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Bioland-Tagung: Schwerpunkt Bioschweine

11.03.2024

Über zwei Tage bot die Bioland Schweine-Tagung am 20. und 21. Februar in Fulda wieder ein buntgefächertes Programm zu Fütterung, Stallbau und Vermarktung. 

Peter Roehrig, geschäftsführender Vorstand des Bunds ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), ging auf die Umsatzentwicklung in der Biobranche ein. „Nach einer schwierigen, durch Krisen gekennzeichneten Zeit ist der Umsatz mit Bio-Produkten 2023 wieder um 5 % gestiegen, wobei die Preissteigerung dabei deutlich niedriger gewesen ist als bei konventionellen Lebensmitteln mit 9 %. Mittlerweile werden 14,6 % der Höfe in Deutschland biologisch bewirtschaftet und damit knapp 2 Mio. ha“, freute sich Röhrig. Mit der „Bio-Strategie 2030“ unterstreiche die Bundesregierung ihre hohen Ambitionen und setze dabei unter anderem auf mehr Bio-Produkte im Außer-Haus-Verzehr. Vieles sei jedoch unterfinanziert. „Schließlich liefern wir das, was die Gesellschaft will“, betonte Röhrig. Die Förderung des Umbaus der Tierhaltung bewertete er positiv, wenngleich bei begrenzten Mitteln das Risiko bestehe, dass es geförderte und ungeförderte Betriebe geben wird. Kritisch sieht Röhrig hingegen die GAP 2023, bei der Biobetriebe deutlich mehr Vorgaben einhalten müssten also zuvor.

Tiergesundheit und ASP im Blick

„Tiergesundheit - eine Frage der Haltung?“ lautete der Titel des Vortrages von Stefan Wesselmann, Tierarzt aus Hohenlohe. Als Tierhalter sollte man nicht nur die Gesetze befolgen, sondern den Tieren gegenüber auch Empathie zeigen. „Bei der Stallplanung ist die Tiergesundheit in den Vordergrund zu stellen, zum Beispiel, wie Infektionsketten unterbrochen werden können und ob ausreichend Kranken- und Genesungsbuchten eingeplant sind“, hob Wesselmann hervor. Die Haltung sollte abgeleitet aus dem Qualitätsmanagement einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterliegen. „Kranke Tiere brauchen Wärme“, so Wesselmann. Krankenbuchten müssen dementsprechend ausreichend Wärme gewährleisten. Ställe müssen bei allen Temperaturen von -20°C bis +35°C funktionieren. Daher sollten Wind- wie Sonnenschutz von Beginn an Teil der Stallplanung sein. Wenig Toleranz zeigte Wesselmann beim Auftreten von Krankheitssymptomen. „Auch ein bisschen Husten ist nicht zu tolerieren und jeder Spulwurm wandert einmal durch die Lunge“, warnte Wesselmann abschließend.

Dr. Katja Schulz vom Friedrich-Loeffler-Institut erläuterte die neue Risikobewertung unter ASP-Bedingungen. „In der Auslauf- und Freilandhaltung ist das Risiko für einen Eintrag zwar höher, aber wenn die Biosicherheitsmaßnahmen konsequent erfüllt werden, ist es tolerierbar“, erklärte Schulz und ergänzte: „Vögel und Nagetiere sind als Vektoren nur ein theoretisches Risiko und daher ohne Evidenz.“ Übernetzungen und Überdachungen seien weder praktikabel noch verhältnismäßig vor dem Hintergrund des bestehenden Risikos. Solche Vorgaben kämen einer Aufgabe der Haltungsform gleich. „Im Ergebnis ist also die Auslauf- und Freilandhaltung auch im ASP-Seuchenfall möglich. Betriebe und Behörden können sich künftig an den so genannten Empfehlungen zur Fortführung dieser Haltungsform in ASP-Sperrzonen orientieren“, so die Referentin. Auf dieser Grundlage kann eine individuelle Risikoeinschätzung erfolgen und bestehende Biosicherheitsmaßnahmen können gemeinsam mit dem Veterinär evaluiert und ergänzt werden. Die Verantwortung für das Vorgehen liegt am Ende aber bei der Behörde und beim Betriebsleiter.

