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Bioschweine: Premiumhaltung und Mehrkostenausgleich

08.12.2023

Bei der Bioschweinetagung Ende November in Rendsburg ging es unter anderem auch um den Austausch der 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Fachreferenten aus Verbänden und Wirtschaft. Daneben standen Fütterungsthemen auf der Agenda.

In dem Format „Bio-Schweinebauern im Verbändegespräch“ tauschten sich die Teilnehmenden mit Dr. Peter Boysen und Hubert Heigl, Vorstand BÖLW und Präsident des Naturlandverbandes, aus. Ein Thema war die Branchenvereinbarung zur gegenseitigen Anerkennung von Rohwareneinkäufen eines anderen Verbandes, bei der man sich, so Heigl, „ein gutes Stück näher“ gekommen sei. „Aus bäuerlicher Sicht müsste man annehmen, dass Rohwaren zwischen Betrieben verschiedener Rohwaren austauschbar sein müssten“, erklärte Heigl, der selbst einen Betrieb mit 90 Bio-Sauen bewirtschaftet. Andererseits sei aber auch zu klären, unter welchen Bedingungen das Produkt noch das Logo eines Verbandes tragen dürfe, wenn es auch Anteile eines anderen Verbandes enthalte. „Schließlich ist das Logo eines Anbauverbandes auch ein Versprechen an den Kunden“, betonte Heigl. Gleichzeitig soll es absolut vermieden werden, dass ein Betrieb aus Vermarktungsgründen den Verband wechselt, wie es bei der Zusammenarbeit mit einem Discounter zeitweise im Gespräch war und viel Unruhe verursachte. Schließlich sei es auch wichtig, die Unterschiede zwischen den Richtlinien der einzelnen Verbände herausarbeiten, wobei jeder Verband auch hinter seinen Richtlinien stehe.

Auf die Frage nach großen und kleinen Strukturen erklärte Boysen, dass diese Diskussion zu nichts führe, da es dieses Entweder-Oder nicht gebe. Daher wurde auch bei der Entscheidung von Bioland, mit Lidl eine Kooperation einzugehen, zeitgleich beschlossen, die Direktvermarktung zu stärken, weil gerade kleine, lokale Strukturen gute Botschafter seien.

Hinsichtlich des Risikos der Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) verwies Heigl auf die Risikobewertung des FLI von August, nach der es keinen wissenschaftlichen Nachweis gebe, dass Vögel und andere Säugetiere - außer das Wildschwein - einer bedeutenden Rolle bei dem Eintrag der ASP spielen. „Dementsprechend geht von einer Auslauf- oder Freilandhaltung bei Einhaltung aller Vorschriften der Schweinehaltungshygieneverordnung kein größeres Risiko aus als bei einer Haltung in geschlossenen Ställen“, hob Heigl daher hervor. Diese Einschätzung gibt nun auch den Veterinären Sicherheit bei der Risikoabwägung.

Fachgerechte Fütterung

Aus seinen langjährigen Erfahrungen bei Rationsberechnungen berichtete Ole Peter Tiedje vom Versuchs- und Beratungsring Ökologischer Landbau im Norden. „Bei Getreide reicht die NIRS-Untersuchung, um die Aminosäuren abzuleiten“, erklärte Tiedje und empfahl, bei Sauen auch Calcium- und Phosphorgehalte untersuchen zu lassen. Außerdem: „Bei Verdacht auf Mykotoxine kann man sich mit dem Gesamtkeimgehalt einen guten Überblick verschaffen. Bei Gemengen sollten die Gemengepartner getrennt untersucht werden. Bei Wechsel des Futters sollte immer an die Einstellung der Futterautomaten gedacht werden“, ergänzte Tiedje.

Die Mischgenauigkeit sei bei Kleinstmengen, zum Beispiel Mineralfutter, schnell ein Problem. „So wurde bei einer mobilen Mischanlage immer zunächst das Getreide eingesaugt. Beim Mineralfutter war der Schlauch noch voll, so dass die zugesetzten Mengen zu gering waren“, fand Tiedje bei einem Betrieb die Ursache eines Versorgungsmangels. Höhere Anteile bei Ackerbohnen seien möglich und würden von den Tieren akzeptiert, die geringere Verdaulichkeit sei jedoch zu berücksichtigen. Kleegrassilage müsse eine andere sein als bei Rindern und Pferden, denn sonst sei es nur „Resteverwertung vom Futtertisch und Beschäftigung für die Schweine“. Die schwankenden Proteingehalte von Grassilagen sind zu berücksichtigen. Bei einem Beispielsbetrieb konnten mit gezielter Rationsberechnung bei dreiphasiger Mast Tageszunahmen von knapp 900 g bei einer Futterverwertung von besser als 1:3 erzielt werden. In der Diskussion wurde auf die Gefahr von Jakobskreuzkraut hingewiesen, wenn Silagen vom Dauergrünland gefüttert werden.

