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Chili für den gesunden Hühnerdarm?

19.10.2023

Die Nachfrage nach Geflügelfleisch, vor allem nach Masthühnern, hat in den vergangenen Jahren zugenommen, ebenso aber auch die Forderung der Öffentlichkeit nach mehr Tierwohl. Neben den Tierwohlkriterien spielen aber auch die Lebensmittelqualität und -sicherheit eine zentrale Rolle ein. Gesunde und leistungsstarke Tiere sind daher das A und O der Fleischerzeugung.

In der Masthühnerhaltung ist vor allem das Thema Darmgesundheit von Bedeutung. Der Darm nimmt eine zentrale Funktion ein: Zum einen findet in ihm die Aufspaltung des Futters in seine einzelnen Bestandteile und deren Aufnahme statt, zum anderen übernimmt er wichtige Funktionen rund um die Immunabwehr, was einen entscheidenden Einfluss auf die Tiergesundheit ausübt. Ein stabiler und gesunder Darm und somit ein gut ausgebildetes und funktionierendes Darmmikrobiom ist das Ziel. Eine Besiedelung des Darms mit ungewünschten Mikroorganismen kann unter anderem feuchtere Ausscheidungen bedingen. Je feuchter die Ausscheidungen, desto feuchter die Einstreu. Eine feuchte Einstreu kann, neben erhöhten Ammoniak-Freisetzungen, die vor allem für die Ausbildung von Atemwegsinfektionen verantwortlich sein können, auch zu Fußballenveränderungen führen.

Was beeinflusst die Darmgesundheit?

Unterschiedliche Faktoren können die Darmgesundheit beeinflussen. Dazu zählen unterschiedliche Stressfaktoren, wie beispielsweise ungünstige Umwelteinflüsse oder Krankheitserreger, aber auch eine nicht ausreichende Futterqualität.

Um die Entwicklung des Darms und die Darmgesundheit zu fördern und zu unterstützen, gibt es unterschiedliche Futterzusatzstoffe oder Ergänzungsfuttermittel. Der Einsatz von Capsaicin, ein in verschiedenen Paprika-Arten natürlich vorkommendes Alkaloid, soll positive Effekte auf die Darmgesundheit und die Leistung der Tiere haben. Capsaicin kann, wenn es mindestens 0,5 % Capsaicinoide enthält, als Ergänzungsfuttermittel eingesetzt werden. Die Basis ist dabei Chilipulver (Capsicum). Zur Reduzierung der Schärfe kann der Einsatz von Fetten hilfreich sein. Die Anwendungsempfehlung für Masthühner liegt bei maximal 200 g/t Futtermittel.


Versuch in zwei Mastabteilen

Kann durch den Einsatz eines capsaicinhaltigen Chiliextrakts im Futter die Leistung von Masthühnern verbessert werden? Diese Annahme sollte bei einem Versuch auf dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse überprüft werden. In Haus Düsse gibt es zwei spiegelbildlich gleiche Maststabteile, die in unterschiedliche Boxen unterteilt werden können. Für den gegenwärtigen Versuch standen 14 Boxen mit jeweils 17,5 m² zur Verfügung Es wurden 3 080 Tiere der Rasse Ross 308 aufgestallt und zwei Futtervarianten zugeteilt:

  • Futter 1 (F1): Standardfütterung
  • Futter 2 (F2): Standardfütterung + Zusatz Chilliextrakt

Je Futtervariante wurden sieben Wiederholungen aufgestallt. Jede Wiederholung umfasste 220 Masthühner (Einstallung: jeweils 110 weibliche und 110 männliche Tiere). Bis auf die unterschiedliche Fütterungsstrategie wurden die Tiere beider Futtervarianten unter identischen Bedingungen gehalten. Es wurden die Haltungsbedingungen der Initiative Tierwohl angenommen mit einer Besatzdichte von maximal 35 kg/m². Jedes Abteil war mit vier Rundtrögen und einer Tränkelinien à 20 Nippeln ausgestattet. Die Mastdauer betrug 37 Tage - ohne Schlupf- und Schlachttag. Das durchschnittliche Kükengewicht betrug in beiden Versuchsgruppen 42,3 g.

Das Futter wurde den Masthühnern zur ad libitum-Aufnahme angeboten. Die Befüllung der Futtertröge erfolgte manuell, um den Futterverbrauch möglichst exakt zu ermitteln.

Die Futtermischungen wurden hinsichtlich der Komponenten und Nährstoffkonzentrationen identisch geplant und gemischt, wie aus Tabelle 1 ersichtlich. Lediglich in Futtervariante 2 wurde dem Futter das Produkt beigemischt. Die Nährstoffkonzentrationen der unterschiedlichen Futtermischungen sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Die durchgeführten Futteranalysen bestätigen die Deklaration.