Wicken ins Futter

Auch wenn die rohproteinreichen Wicken einige antinutritive Substanzen enthalten, ist eine Verfütterung an das Schwein möglich, wenn man die richtige Wickenart wählt. Davon ist Dr. Lisa Baldinger, Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg Gumpenstein, überzeugt. „Unbehandelt sind 8 % Rationsanteil in der Vormastration unproblematisch“, berichtete Baldinger. „Die in den Versuchen vorgenommene Behandlung in Form von Keimung oder Silierung brachte kaum Verbesserungen, so dass dazu nicht geraten werden kann, auch wenn diese Wicken den Schweinen besser geschmeckt haben. Negative Einflüsse auf die Gesundheit oder Leistung waren nicht zu verzeichnen.“

Da Fütterung und Tiergesundheit großen Einfluss auf die Produktqualität haben, begleitet das Unternehmen Ökoland GmbH Nord intensiv seine Vertragsbetriebe. Ökoland vertreibt 130 Artikel ausschließlich im deutschen Bio-Fachhandel bei einem Umsatz von 20 Mio. €. „Wir bewerten die Betriebe anhand eines Tiergesundheitsindex, in den auch Schlacht- und Befunddaten einfließen“, erläuterte Dr. Leonie Blume. Jeder Betrieb erhält zeitnahe Rückmeldungen und bei Abweichungen einen Betriebsbesuch durch Ökoland sowie den Schweinegesundheitsdienst und den Bestandstierarzt zur Ursachenforschung. „Gesunde Tiere sind wirtschaftlicher und am Ende macht es auch allen mehr Spaß“, warb Blume für die Vorgehensweise. Versuche ergänzen die Betreuung der Betriebe, in denen beispielsweise gezeigt wurde, dass Ölkuchen in der Vormast unproblematisch sind, aber in der Endmast zu einem erhöhten Gehalt von Polyensäuren führen, wobei die Restfettgehalte in den Ölkuchen sehr unterschiedlich ausfallen. Die Kosten für das Controlling werden komplett von Ökoland übernommen.

Kompetenz für Schweine

Dr. Werner Hagmüller ist mit seinem Unternehmen „Schweinekompetenz“ selbständiger Berater für Tiergesundheit und Haltungsverfahren. Zu Beginn beklagte Hagmüller die Regelung der EU-Bio-Verordnung, nach welcher erhebliche Teile der Ausläufe nicht überdacht sein dürfen. „Die fehlende Überdachung führt zu einem Auslauf, der kaum zu entwässern ist, was auch zu erhöhten Emissionen führt“, betonte Hagmüller. Auch bei vollständiger Überdachung können die Schweine Licht und frische Luft genießen, wenn man den Auslauf von den Seiten her offen gestaltet. „In der Folge werden viele Betriebe vermutlich bei Neubauten im unüberdachten Bereich des Auslaufs künftig Spalten einbauen und im übrigen Teil mit Stroh sparsam sein“, warnte Hagmüller.

Großen Wert legt Hagmüller auf die verschiedenen Funktionsbereiche, die für das Schwein gut erkennbar sein müssen. „Die Seitenwände der Buchten müssen in dem Bereich, wo nicht gekotet werden soll, bis ganz unten abschließen, um Gruppen klar voneinander abzugrenzen“, erläuterte er. Der Liegebereich sollte nach oben hin diffusionsoffen abgedeckt sein. Der Boden in Abferkelbuchten darf weder zu rau noch zu glatt sein. Bei zu rauen Böden verletzen sich die Ferkel, zu glatte Böden ermöglichen keine ausreichende Standsicherheit der Sau. Betonkränze als Sockel auf dem Boden führen zu Strahlungskälte. „Bio bietet sehr gute Voraussetzungen, leidet aber zuweilen an der Starrheit der EU-Bio-Verordnung“, schloss Hagmüller seine Ausführungen.

Weniger Emissionen verursachen

Über die Möglichkeiten, Emissionen in der Bioschweinehaltung zu reduzieren, referierte Ewald Grimm vom KTBL. Dabei berichtete er, dass die europäischen Vorgaben über das BImSCHG und die BIMSCHV sowie das Klimaschutzgesetz in nationales Recht umgesetzt wurden. „95 % des Ammoniaks kommen aus der Landwirtschaft, die im Wesentlichen aus der Tierhaltung selbst sowie aus Wirtschaftsdüngerausbringung und Dunglagerung resultieren“, erklärte Grimm. Auf die Schweine entfällt davon etwa ein Drittel. Bei den Vorschriften unterscheidet man zwischen dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, womit beispielsweise Mindestabstände begründet werden, und der Vorsorge, möglichst wenige Emissionen zu verursachen. „Nur bei der Vorsorge gibt es die Abwägung zwischen Tierschutz und Emissionsminderung“, betonte Grimm.

