Bei der Online-Veranstaltung „Öko-Schweinehaltung“, Anfang Februar vom Anbauverband Naturland organisiert, stellten sich Betriebe, Futtermühlen und Vermarkter vor, um umstellungsinteressierten Landwirten einen Einblick in das Geschehen zu geben.
Als Harald Nutt aus Willebadessen seinen Betrieb nach Naturland-Richtlinien umstellte, baute er einen Stall für insgesamt 168 Sauen mit angeschlossener Ferkelaufzucht, was nicht nur für die damalige Zeit ein beachtlicher Bestand war. Da es in Deutschland kaum Neubauten für die ökologische Ferkelerzeugung gab, fuhr Nutt damals auch nach Österreich und in die Schweiz, um sich Anregungen zu holen. Bei der Abferkelbucht entschied er sich für die FAT 2-Bucht, mit der er insgesamt gute Erfahrungen gemacht hat.
Das Ferkelnest befindet sich am Bediengang und eine Wand vor der Tür zum Auslauf vermindert Zugluft. „Allerdings kann man die Sau in dieser Bucht nicht kurzzeitig, beispielsweise für Behandlungen, fixieren“, schränkte Nutt ein. Die Zuhörer wies er darauf hin, dass das Verhalten der Sauen von großer Bedeutung ist. „Daher ist die Aggressivität gegenüber Menschen ein wichtiges Kriterium für die Zuchtauswahl, auch wenn die Sau viele Ferkel aufzieht“, ergänzte der Landwirt.
Gerade erst eingestiegen in die ökologische Ferkelerzeugung mit zunächst 130 Sauen ist die Familie Sassen-Stolle, deren Betrieb im niedersächsische Dötlingen, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Oldenburg, liegt. Bei der Abferkelbucht entschieden sich Sassen-Stolles für die Welconbucht, weil sie von ihren Abmessungen her gut in die vorhandenen Gebäude passt. Für die Bucht spreche zudem der gute Blick der Sau auf das Ferkelnest und die Möglichkeit, die Sau bei Bedarf kurzzeitig zu fixieren, so der Betriebsleiter Johannes Sassen-Stolle. Bis auf die ersten Tage nach der Geburt setzen Sassen-Stolle auf eine Flüssigfütterung. „Kurz nach der Geburt können wir mit einer Mehlfütterung besser die Futteraufnahme der Sau kontrollieren“, erklärte er das Vorgehen. Ab der dritten Woche wechseln die Sauen mit ihren Ferkeln ins Gruppensäugen mit vier Sauen in einer Bucht. Das bringe Ersparnisse bei der Stalleinrichtung, aber vor allem ließen sich Altgebäude so weiter nutzen.
Um die Pflege der Ausläufe zu erleichtern, arbeiten Sassen-Stolles mit einer Einstreumaschine, denn Stroh wird zur Beschäftigung der Tiere auch im Auslauf verteilt. Als vorteilhaft erweist sich die Biogasanlage, denn deren Abwärme kann bei der Ferkelaufzucht und bei den Abferkelbuchten für Fußbodenheizungen genutzt werden. Als Tipp für die Umstellung wies Familie Sassen-Stolle darauf hin, die Bauzeit und die lange Genehmigungspraxis nicht zu unterschätzen. „Und letztlich waren auch die Baukosten höher als geplant“, erklärte Hofnachfolger Lüdeke Stolle.
Die im niedersächsischen Lutten ansässige Firma Weda versteht sich als Komplettanbieter für die Schweinehaltung und hält auch ein Angebot speziell für Bio-Schweinehalter vor. Ralf Meyer, Entwicklungsleiter bei Weda, stellte zunächst die Abferkelbucht vor: „Das Ferkelnest befindet sich am Bediengang und die Sau kann durch ein einfaches Umklappen eines Gitters bei Bedarf fixiert werden. Zur Windbrechung sind Kunststofflamellen in der Auslauföffnung montiert. Ein kleines Gitter kann in die Auslauföffnung eingesetzt werden, damit die Ferkel in den ersten Lebenstagen die Bucht nicht verlassen können, während die Sau problemlos darüber laufen kann“, erläuterte er.
Der Deckel des Ferkelnestes in der Ferkelaufzucht ist perforiert und mit Stroh abgedeckt, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu regeln. Für ein rasches Umklappen der Gitter hat Weda einen Mechanismus entwickelt, mit dem die Türen beim Schwenken angehoben werden, so dass anschließend problemlos mit dem Schlepper entmistet werden kann. Neben der eigentlichen Stalleinrichtung bietet Weda auch Fütterungstechnik mit einem breiten Angebot bis hin zur Flüssigfütterung und Fermentation an.
In allen Regionen Deutschlands können Bio-Schweinehalter auf Biofuttermittel spezialisierte Futtermühlen zurückgreifen. Wie das in der Zusammenarbeit mit den Landwirten läuft erläuterte Andreas Fangmann von GS agri. Die Firma verfügt in diesem Segment über mehr als 20 Jahre Erfahrung. „Zur Sicherstellung höchster Qualität werden die Sojabohnen selbst getoastet, so dass das Eiweiß nicht denaturieren kann, aber gleichzeitig die Verdaulichkeit gewahrt bleibt“, so Fangmann. Gegenwärtig greift die Futtermühle noch auf geringe Mengen zulässige konventionelle Eiweißfuttermittel zurück, was Carsten Pohl von der Bioeichenmühle zu folgender Aussage veranlasst: „Wenn ab 2022 konventionelles Kartoffeleiweiß bei der Fütterung von Sauen und Mastschweinen wegfällt, benötigen wir zur Kompensation die doppelte Menge Bio-Soja.“
Am Ende der Erzeugung steht auch bei Bio-Schweinen die erfolgreiche Vermarktung. Gute Nachrichten vom Marktgeschehen konnte Tomás Sonntag von der Marktgesellschaft der Naturland Bauern überbringen. Von 2015 bis 2020 konnte die Zahl der verkauften Bio-Schweine in Deutschland um 58 % gesteigert werden und nach einem starken Wachstum im vergangenen Jahr wird auch für 2021 eine wenn auch gemäßigte Steigerung erwartet. Und das hat auch Auswirkungen auf die Preise: Anfang 2021 erhöhte das Unternehmen über die verschiedenen Absatzkanäle hinweg die Preise um 5 bis 7 Cent auf 3,75 bis 3,90 € je kg Schlachtgewicht, woran auch die Bio-Ferkelerzeuger beteiligt werden, denn die Naturland-Fachberatung ermittelt regelmäßig einen Gleichgewichtspreis, der dafür sorgt, dass Ferkelerzeuger sowie Mäster die gleiche Wertschöpfung realisieren. Inklusive Kastration unter Vollnarkose und halben Transportkosten realisieren so die Naturland-Ferkelerzeuger etwa 150 € für ein 28-kg-Ferkel, worauf die individuellen Impfungen für die Ferkel noch aufgeschlagen werden. Den Betrieben werden mehrjährige Verträge angeboten.
Der Markt für Bio-Schweine ist grundsätzlich aufnahmefähig. Da es sich um einen kleinen Markt handelt, können jedoch auch schnell Überschüsse entstehen, wenn zu viele Betriebe gleichzeitig umstellen. Insofern sollte die Abnahme der Ferkel oder der Mastschweine gesichert sein, bevor man Investitionen tätigt. Dafür bieten die Marktgesellschaft der Naturlandbauern wie auch andere Vermarkter mehrjährige Lieferverträge an.
Christian Wucherpfennig,
Landwirtschaftskammer NRW