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Bio-Schweine: Auswirkungen der neuen EU-Bio-Verordnung

14.12.2020

Mit rund 60 Teilnehmer*innen war die am 26. November vom Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschland (ABD) ausgerichtete Online-Tagung zur neuen EU-Bio-Verordnung gut besucht. Die im Jahr 2022 in Kraft tretende neue Verordnung besteht aus einer Basisverordnung und zahlreichen nachgelagerten Rechtsakten, die teils noch beraten werden oder aber bereits verabschiedet sind. Sie lösen das zuletzt 2008 überarbeitete Bio-Recht ab. Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen berichtet von der Tagung.

"Das Thema Ökologische Schweinehaltung ist sehr vielfältig“, erklärte Götz Daniel vom Versuchs- und Beratungsring Ökologischer Landbau im Norden in seinem Einführungsvortrag zu den verschiedenen Haltungsverfahren in der Bio-Schweinehaltung, denn es gebe immer wieder neue Aspekte, so dass kein Bio-Stall dem anderen gleiche. Bei der neuen EU-Bio-Verordnung, die im Frühjahr verabschiedet wurde und im Jahr 2022 in Kraft tritt, stelle sich erneut die Frage, was mit Stall bzw. mit Auslauf gemeint sei und wo die Trennlinie verlaufe.

Bei der Mast bevorzugt Daniel kleinere Gruppengrößen, damit die Übersicht nicht verloren geht. Durch die Strukturierung der Buchten erschließen sich den Schweinen die einzelnen Funktionsbereiche Liegen, Fressen und Aktivität. Vor allem kann man so steuern, wo die Schweine koten. Geeignet sei hier auch eine aufgelöste Bauweise, bei der die Schweine in einem Bereich fressen und in einem gegenüberliegenden Bereich liegen und dazwischen findet sich ein offener oder teilüberdachter Auslauf. "In diesen Stallsystemen gehen Stall und Auslauf jedoch ineinander über, so dass sich die einzelnen Bereiche nicht voneinander abgrenzen lassen“, hob Daniel hervor.

Bei den Abferkelbuchten gibt es ebenfalls sehr unterschiedliche Haltungskonzepte. Einzelne Ställe werden als Außenklimaställe mit Liegehütten konzipiert, was jedoch die Tierkontrolle aus seiner Sicht erschwert. Viele neuere Buchten leiten sich nach wie vor noch von der sogenannten Heku-Bucht ab, bei der die Möglichkeit besteht, die Sau kurzzeitig zu fixieren. Der Trog der Sau sollte auch für die Ferkel erreichbar sein. Einzelne Betriebe arbeiten hier mit einer Bodenfütterung. Befindet sich das Ferkelnest am Bediengang erleichtert dies die Kontrolle der Ferkel im Nest, aber erschwert die Übersicht für die gesamte Bucht.

Der Auslauf sollte den Ferkeln nach circa acht Tagen Kontakt zu den Nachbarferkeln ermöglichen, indem sie von Auslauf zu Auslauf schlüpfen können. So wird in einem auch die begrenzte Stallfläche durch eine größere Außenfläche kompensiert. "Andererseits hat die Kommission erklärt, dass sie innovativen Schweinehaltungssystemen, die keine klare Trennung zwischen Innen- und Außenflächen zulassen, Rechnung tragen möchte", machte Bünder Hoffnung.

Der Vorschlag, in der Ferkelaufzucht bis zu 35 kg zwei Zwischengrößen (für die Platzvorgaben), z. B. bis 20 kg und 20 bis 35 kg, zu definieren werde von Praxis und Beratung einhellig gewünscht. "Hier können wir mit konkreten Vorschlägen für den Platzbedarf in diesen Kategorien auf die EU-Kommission zugehen“, schlug Bünder vor.

Die Beratung der einzelnen Themen erfolgt unter anderem in der KTBL-Arbeitsgruppe Ökologische Schweinehaltung, an der auch Praktiker beteiligt sind. Über Dossiers mit konkreten Vorschlägen und auf Grundlage einer Abstimmung mit weiteren Mitgliedsstaaten können Änderungen und Konkretisierungen von Vorgaben der EU-Bio-Verordnung in Angriff genommen werden.

"Die Immunokastration liegt der Ministerin sehr am Herzen, auch, dass das Verfahren für ökologische Haltung genutzt werden kann", so Bünder. "Manchmal findet man juristische Formulierungen, die noch etwas möglich machen, wie auch bei den Umstellungsfuttermitteln, was zunächst ausgeschlossen schien", gab Bünder einen hoffnungsvollen Ausblick. Die Meinungsbildung zur Immunokastration innerhalb der EU-Kommission sei vor einigen Jahren erfolgt und vielleicht müsse man sie noch einmal neu starten. Konkrete Anpassungen der EU-Bio-Verordnung erwartet Bünder aber nicht mehr für 2021.

Einen Einblick in den Umgang der niederländischen Bio-Schweinehalter mit der neuen EU-Bio-Verordnung gab Bennie Rupert von Reudink Biofutter. "Bei Sauen sehen wir keine Probleme und bei der Mast empfehlen wir eine Aufteilung in drei Phasen, um Kartoffeleiweiß bei jungen Tieren noch etwas einsetzen zu können“, berichtete Rupert. Bio-Soja werde als Eiweißträger noch wichtiger und bei Bio-Getreide seien hohe Proteingehalte anzustreben und auch in der Bezahlung zu berücksichtigen.

Für die häufig hohen Spaltenanteile in den Ausläufen in den Niederlanden haben die Betriebe eine Übergangszeit von acht Jahren, bei Neubauten müsse der maximale Spaltenanteil von 50 Prozent sofort umgesetzt werden. Bei einer Vermarktung an das Schlachtunternehmen De Groene Weg, dort werden die meisten niederländischen Bio-Schweine verarbeitet, ist den tragenden Sauen übrigens im Sommerhalbjahr Weidegang anzubieten.

Die in den Niederlanden bestehende allgemeine Aufkaufregelung für Schweine gilt auch für Bio-Betriebe, so dass sich die Zahl der Bio-Schweine in diesem Jahr um etwa fünf Prozent verringert hat. Die Schlachtzahlen werden sich im kommenden Jahr aber auf dem Niveau von 2020 bewegen, weil Neuumsteller und bessere Leistungen dies kompensieren. Auch in den Niederlanden sei es nicht einfach Baugenehmigungen zu bekommen, so dass auch deshalb viele Interessierte letztlich nicht umstellen würden. Dabei wird das geschlossene System mit etwa 70 bis 150 Sauen im Familienbetrieb favorisiert. Bei Trennung von Ferkelerzeugung und Mast darf der Transport der Ferkel maximal eine Stunde betragen.

Die neue EU-Bio-Verordnung ist für Bio-Schweinehalter in einigen Bereichen eine Herausforderung. Der intensive Diskussionsprozess Anfang des Jahres zeigte aber auch, dass auf Beschlüsse der EU Einfluss genommen werden kann, wenn gute Argumente vorliegen. Hier haben die Bio-Schweinehalter im kommenden Jahr die Gelegenheit, diesen Prozess fortzusetzen und gute Lösungen für Tierwohl und Landwirte zu finden.

Quelle: Christian Wucherpfennig, Ökoteam Landwirtschaftskammer NRW, Tel.: 02821-996-177, E-Mail: christian.wucherpfennig@lwk.nrw.de

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