Zwar bedürfen Anlagen unterhalb der BImsch-Grenzen nur einer Baugenehmigung, aber in bestimmten Fällen könnten auch hierfür die Vorgaben und Grenzwerte der TA Luft herangezogen werden. Davon kann bei Öko-Betrieben abgewichen werden, wenn die Vorgaben, wie zum Beispiel bei der Fütterung, mit der EU-Bio-Verordnung nicht vereinbar sind. Somit kann von den festgelegten Werten zur N- und P-Minderung abgewichen werden, eine angepasste Fütterung über eine Drei-Phasen-Fütterung ist bei Mastschweinen aber sicherzustellen. „Zur Emissionsminderung bei der Haltung wird in Kürze eine Vollzugshilfe erwartet, die Mindestanforderungen an die Haltungsform definiert, wie die Vorgaben zu einer Jaucherinne zur Entwässerung im Auslauf oder Verfahren zur Trennung flüssiger und fester Bestandteile“, ergänzte der Referent. Auch eine häufige Reinigung der Ausläufe könne darüber festgesetzt werden. Betriebe mit einem weitgehend unüberdachten Auslauf wiesen bei Untersuchungen die höchsten Emissionen auf, während ein Betrieb mit einem vollständig überdachten Auslauf geringere Emissionen verursachte. Seitens der anwesenden Landwirte wurde daher der Wunsch formuliert, von starren Werten zur Überdachung des Auslaufs zumindest bei starken Niederschlägen abweichen zu können.

Bioschweine in Österreich

Wie in Deutschland, so wächst auch die Bioschweinehaltung in Österreich, wenn auch ebenfalls auf niedrigem Niveau. Während in Deutschland Betriebe vor allem durch die Umstellung hinzukommen, steigen in Österreich viele Bio-Ackerbaubetriebe in die Bioschweinhaltung ein. Die größte österreichische Vermarktungsorganisation Bio Austria schlachtet wöchentlich 1 000 Bioschweine. Die Fütterung der Schweine in Österreich erfolgt zu 100 % mit Bio-Futtermitteln, während in Deutschland häufig noch geringe Mengen konventioneller Eiweißfuttermittel, wie Kartoffeleiweiß, in der Ferkelaufzucht eingesetzt werden.

Stroh entstauben

Christian Auinger von der österreichischen Firma Schauer erläuterte bauliche Möglichkeiten zur Emissionsminderung. So lassen sich mittels einer Entstaubung von Stroh die Staubpartikel um 80 % senken, was auch dazu beitrage, dass mit der Luft weniger Emissionspartikel transportiert werden. Durch geringe Zugaben von Öl kann Staub auch langfristig am Boden gehalten werden. Bei ökologischer Haltung kommt es aber vor allem auf den Auslauf an. „Der mit Abstand größte Hebel ist die Kot-Harn-Trennung in einem begrenzten Bereich mit Spalten“, betonte Auinger. Weiterhin empfahl er zur Entwässerung von planbefestigten Ausläufen eine Rinne als Blechabdeckung mit Schlitzanteilen, die einfach zu reinigen ist.


Christian Wucherpfennig,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Kleiner Bioschweinemarkt

Einen Überblick über den Bioschweinemarkt gab Dr. Uwe Balliet, Geschäftsführer der Bio-Handel Nordwest GmbH. Die Erzeugergemeinschaft wurde im Januar 2017 gegründet. Mit mittlerweile 42 Mitgliedern ist sie vorrangig auf die Vermarktung von Bioland-Tieren und hier wiederum vor allem auf Bioschweine ausgerichtet. „Der Absatz ist in den vergangenen 14 Jahren mit gelegentlichen Schwankungen kontinuierlich gestiegen“, freute sich Balliet. „Zum Wachstum in den letzten Jahren haben vor allem die Discounter beigetragen, die immer wieder neue Produkte aufschalten“, betonte Balliet. Da der Absatz der Erzeugergemeinschaft gut laufe und der Markt eine leichte Unterdeckung aufweise, könne man umstellungsinteressierten Betrieben mittlerweile wieder eine klare Perspektive geben. „Ohne mehrjährige Verträge kann man jedoch keine Bioschweinehalter finden“, warnte Balliet, was der Handel aber mittlerweile verstanden habe und den Betrieben mindestens fünfjährige und teilweise auch zehnjährige Verträge anbiete. Dabei sei es notwendig, über die gesamte Wertschöpfungskette vom Jungtier bis zur Ladentheke zu sprechen. „Der Bio-Schweinemarkt ist und bleibt aber ein kleiner Markt“, warnte Balliet vor einer zu großen Euphorie.

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