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Perfekter Start ins Hühnerleben

27.07.2023

Auf einer freien Fläche nahe Auw bei Prüm erblickt man an einem Hang den großzügigen Junghennen-Aufzuchtstall von Josef, 43, und Jasmin, 39, Leinen. Das Betriebsleiterehepaar hat sich vor knapp vier Jahren ganz bewusst für den Einstieg in die Geflügelhaltung entschieden. Josef Leinen stammt aus dem kleinen Eifelort.

Seine Eltern hatten einen für diese Region typischen Gemischtbetrieb mit Milchvieh, Rindern sowie Grünland- und Ackerbau. Vor etwa zehn Jahren wurde die Tierhaltung aufgegeben, weil es zu diesem Zeitpunkt an der Hofstelle keine Entwicklungsperspektiven gab. Josef Leinen bewirtschaftet seitdem die Flächen weiter und ist zudem im Verkauf für ein Landtechnikunternehmen tätig.

„An meinem 40. Geburtstag habe ich hinterfragt, wie meine berufliche Zukunft aussehen wird. Da wurde mir klar, dass ich gerne wieder intensiver in die Landwirtschaft einsteigen möchte“, erinnert er sich. Unterstützung bekommt er seit jeher von seiner Frau Jasmin. Die Bankkauffrau stammt ebenfalls aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Sie konnte sich gut vorstellen, in der Landwirtschaft durchzustarten. Das Ehepaar begann mit der Suche nach geeigneten Konzepten für ihre Zukunftsplanung. In vielen Gesprächen sowohl mit regional als auch überregional ansässigen Geflügelhaltern zeichnete sich ein zunächst noch unscharfes Bild ab. „Wir konnten uns den Betriebszweig Hühnerhaltung gut vorstellen, wussten aber nicht genau, wie das konkret aussehen könnte“, sagt Jasmin Leinen.

Unterstützung aus dem Münsterland

Ihre Ideen nahmen an Fahrt auf, als sie Kontakt zum Unternehmen „Geflügelvermehrung Friedrichsruh GmbH & Co. KG“ in Ostbevern bekamen. Die Lohmann-Breeders Schwestergesellschaft ist zuständig für die komplette Organisation von Aufzuchtbetrieben im konventionellen und im ökologischen Bereich. „Friedrichsruh als starker Partner hat uns den Schritt in die Bio-Junghennenaufzucht erleichtert und uns eine sehr gute Zukunftsperspektive gegeben“, sagt Josef Leinen. Die Nachfrage nach Junghennen aus ökologischer Aufzucht ist ungebrochen groß, bundesweit - und das trotz der derzeitigen Stagnation auf dem Biomarkt.

Mit dem Unternehmen Friedrichsruh als Koordinator für die Vermarktung sowie als unterstützende Institution bei allen Fragen rund um Gesundheit und Management wagte Ehepaar Leinen nach intensiven Planungen im Juni 2021 den Spatenstich für einen neuen Junghennenaufzuchtstall auf der grünen Wiese nahe Auw. Im Vorfeld hatten sie sich Ställe in ganz Deutschland angeschaut und anhand dieser Eindrücke sowie der eigenen Vorstellungen einen ortsansässigen Architekten und Handwerksunternehmen aus der näheren Umgebung mit dem Projekt beauftragt.

Die zukünftigen Betriebsleiter schlossen sich dem Naturland-Bioverband an. Die baulichen Anforderungen und die Rahmenbedingungen für die finanzielle Förderung flossen in das Stallbaukonzept ein. Insbesondere Tierwohlfaktoren spielten und spielen dabei eine erhebliche Rolle. Am 25. Januar 2022 hielt die erste Kükenherde Einzug in das neue Gebäude.


Stall mit hochmoderner Technik

Entstanden ist ein Stall in Betonsandwichbauweise mit einer Dimension von 104 m Länge und 15,7 m Breite im Warmbereich zuzüglich je 6,5 m Breite in den längsseitigen Wintergärten. Das Gebäude bietet Platz für insgesamt 29856 Junghennen. Aus dem Stall gelangen die Hühner durch die Wintergärten, die mit dreifach verstellbaren Curtains aus dem Milchviehbereich an den Außenseiten ausgestattet sind, auf über die mehr als 3 ha Auslauffläche im Freien. Familie Leinen hat sich dafür entschieden, statt der kompletten Haltung auf einer Ebene ein vollautomatisches Volierensystem des holländischen Stalleinrichters „VencoTec“ zu integrieren.

