Rekultivierung

Bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes einer Nachsaat ist guter Rat teuer. Es gilt die Regel „egal wann, aber feucht muss es sein“, wobei die Feuchtigkeit bis etwa drei Wochen nach der Saat halten sollte. Außerdem sollte es drei bis fünf Wochen nach der Saat keinen Frost geben, wodurch der Saatzeitpunkt nicht zu früh gewählt werden darf. Weideflächen der Kurzrasenweide können bei wüchsiger Witterungslage das ganze Jahr über nachgesät werden, da die Bestände kurzgehalten werden und die Sämlinge sich dann ideal etablieren können. Bei großflächiger Koppel-Beweidung teilen sich die Tiere auf der Fläche auf und vertreten im Verhältnis wenige Pflanzen, daher kann die Nachsaat während der gesamten Weidesaison, besonders gut auch unter Vorweidebedingungen, erfolgen. Wichtig ist, dass die junge Saat nicht im Aufwuchs der Altnarbe erstickt.

Düngung beachten

Die größten Düngermengen geben die Weidetiere selbst über Kot und Harn auf die Weideflächen. Die Herde sollte sich daher möglichst gleichmäßig auf den Weiden verteilen. Steuern kann man das über die Lage der Wasser- und Eintriebsstellen sowie über Zwischenzäune. Dünger benötigen nur jene Bereiche, wo weniger Kot und Harn anfallen. Dazu kann gut verdünnte Gülle eine Woche vor Weidebeginn im Frühjahr, bei Bedarf im Sommer vor Regenperioden oder im Herbst nach der Weidesaison dünn ausgebracht werden. Mistkompost oder Rottemist sollte am besten im Herbst nach der Beweidung mit 10 bis 15 m³/ha eingesetzt werden.

Erst bei ansteigenden Temperaturen im Frühjahr, wenn die Böden sich erwärmen, beginnen Mineralisierung und Wachstum. Ein Grünlandaufwuchs benötigt je nach Ertragslage, Standort, Pflanzenbestand - kleereich: weniger, grasbetont: mehr - und Nutzungsintensität zwischen 30 und 60 kg N/ha. Da die Stickstofffixierleistung der Leguminosen sowie die N-Freisetzung aus der organischen Masse im Boden im Frühjahr noch gehemmt ist, ist der Bedarf des ersten Aufwuchses im Jahr am höchsten. Dennoch sollte die Güllemenge, je nach Verdünnungsgrad, die 15 bis 20 m³/ha nicht überschreiten, da es ansonsten zu Nährstoffverlagerungen kommen kann, die wiederum unerwünschte Arten wie den Ampfer fördern.

Kontinuierliche Futtergewöhnung

Die Energie- und Eiweißgehalte sind im Frühjahrsaufwuchs sehr hoch. Je höher der Weide- oder Grünfutteranteil in der Ration und je besser die Weidefutterqualität, desto weniger Kraftfutter muss ergänzt werden. Eine kontinuierliche Futtergewöhnung ist daher gut für Tiergesundheit und Leistung: Zunächst unter Vorweidebedingungen, verteilt sich ein relativ geringer Tierbesatz stundenweise großflächig auf den Weiden. Dabei bringt die Vorweide zwar noch keine großen Futtermengen, aber die Fütterungsumstellung verläuft kontinuierlich, da die Kühe im Stall noch mit der Winterfutterration versorgt werden. Die Tiere fressen die ersten jungen Gras- und Krauttriebe auf der Weide zusätzlich. Nicht nur in dieser Phase der gleitenden Futterumstellung geben die Kühe erfahrungsgemäß mehr Milch. Wissenschaftliche Versuche aus Irland bescheinigen der Grasnarbe während und nach der Vorweide eine höhere Dichte und Qualität: So fraßen die Tiere während dieser Zeit insgesamt mehr Trockenmasse, was die Milchleistung aus Weideaufwuchs signifikant steigert. Zudem enthielt der Aufwuchs nach der Vorweide mehr Rohprotein und war besser verdaulich.

