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Führt weniger Kraftfutter zu mehr Erfolg?

27.01.2023

Die Bioland-Fachberatung hat in einer Stichprobe Betriebe mit unterschiedlich intensivem Kraftfuttereinsatz verglichen. Ob Biolandwirte und Landwirtinnen sich eine Grenze setzen, ist eher eine ethische Frage. Angesichts der aktuellen Marktlage überlegen dennoch immer mehr Bio-Milchviehhalter, welches das passende Intensitätsniveau für ihren Betrieb ist.

Kraftfutter ist knapp und teuer geworden. Unter den Mitgliedern im Bioland-Verband wird schon länger darüber diskutiert, ob die Menge an Raufutter in der Ration der Rinder erhöht werden soll. Derzeit müssen 60 % der Trockenmasse bezogen auf die Tagesration aus Raufutter bestehen. Es zeigt sich aber, dass es möglich ist, weniger Kraftfutter zu füttern.

93 Betriebe im Blick

Für das Wirtschaftsjahr 2019/2020 wurden für 93 Bio-Milchviehbetriebe in Deutschland Vollkostenrechnungen erstellt und in dieser Untersuchung ausgewertet. Die Daten wurden von Bioland, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft erhoben. Die Betriebe wurden in zwei Gruppen unterteilt: Eine Gruppe (16 Betriebe) mit weniger als 150 g Energiefutter pro kg ECM (EF reduziert) und die andere Gruppe (77 Betriebe) mit mehr als 150 g Energiefutter pro kg ECM (andere Betriebe). Die Daten der Betriebe, die überwiegend unter Dach getrocknetes Heu verfüttern, sind nicht in die Auswertung eingeflossen, sondern werden in einer zukünftigen Auswertung betrachtet. Als Rau- oder Grobfutter wurden Weide, Frischgras, Grassilage, Heu und Ganzpflanzensilage (Mais, Getreide, Gemenge) eingeordnet. Als Energiefutter wurden die Kraftfutterkomponenten, wie Milchleistungsfutter, Getreide, Leguminosen oder Presskuchen, die Saftfutter, wie Trester, Pülpe, Kartoffeln oder Gemüse, sowie Gras- und Luzernecobs gewertet. Kraftfuttermengen werden in Frischmasse und vereinheitlicht in Energiestufe 3 angegeben.

Die untersuchten Betriebe stammen fast ausschließlich aus West-Deutschland. Im Mittel wurden von der Gruppe EF reduziert 67 ha Grünland (andere Betriebe: 83 ha) und 47 ha Ackerland (andere Betriebe: 66 ha) bewirtschaftet. Die Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen der Gruppe EF reduziert halten 33 Milchkühe* (Hinweis der Reaktion: In den mit * markierten Kennzahlen besteht ein signifikanter Unterschied zwischen den Betriebsgruppen) weniger als die anderen Betriebe (EF reduziert: 69 Milchkühe, andere Betriebe: 102 Milchkühe), siehe dazu die obenstehende Grafik.

In 56 % der Betriebe, die weniger Energiefutter einsetzen, wurden Milch-Rassen (Holstein-Schwarzbunt und Rotbunt, Braunvieh, Angler, Kreuzung Milch X Milch) gehalten, während dies in 71 % der anderen Betriebe der Fall ist. Außerdem wird von den Betrieben der Gruppe EF reduziert 12,4 dt weniger Energiefutter* je Kuh und Jahr eingesetzt (EF reduziert: 6,7 dt/Kuh, andere Betriebe: 19,1 dt/Kuh). In der Folge geben die Milchkühe der Gruppe EF reduziert im Jahr 1 500 kg/Kuh weniger ECM* (EF reduziert: 5 845 kg/Kuh, andere B: 7 349 kg/Kuh) - trotzdem werden nur 114 g Energiefutter je kg ECM aufgewendet (ECM = Energiekorrigierte Milch).


Flächeneffizienz und Grobfutterleistung

Im Mittel benötigen die Betriebe beider Gruppen die gleiche Fläche zur Erzeugung der eigenen Grobfuttermittel (0,8 ha Hauptfutterfläche (HFF) je Kuh). Die produzierte Milchmenge je ha Hauptfutterfläche ist entsprechend unterschiedlich in den beiden Gruppen. Die EF-reduzierten-Betriebe ermelken 7 380 kg ECM/ha HFF* und die anderen Betriebe 10 129 kg ECM/ha HFF*. Wird bei der Berechnung der Flächeneffizienz die für die Erzeugung der Energiefutter benötigte Fläche berücksichtigt, ergibt sich ein anderes Bild - und zwar je nach geschätztem Energiefutterertrag. Unterstellt man einen Energiefutterertrag von 30 dt/ha, benötigen die EF-reduzierten-Betriebe 0,4 ha Futterfläche* weniger als die anderen Betriebe. Bei einem unterstellten Ertrag von 45 dt/ha benötigen sie 0,3 ha Futterfläche* weniger Fläche. Die Milchmenge je ha Futterfläche ist dann annähernd gleich in den beiden Betriebsgruppen. Siehe zur Flächeneffizienz die Tabelle 1.