Bei diesem Konzept gibt es so genannte „Balkone“, die als zusätzliche Aufenthaltsfläche dienen. Aufgrund der automatisch regelbaren Höhenunterschiede lernen die Tiere bereits ab dem siebten Lebenstag, einige Zentimeter auf die nächste Ebene nach oben zu hüpfen, um zum Beispiel schnell eine höhergelegene Sitzstange zu erreichen. Dadurch sind sie für jegliche Haltungsbedingungen in den nachfolgenden Legehennenbetrieben gerüstet und sollen vor allem darauf konditioniert werden, keine Eier auf den Boden zu legen. Zudem kommt man ihrem natürlichen Verhalten und ihrer Neugierde mit diesem Training entgegen. Auf jeder Ebene der Volieren befinden sich Tränken und Futtertröge. Deren Steuerung erfolgt automatisch. Der Stall ist aufgrund der Bio-Regularien in blickdichte Abteile unterteilt. Auf der Bodenfläche können sich die Tiere beim Scharren in einem Gemisch aus Dinkelspelzenpellets und Leinstroh austoben. Dort befinden sich auch Picksteine für den natürlichen Schnabelabrieb. In den Wintergärten dürfen sich die Hühner auf Sandbäder in Betonringen freuen.

Gut belüftet

Die Lüftung des Stalles erfolgt über Lüftungsklappen im oberen Bereich der Außenwände. Die Lufteinlassklappen besitzen eine Abdeckung, um den Eintrag von zu viel Wind und von Feuchtigkeit in den Stall zu vermeiden. Die Abluft gelangt durch zehn groß dimensionierte Abluftkamine ins Freie. Geheizt wurde der Stall bis vor der Energiekrise mit Gas betriebenen Heizkanonen. „Kürzlich haben wir aus Kostengründen, vor allem aber wegen der Versorgungssicherheit auf eine Hackschnitzelheizung umgestellt. Bei Bedarf können wir nach wie vor die Gaskanonen zuschalten, zum Beispiel, wenn die Eintagsküken eingestallt werden und wir den Stall sehr schnell auf die erforderliche Temperatur aufheizen möchten“, sagt Josef Leinen.

Um für jegliche Unwägbarkeiten gewappnet zu sein, kann im Notfall Energie aus einem schlepperbetriebenen Notstromaggregat gewonnen werden. Zu den innerbetrieblichen Sicherheitsmaßnahmen gehört zudem ein Alarmsystem, bei dem alle wichtigen Parameter extra abgesichert sind. Im Falle des Falles erfolgt automatisch eine Meldung auf das Handy der Betriebsleiter. Im Stall installierte Sensoren überwachen sämtliche Bedingungen, zum Beispiel Temperatur und Luftfeuchte sowie die Konzentration an Schadgasen wie Ammoniak.  

Für eine optimale Biosicherheit und die Einhaltung der strengen Hygienevorschriften kommen Besucher oder Mitarbeitende nur über die an der Stirnseite des Stalles gelegene Hygieneschleuse mit striktem Schwarz-Weiß-Prinzip und Einduschen in den Tierbereich.


Alles für das Wohlbefinden

Der Einstieg in die Junghennenaufzucht war für Ehepaar Leinen trotz Vorkenntnissen in der Landwirtschaft absolutes Neuland. Gemeinsam mit den Beraterinnen und Beratern von Friedrichsruh haben sie einen strikten Managementplan erarbeitet, der unter anderem die Bereiche Gesundheit, Fütterung und Lichtprogramme beinhaltet. Die zukünftigen Bio-Legehennen werden als Eintagsküken zum Betrieb Leinen gebracht. Dort verbleiben sie zunächst innerhalb der Volieren, in denen ab dem siebten Tag das „Hüpf- und Klettertraining“ auf den Balkonen beginnt. Ab der dritten Woche haben die Tiere freien Zugang zum gesamten Stall. In Woche sieben geht es für einige Stunden in den Wintergarten, ab der zehnten Woche dürfen sie dann ins Freiland. „Das ist spätestens der Zeitpunkt, an dem die Jungtiere ein robustes und stabiles Immunsystem entwickelt haben“, sagt Josef Leinen.

Gemeinsam mit Friedrichsruh-Beraterin Heike Thomfohrde wird das Management regelmäßig überprüft und angepasst. Mit einem Alter von rund 17 Wochen verlassen die Tiere als Junghennen den Betrieb in Auw und werden zu den jeweiligen Kunden gebracht, vorrangig in der Region und in angrenzende Bundesländer.

Hoher Gesundheitsstatus

Damit sich die einstmals gelben, plüschigen Küken in ihren neuen Ställen wohlfühlen und sich dort aufs Eierlegen konzentrieren können, ist die Sicherung eines hohen Gesundheitsstatus das A und O. „Die Fitness und ein stabiles Immunsystem der Tiere sind der Grundstein für ein langes Hennenleben mit hohem Tierwohl“, sagt Beraterin Thomfohrde.

