Unter den Weidelgräsern ist das Einjährige Weidelgras die kurzlebigste Art. Sie unterscheidet sich von den langlebigeren Formen durch die fehlende Winterhärte und durch die Schoßbereitschaft ohne Kältebedürfnis. Dieses "Sommergras" ist nur in relativ milden Wintern beständig, so dass es unter unseren Verhältnissen ausschließlich im Ansaatjahr zu nutzen ist. Wintert das Gras nicht aus, ist auch noch ein Frühjahrsschnitt möglich.
Beim Einjährigen Weidelgras sind die verschiedenen Sortentypen zu unterscheiden. Für den Zwischenfruchtanbau sind die einschnittigen Sortentypen geeignet, die vor allem zum ersten Aufwuchs hohe Erträge bringen. Dagegen werden für den Hauptfruchtanbau mit Frühjahrsansaat die mehrschnittigen Sortentypen genutzt, bei denen der Ertrag der Folgeaufwüchse stärker ausgeglichenen sind.
Als sommerannuelle Art reagiert das Einjährige Weidelgras sehr stark auf unterschiedliche Tageslichtlängen. Daher sollten die Zusammenhänge von Saatzeit und Sortenwahl unbedingt beachten werden. Im Grundsatz gilt: Je länger der Tag, desto schneller kommt das Einjährige Weidelgras nach der Keimung zum Schossen. Das Ertragspotenzial über die vegetative Blattmasse kann daher unter Langtagbedingung nicht hinreichend ausgeschöpft werden. Soll beispielsweise nach einer Getreide-GPS Mitte Juni Einjähriges Weidelgras als Zweitfrucht angesät werden, so sind bestenfalls sehr späte, mehrschnittige Sortentypen zu empfehlen. Grundsätzlich sollten von Ende Mai bis zum 15. Juli keine sehr frühen Sorten gesät werden. Danach gibt es für die frühen, einschnittigen Sorten keine Einschränkung. Da die frühen Sortentypen schneller schossen, bieten sie bereits acht Wochen nach der Ansaat einen gut silierbaren, strukturreichen Aufwuchs. Späte Sortentypen gehen dagegen nicht so schnell in die generative Phase und bilden weniger Halme oder relativ mehr Blattmasse. Sie sind daher strukturärmer und energiereicher.
Die zu empfehlende Anbauzeit des Einjährigen Weidelgrases endet spätestens Mitte August; und hier bestenfalls noch sehr frühe, einschnittige Typen. Die Ertragsleistungen gehen ab diesem Zeitpunkt deutlich zurück, sodass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Ansaaten ab der dritten Augustdekade keinen Sinn mehr machen. Die Erträge gehen dann meist über 15 dt/ha TM nicht hinaus. Nur bei sehr frühen Ansaaten Ende Juni / Anfang Juli sind bei guter Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit zwei Schnitte möglich. Dabei ist ein ertragsstarker Aufwuchs von 30 bis 35 dt/ha TM nach etwa acht Wochen zu realisieren. Mit einem zweiten Herbstschnitt können weitere 15 bis 20 dt/ha eingefahren werden. Auch eine Herbstbeweidung kann sehr effizient sein. Erfolgt die Aussaat Ende Juli / Anfang August, ist im Ansaatjahr meist nur ein Schnitt von 35 bis 45 dt/ha und gegebenenfalls eine Nachweide im Spätherbst möglich.
Frühe, einschnittige Sorten sind primär für den Sommerzwischenfruchtanbau gezüchtet und geprüft, während späte Sortentypen des Einjährigen Weidelgrases vor allem auch für den mehrschnittigen Hauptfruchtanbau (z.B. QSM A 6) geeignet sind.
Aktuelle Sortenempfehlungen der Landwirtschaftskammer NRW finden Sie hier.
Hubert Kivelitz,
Landwirtschaftskammer NRW