Vor dem Hintergrund der überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen während der Vegetationsperiode waren die Grünlanderträge und Futterqualitäten in diesem Jahr sehr zufriedenstellend. Daher konnten auch noch bis Ende der ersten Oktoberdekade hohe Grünlanderträge geerntet und anschließend vor der Sperrfrist auf Intensivschnittgrünland mit besten Narben und aufnahmefähigen Böden Herbstgülle ausgebracht werden.
Derzeit präsentieren sich die Grünlandbestände insgesamt sehr gut, allerdings unterscheiden sie sich teils deutlich in der Wuchshöhe. Je nach Termin des letzten Schnittes oder Weidegangs und auch der Herbstgülleausbringung variieren diese zwischen 10 bis 25 cm mittlerer Aufwuchshöhe. Die angestrebte Wuchshöhe vor dem Winter sollte bei 8 bis 10 cm liegen. Bei kurzen Grasnarben wird die Fläche zum einen unattraktiver für Mäuse wegen der fehlenden Deckung. Zum anderen ist auch bei länger anhaltender Schneebedeckung die Entwicklung von starken Schneeschimmelkalamitäten relativ gering. Dadurch kommen die Grasnarben vitaler durch den Winter und starten im kommenden Frühjahr früher, schneller und homogener mit der Vegetation.
Vor dem Hintergrund der zum Teil stark überwachsenen und dichten Grünlandnarben stellen sich derzeit viele Betriebsleiter die Frage, wie solche Bestände zu managen sind, um die beschriebenen Risiken zu minimieren oder wie die vermeintlichen Risiken zu einzuschätzen sind.
Problematisch ist aktuell die vielerorts nahezu vollständige Bodensättigung mit Wasser, wodurch eine bodenschonende Befahrung nicht gegeben ist. Diese Situation wird sich in den nächsten Tagen auch nicht ändern, da landesweit weitere Niederschläge prognostiziert werden. Mögliche Optionen sind daher aktuell wie folgt einzuschätzen:
Da sich die Grünlandschläge und deren Aufwüchse überall sehr unterschiedlich präsentieren, können derzeit keine pauschalen Empfehlungen gegeben werden, mit der alle Eventualitäten und Situationen abdeckt werden. Letztlich wird man Kompromisse eingehen müssen. In der aktuellen Situation, bei sehr nassen Flächen in Niederungs- und Mittelgebirgslagen, kann derzeit nur zur Option des Abwartens geraten werden, um Bodenschäden zu vermeiden. Bei milder, feuchter Winterwitterung sind die Nachteile üppiger Aufwüchse überschaubar. Nachhaltige Bodenschäden durch Befahrung oder Beweidung mit Rindern verursachen dagegen deutlich größere Probleme. Die gilt es unbedingt zu vermeiden. Die Grünlandbestände werden sich in den nächsten Wochen zunehmend legen und zusammenbrechen. Die Blätter werden über Winter absterben und bis zum ersten Schnitt verrottet sein. Die Belastung mit Keimen und Pilzsporen ist dann zu diesem Zeitpunkt als gering einzuschätzen.
Treten während des Winters starke Kahlfröste und/oder langanhaltende Schneebedeckung auf, ist mit Auswinterungsschäden und Lückenbildung der Grünlandnarben zu rechnen. Lücken sollte man im Frühjahr durch Nachsaaten schließen. Grundsätzlich zeigen die gängigen Kulturgräser aber auch nach ungünstigen Bedingungen, wie sie derzeit vorherrschen, ein hohes Regenerationsvermögen. Bei überständigen Grünlandbeständen vor Winter wird die Entwicklung der Gräser im Frühjahr allerdings einige Tage länger benötigen als bei kurzen Beständen. Das Grünland sollte im zeitigen Frühjahr auf jeden Fall geschleppt werden, sofern kein starker Schneeschimmelbefall vorherrscht (Verschleppungsrisiko). Ob der Einsatz des Grünlandstriegelns im Frühjahr Sinn macht, muss schlagspezifisch beurteilt werden. Dies hängt vom Verrottungszustand der abgestorbenen Blätter ab. Eine frühzeitige mineralische N-Düngung fördert auf jeden Fall ein zügiges Überwachsen durch die Mulchschicht aus abgestorbenen Grünlandpflanzen.
Martin Hoppe und Hubert Kivelitz,
Landwirtschaftskammer NRW