Innovatives Fütterungskonzept

Nach einem Brand auf dem Hof entwickelte Dietmar May mit seinem Sohn sowie Beratern aus Deutschland und Österreich ein innovatives Stallkonzept. Ziel war es dabei, eine naturnahe Fütterung zu ermöglichen. Ergebnis war ein mehrstufiger Polymerbetonkegel, der den Vorteil hat, mehrere Fressebenen zu ermöglichen und zusammen mit Sebastian Lyschick entwickelt wurde. „Die Fressdauer wird im DIMA-Futterautomat gegenüber einem Langtrog von zehn Minuten auf bis zu 60 Minuten gesteigert“, erklärte Lyschick. Das Schwein bewegt die Paddel und das Futter wird gleichmäßig herausgegeben und durch die bessere Einspeichelung besser verwertet. Bei Absetzferkeln wird so Durchfall minimiert. „Durch die teilweise Bodenfütterung entspricht es auch dem Verhalten der Schweine nach Futtersuche“, so Lyschick. Ein Automat reicht für elf Mastschweine oder 22 Ferkel und ist für alle Trockenfutterarten geeignet.

Höhere Emissionen, mehr Biotopschutz?

Friedrich Arends ist Fachreferent Immissionsschutz bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und wies eingangs auf einen wichtigen Unterschied hin: „Einerseits erlaubt die seit zwei Jahren geltenden TA Luft tiergerechten Haltungssystemen höhere Emissionen. Anderseits ist die Umwelt, beispielsweise Biotope, zu schützen.“ In seinem Vortrag legte Arends dar, dass die größten Emissionen im unüberdachten Teil des Auslaufs auftreten, wenn Feuchtigkeit ins Spiel kommt. „Wenn wir Feuchtigkeit zuführen, laufen die Umsetzungsvorgänge in rasanter Form ab“, warnte daher Arends. Diese Aussagen bestätigte ein Landwirt, in dessen Stall Messungen im Rahmen des Projektes EMIDAT stattfanden. Bei trockener Witterung sei fast nichts gemessen worden, bei feuchter Witterung hingegen seien die Werte beinahe explodiert. Da ökologisch wirtschaftende Betriebe ihre Ausläufe nur teilweise überdachen dürften, könnten sie in diesem Bereich die Emissionen nicht wirksam verringern. Da die Schweine nur im Auslauf koten würden, traten im Liegebereich nahezu keine Emissionen auf. „Eine flexible Auslaufüberdachung, die bei Regen herausfährt und bei Trockenheit wieder eingezogen wird, ist daher eine technische Lösung, die Tiergerechtigkeit und Emissionsminderung wirksam vereinigen kann!“, so Arends. Er empfahl den Betrieben, auch bei der Fütterung möglichst nährstoffreduziert und bedarfsgerecht zu füttern, auch wenn Bio-Betriebe von den Vorgaben zur Reduzierung in der TA Luft ausdrücklich ausgenommen seien.

Flüssig spart Kosten

Im niedersächsischen Landkreis Bentheim führt Heinz-Dieter Lödden zusammen mit seinem Sohn Janek eine Bio-Betrieb mit 850 Sauen. Die ferkelführenden Sauen werden im Freien gehalten. Bei der Fütterung setzen Löddens auf eine Flüssigfütterung. „Sie erlaubt den Einsatz von Nebenprodukten, mit denen Kraftfutterwerke nichts anfangen können, man ist flexibel im Einkauf und spart zudem Futterkosten“, zählte Lödden viele Vorteile auf. So kam man bei der Erhöhung der Preise von Eiweißkomponenten im vergangenen Jahr ganz gut zurecht. Dafür sind die Anforderungen an die Hygiene sehr hoch. „Alles Tanks werden nach Entleerung gründlich gereinigt, denn auch im sauren Milieu können sich vor allem im Sommer Hefen vermehren“, erklärte Lödden. Kleinste Veränderungen im Fressverhalten der Ferkel müssen registriert werden. Um Durchfall zu vermeiden, wird in der ersten Zeit nach dem Absetzen eiweißreduziert gefüttert.