Ähnlich wie Kleinkinder werden die Küken und die aufwachsenden Junghennen daher einem strikten Impfschema unterzogen, um sie vor den gängigsten Krankheiten zu bewahren. Die Erstimpfungen starten schon in der Brüterei, dann geht es ab dem siebten Lebenstag im Betrieb Leinen mit Auffrischungen und kundenspezifischen Impfungen weiter. Vorrangig finden diese sehr tierfreundlich und arbeitszeitsparend über das Tränkwasser, Futter oder je nach Erreger auch per Injektion statt. Klassische Erreger bei Geflügel, denen man über ausgeklügelte Impfschemata vorbeugen kann sind Marek’sche Krankheit, Infektiöse Bronchitis (IB), Salmonellen, Kokzidien oder Newcastle Disease (ND) sowie Infektiöse Bursitis (IBD). Das Unternehmen Friedrichsruh entwickelt gemeinsam mit auf Geflügel spezialisierten Tierärzten gezielte Impfregimes für die Aufzuchtbetriebe. Je nach Erregerlage im späteren Kundenbetrieb werden dann zusätzlich bestandsspezifische Vakzine hergestellt. Kurz vor Auslieferung der Junghennen aus dem Betrieb Leinen erfolgt eine abschließende Blutuntersuchung zur Ermittlung des Gesundheits- und Immunstatus der Tiere.

Ausgewogen füttern

Die bedarfsgerechte Fütterung der Junghennen ist ebenfalls ein wesentlicher Baustein für ein gesundes Hühnerleben. Die Rationen sind mehrphasig gestaltet von einem Prestarter über ein Kükenaufzuchtfutter für die ersten Wochen und anschließend ein Junghennenmehl bis zum Ausstallen. Besonders wichtig für Legehennen in diesen Anfangswochen ist eine adäquate Rohprotein-, Vitamin-, Mineral- und Spurenelementversorgung. Der Aufbau eines stabilen Muskel- und Skelettapparates ist für die weitere Entwicklung unerlässlich. „Wir verwenden Fertigfutter, in dem auch unser eigenes Getreide enthalten ist“, sagt Josef Leinen. Die Fütterung erfolgt nach der ersten Lebenswoche vier Mal pro Tag ad libitum bis die Futterkette leergefressen ist. Dann wird nachgelegt. Dies geschieht während der Lichtperioden im Stall. Daneben gibt es auch Dunkelzeiten. Das Lichtprogramm wird automatisch gesteuert und dient dazu, dass die Tiere zwischen all ihren Aktivitäten auch zur Ruhe kommen und somit auf das spätere Eierlegen vorbereitet werden. Während der gesamten Aufzucht werden Stichproben von etwa 100 Tieren pro Woche gewogen, um deren Entwicklung nachzuvollziehen. Die Daten gelangen von der Waage im Stall automatisch zur Weiternutzung und -verarbeitung in das Programm auf dem Stall-PC.


Großes Zutrauen

Ab der siebten Lebenswoche geht es für die angehenden Legehennen raus in den Wintergarten und anschließend ins Freiland. „Die Tiere lieben den Wechsel, von drinnen nach draußen zu laufen, ziehen sich nach einiger Zeit aber auch gerne wieder zurück“, sagt Jasmin Leinen, die nun mit ihrem Mann schon die dritte Herde von klein auf betreut und aufzieht. Das Ehepaar setzt auf eine intensive Tierbeobachtung und hat sich mit viel Engagement in die Aufzucht der Junghennen eingearbeitet. Zweimal am Tag gehen sie durch den Stall, um mögliche Probleme oder Veränderungen frühzeitig zu erkennen. „Gerade bei den ganz jungen Küken hört man schon an der Art des Pfiepens, dass einzelne vielleicht etwas mehr an Aufmerksamkeit benötigen“, sagt Josef Leinen, für den die Nähe zu den Hennen an oberster Stelle steht. Das merkt man deutlich, wenn man als Außenstehende den Stall betritt. In keinem Bereich gibt es hektisches Geflattere - im Gegenteil: Die Tiere sind sehr zutraulich und folgen den beiden voller Neugierde auf Schritt und Tritt.


Die Zukunft ist gesichert

Das Ehepaar Leinen ist von dem Einstieg in die Bio-Junghenneaufzucht absolut überzeugt. Beide haben Freude an der Arbeit mit und bei den empfindsamen Tieren. Beim Management und bei der Vermarktung werden sie vom Dachunternehmen Friedrichsruh unterstützt. An ihrem Standort in der Vulkaneifel sind die jungen Betriebsleiter selbst für die Geschicke der Tiere zuständig - und das mit viel Hingabe.


Ramona Schneichel, Mayen

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