Die rechnerische Grobfutterleistung* bei kraftfutterreduzierter Fütterung ist 1 300 kg höher, mit der Annahme, dass aus 1 kg Energiefutter 2 kg ECM gebildet werden. Wird lediglich eine Milchbildung von 1 kg ECM je kg Energiefutter unterstellt, ergibt sich eine tendenziell höhere Grobfutterleistung in der Gruppe der anderen Betriebe (241 kg ECM).

Der Anteil an Grünland oder Ackerfutter an der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist in beiden Betriebsgruppen gleich. Auffällig ist der Unterschied in der Nutzung der zur Verfügung stehenden Hauptfutterfläche: Die EF-reduzierten-Betriebe setzen zu 42 % Weide oder Frischgras als Grobfutter* ein, die anderen Betriebe lediglich 29 %. Durch eine effiziente Gestaltung der Weidwirtschaft oder der Frischgrasfütterung lässt sich offensichtlich der Kraftfutteraufwand deutlich reduzieren.


Höherer Milchpreis erforderlich

Die EF-reduzierten-Betriebe benötigen einen um 10 % höheren vollkostendeckenden Milchpreis* als die anderen Betriebe. Wird der Cashflow je kg Milch* betrachtet, sind die EF-reduzierten-Betriebe im Vorteil gegenüber den anderen Betrieben. Somit erscheint die Milchviehhaltung mit weniger Kraftfutter eher für Betriebe mit viel eigener Fläche, wenigen Fremdarbeitskräften und wenig Fremdkapital geeignet. In Bezug auf die Milchkuh oder die eigene Hauptfutterfläche gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Betriebsgruppen.

Für die weiteren Betrachtungen werden nur die Betriebe mit 40 bis 100 Milchkühen herangezogen, um den betriebswirtschaftlichen Effekt der Betriebsgröße möglichst gering zu halten. Die Ergebnisse werden in €/Kuh dargestellt, weil nicht die Milchquote, sondern die Stallplätze und die Grobfutterfläche die begrenzenden Faktoren darstellen. Die Differenz der Kosten zwischen beiden Gruppen ist in Tabelle 2 dargestellt.

Der Milcherlös in der Gruppe der EF-reduzierten-Betriebe ist um 521 €/Kuh geringer als bei den anderen Betrieben, bedingt durch die geringere Einzeltierleistung. Der niedrigere Erlös wird weitestgehend durch die um 474 €/Kuh geringeren Kosten für die eingesetzten Kraft-, Saft- und Grobfutterkosten kompensiert. Insgesamt entstehen auf den EF-reduzierten-Betrieben 582 €/Kuh geringere Direktkosten. Daraus ergibt sich eine um 66 €/Kuh höhere direktkostenfreie Leistung bei den EF-reduzierten-Betrieben. Die weiteren Kosten für Arbeit, Technik auf dem Hof, Gebäude und Allgemeines dürften sich bei unterschiedlicher Kraftfutterintensität eigentlich nicht unterscheiden. Bei den ausgewerteten Betrieben ist dies jedoch der Fall. Da die EF-reduzierten-Betriebe höhere Personalkosten und Mechanisierungskosten je Kuh haben, fällt das mittlere kalkulatorische Betriebszweigergebnis der EF-reduzierten-Betriebe um 184 €/Kuh geringer aus.


Fazit

Man kann das so machen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine kraftfutterreduzierte Fütterung auch mit Milchrassen möglich ist. Trotz geringerer Einzeltierleistungen ist die Milchproduktion je ha Futterfläche ähnlich hoch. Eine betriebliche Voraussetzung für die Umsetzung einer kraftfutterreduzierten Fütterungsstrategie scheint die Möglichkeit von viel Weidegang für die Milchkühe zu sein. Eine Reduktion des Kraftfutters und damit einhergehende geringerer Milchleistung hat für die ausgewerteten Betriebe in Bezug auf die direktkostenfreie Leistung keinen wirtschaftlichen Nachteil.

Aber: Sie schneiden ökonomisch tendenziell schlechter ab, wenn man auch alle kalkulatorischen Kosten in der Vollkostenrechnung berücksichtigt. Entsprechend des Auswertung wäre ein um 10 % höherer Milchpreis erforderlich, um die Vollkosten zu decken.


Dr. Otto Volling und Sören Binder,

Bioland e.V.

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