Umbau der Tierhaltung fördern

Martin Kötter-Jürß vom Bioland-Verband stellte die Richtlinien zum Umbau der Tierhaltung vor. Zu Beginn lobte er, dass die Bundesregierung bei der Tierhaltungskennzeichnung für ökologische Erzeugung eine eigene Stufe eingerichtet hat: „Die Stufen 3 bis 5 gelten als Premiumkennzeichnung, wobei die Haltungskennzeichnung zu Beginn nur für Frischfleisch gilt. Allerdings gelten nur für ökologische Tiere durchgängige Richtlinien, bei den anderen Stufen fängt das Schweineleben erst mit 30 kg an“, merkte Kötter-Jürß kritisch an.

Bei der Förderung gebe es Richtlinien für Investitionen und für die laufenden Mehrkosten, die, wenn zeitlich alles klappt, ab Januar 2024 bei der BLE zu beantragen sei. Die Förderung von Investitionen gibt es nur für die Premiumstufen und der Ablauf ähnelt dem AFP. Die Förderhöhe ist gestaffelt und beträgt bis 500 000 € 60 %. Gefördert wird bis zu einer Investition von 5 Mio. €, wobei sie oberhalb von 500 000 € auf nur noch 50 % und ab 2 Mio. € auf 30 % sinkt. „Für bestehende Bio-Betriebe ist die Förderung in aller Regel nicht nutzbar, weil Erweiterungen der Tierhaltung nur in sehr engen Grenzen, zum Beispiel bei einer Neugründung, förderfähig sind“, sagte Kötter-Jürß. Interessant sei sie hingegen für Umstellungsinteressierte.

Betriebe, die die Premiumanforderungen erfüllen, können jährlich Zuwendungen zum Ausgleich der Mehrkosten gewährt werden, wobei die Einteilung der Premiumstufen nicht exakt der Einstufung nach dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz entspricht. Hat man eine Bewilligung, erhält man die Förderung über zehn Jahre, sofern man die Vorgaben weiter einhält. Die Höhe der Mehrkosten wird modellhaft im Vergleich zur Erzeugung nach gesetzlichem Standard („Baseline“) durch neutrale Institutionen kalkuliert. Diese Berechnungen können jährlich angepasst werden. Sollten die Mittel nicht reichen, wird nach dem Zeitpunkt der Anerkennung der Förderfähigkeit entschieden. „Die Kontrolle kann bei Bio-Betrieben durch Teilnahme an einem etablierten Kontrollsystem erfolgen, das die Einhaltung der laufenden Premiumanforderungen kontrolliert“, so der Referent.

Über die ökologische Haltung hinaus seien einige Anforderungen zu erfüllen, wie zum Beispiel die, dass für jeweils zwölf Tiere eine offene Tränke und eine Zapfentränke zur Verfügung stehen. Auch müssten alle Tiere Zugang zu Kühlmöglichkeiten haben und der Betriebsleiter hat sich jährlich mindestens acht Stunden fortzubilden. Bestehende Förderprogramme der Länder für tiergerechte Haltungsverfahren werden wahrscheinlich als Doppelförderung gewertet.

Die Berechnungen für die Kalkulation der laufenden Mehrkosten der Premiumhaltungsverfahren sind transparent gestaltet. Allerdings kritisierte Kötter-Jürß, dass die über die Haltung hinausgehenden Mehrkosten ökologischer Erzeugung, wie die ökologische Fütterung, komplett außen vorbleiben. Auch die benötigte Arbeitszeit sei bei Öko-Haltung zu niedrig angesetzt. Letztlich bekämen Öko-Schweinehalter so nur 30 % der Mehrkosten ausgeglichen. „Nach außen wirkt es, als wenn ein Bio-Mastschwein über die ganze Kette gerechnet nur 70 € mehr kostet“, so Kötter-Jürß. Kein gutes Signal, fanden auch die Teilnehmer der Tagung.


Christian Wucherpfennig,

Landwirtschaftskammer NRW

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