Die Umstellung von der Winterfütterung auf die Frühjahrsweide bedeutet außerdem eine deutliche Veränderung der Futterzusammensetzung. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Weideübergangsfütterung zeigen, dass die Vormägen der Wiederkäuer mit ihren Pansenmikroben Zeit benötigen, um sich optimal an den Rationswechsel zu gewöhnen. Der zeitige Weideaustrieb bietet den Wiederkäuern eine sanfte Futterumstellung, da Graswachstum, Weidezeiten und Weidefutteraufnahme im Laufe des Frühjahrs kontinuierlich ansteigen. Der Pansen und die darin lebenden Mikroorganismen können sich zunehmend auf den Futterwechsel einstellen. So wird mit der zeitigen Überweidung automatisch eine kontinuierliche Anpassung des Wiederkäuers oder der Pansenmikroben an das hoch verdauliche energiereiche Weidefutter im Frühjahr erzielt.

Zunächst sollten die Kühe noch im Stall gesättigt auf die Stundenweide gehen, und zwar eine bis drei Stunden/Tag zwei bis drei Kühe/ha. Später, bei ansteigenden Zuwächsen auf der Frühjahrsweide, wird das Futterangebot im Stall reduziert und die Weidezeit ausgedehnt. Auf diese Weise erfolgt eine schonende Fütterungsumstellung von der Winterstallfütterung hin zur Weidefutteraufnahme. Wenn das Weidegrasangebot dann nach wenigen Wochen voll einsetzt, haben sich sowohl Wiederkäuer als auch Pansen auf die Weide umgestellt und damit kann das Weidefutter optimal verwertet und in Milchleistung umgesetzt werden. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ermöglichen die begrenzte Weidedauer und der noch spärlich vorhandene Aufwuchs während der Vorweidezeit einen fließenden Übergang von der meist stärkereichen (Maissilage, Kraftfutter) Winterration zur Weidefutterration mit Gräsern, Leguminosen (Weißklee) und Kräutern (Löwenzahn). Aufgrund der höheren Zuckergehalte im Frischgras gegenüber Silagen ist zu empfehlen, den Kraftfutteranteil, besonders den Anteil an leichtlöslichen Kohlehydraten aus Getreide, zu reduzieren. Dadurch kann einer möglichen Pansenübersäuerung und einer Pansenblähung entgegengewirkt werden. Steigt der Harnstoffgehalt in der Tankmilch, ist auch die Anpassung des Milchleistungsfutters vorzunehmen.


Anne Verhoeven,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Tiergesundheit im Fokus

Ein zeitiger Weidebeginn im Frühling hilft den Wiederkäuern, sich an die Weide anzupassen. Eine Versorgung mit sauberem Wasser ist immer wichtig; bei Hitze benötigen die Tiere viel Wasser und natürlich Schattenplätze. Die Gefahr der Weidetetanie, bei der die Tiere Krampferscheinungen zeigen und festliegen, besteht, wenn die Magnesiumaufnahme zu gering ist. Ein moderater Weidestart ist auch vor diesem Hintergrund anzustreben, zusätzlich kann eine gezielte Magnesiumergänzung notwendig sein. Blähungen sollten vermieden werden. Die schaumige Gärung tritt dann ein, wenn rohfaserarme und stark wasserhaltige Futtermittel bei der Aufnahme nicht genügend eingespeichelt werden. Besonders gefährlich sind Weiden mit hohen Leguminosen-/Kleeanteilen vor der Blüte, frostige Frühjahrs- oder Herbstweiden sowie hastiges Fressen und auch Fallobst im Spätsommer.

Speziell bei Jungtieren oder bei Weideeinstieg mit älteren Tieren ist die Parasitenkontrolle wichtig. Schlechte Leistungen, struppiges Haarkleid, blutige Durchfälle, Nasenausfluss, Husten und Lungenentzündungen können von Parasiten ausgelöst werden.

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