Biologische Leistungen

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die biologischen Leistungen der Tiere während des Mastdurchgangs. Generell lagen die biologischen Leistungen in beiden Futtervarianten auf einem hohen Niveau und die Verluste der Gruppen unterschieden sich nicht. Das Gewicht der Tiere lag in beiden Gruppen über den Zielwerten des Zuchtunternehmens an Tag 38 von 2 597 g/Tier, wobei die Tiere der Futtervariante 1 dabei signifikant höhere Werte erzielten als die Tiere der Futtervariante 2. So lag das Lebendgewicht zu Mastende nach 37 Tagen mit 2,81 kg in Futtervariante 1 über dem der Futtervariante 2 mit 2,77 kg. Dieses höhere Gewicht spiegelt sich auch in einer höheren Tageszunahme wieder. In Bezug auf die Futteraufnahme unterschieden sich die Tiere der beiden Futtervarianten nicht. Dementsprechend war der Futteraufwand in Futtervariante 2 gegenüber Futtervariante 1 um 0,02 auf 1:1,45 erhöht. Gegenüber den Angaben des Zuchtunternehmens war auch der Futteraufwand in beiden Gruppen geringer.

Teilstücke Brust, Keule und Flügel

Aus der Grundgesamtheit der Tiere wurde nach einer Mastdauer von 35 Tagen ohne Schlupf- und Schlachttag eine Stichprobe von 70 Tieren je Futtervariante - das waren zehn Tiere je Box, jeweils fünf männliche und fünf weibliche Tiere - einer Teilstückzerlegung zugeführt. Dabei wurden Tiere gewählt, die dem jeweiligen Durchschnittsgewicht der Futtervariante entsprachen. Die Zerlegung konzentrierte sich auf die wertvollen Teilstücke Brust ohne Haut, Keule und Flügel.

Die männlichen Tiere mit Standardfutter wiesen signifikant höhere Lebendgewichte auf (2,84 kg) als die männlichen Tiere, die mit F2 gefüttert wurden (2,81 kg). Die weiblichen Tiere (Futter 1: 2,34 kg, Futter 2: 2,35 kg) unterschieden sich nicht. Zwischen den weiblichen Tieren konnte in Bezug auf die Futtervariante kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Dies spiegelte sich auch in den Ergebnissen der Schlachtgewichte wieder: Männliche Tiere der Futtervariante 1 wiesen mit 2,03 kg das höchste Schlachtgewicht auf, während die weiblichen Tiere sich nicht in Bezug auf die Futtervariante voneinander unterschieden.

Eine Übersicht über die Ergebnisse der Teilstückzerlegung ist Tabelle 4 zu entnehmen. Die statistische Auswertung der Teilstückzerlegung hat ergeben, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Futtervarianten im Gewicht der Teilstücke Brust, Keule und Flügel gab. Auch ausgedrückt als prozentualer Anteil der Teilstücke am Schlachtgewicht konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Futtervarianten nachgewiesen werden. Die unterschiedliche Fütterung hatte somit keinen Einfluss auf die Teilstücke.

Tiere der Futtervariante 2 hatten numerisch eine um rund 11 g leichtere Brust. Auch wenn diese numerische Differenz statistisch bei der gegebenen Variation und Anzahl der Tiere nicht abzusichern war, könnte dies den signifikanten Unterschied in Bezug auf das Lebend- und das Schlachtgewicht erklären.


Futterkosten im Blick

Eine Betrachtung der Futterkosten in Tabelle 5 zeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede der Futterkosten in €/Tier gab. Allerdings zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den beiden Futtervarianten in Bezug auf die Futterkosten je kg Zuwachs. Für Futtervariante 1 konnten die Kosten je kg Zuwachs geringer gehalten werden als bei Futtervariante 2. Die zusätzlichen Futterkosten, die durch die Einmischung des Produkts entstanden wären, sind hierbei nicht berücksichtigt. Durch die Unterschiede in den biologischen Leistungen ergibt sich demnach auch ein signifikanter Unterschied im Erlös je Tier und auch im Überschuss. Somit war sowohl der Erlös als auch der Überschuss bei Futtervariante 2 geringer.


Fazit

Die Ergebnisse des durchgeführten Versuchs zeigen, dass durch den Einsatz eines capsaicinhaltigen Produkts im Futter von Masthühnern nicht wie erwartet eine Verbesserung der biologischen Leistungen, zum Beispiel der Futterverwertung, erzielt werden konnte. Entgegen der Hypothese zeigten Tiere, die Futter mit Chilliextrakt erhielten, eine geringere biologische Leistung als die mit Standardfutter gefütterten Tiere. Während die Teilstücke der Schlachtkörper von Fokustieren keinen Einfluss der Fütterung zeigte, war das Lebend- und Schlachtgewicht männlicher Fokustiere durch den Einsatz des Chiliextrakts reduziert.

Generell lagen die biologischen Leistungen aber in beiden Versuchsgruppen auf einem hohen Niveau. Die Tiere beider Gruppen wiesen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf und es wurde keine Behandlung der Tiere, wie beispielsweise eine Antibiotikagabe, notwendig. Ob der Einsatz von capsaicinhaltigem Chiliextrakt sich bei einem Krankheitseinbruch oder bei weniger günstigen Umweltbedingungen unterstützend auf die Tiergesundheit auswirkt, konnte daher in diesem Versuch nicht untersucht werden.


Pia Niewind, Jochen Krieg, Josef Stegemann,

Landwirtschaftskammer Nordrhein- Westfalen

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