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Umgestellt auf weniger Sauen

14.06.2022

Der Praxis-Umstellertag für Bioschweine lockte Ende Mai rund 25 Landwirte, Berater und weitere Interessierte nach Warendorf-Hoetmar auf den Naturlandbetrieb der Familie Schwienhorst. Georg und Dorothee Schwienhorst haben ihren Betrieb vor sieben Jahren umgestellt und konnten so noch viele Erfahrungen aus ihrer eigenen Umstellungszeit an die Teilnehmer weitergeben.

„Über zwei Jahre haben wir uns im Vorfeld schon mit Bio beschäftigt, bevor die Entscheidung fiel“, so Georg Schwienhorst. Und es sei „wichtig, sich viele Betriebe anzuschauen, auch weil überall etwas anders gebaut wird“. Diesem Leitsatz folgend konnte beim Umstellertag auf dem Betrieb neben der Sauenhaltung, die im Zuge der Umstellung von 550 auf 180 Sauen abgestockt wurde, auch die Ferkelaufzucht besichtigt werden.

Viel Arbeit und auch viel Freude

Für die Abferkelungen stehen aktuell zwei Ställe zur Verfügung, die im letzten Jahr fertiggestellt wurden. Ein weiterer soll folgen. Für ein angenehmes Stallklima sorgt dabei auch die Dachbegrünung auf den Neubauten. „Die Arbeit macht mehr Spaß als früher, auch weil wir deutlich weniger Tiere haben und daher mehr Kontakt zum Einzeltier. Es ist aber auch deutlich mehr Arbeit“ so Georg Schwienhorst, der in diesem Jahr drei Auszubildende beschäftigt. Er rechnet aktuell mit etwa 32 Stunden je Sau und Jahr, wobei „die Arbeit mit dem Stroh und das Entmisten dabei besonders zeitintensiv sind“.

Bei den Abferkelbuchten hat sich die Familie für eine Bucht der Firma Weda entschieden, das Deckzentrum und der Wartestall sind in den umgebauten Ställen aus konventionellen Zeiten untergebracht. Und auch die Ferkelaufzucht befindet sich in einem umgebauten konventionellen Stall nahe der Hofstelle, an dem beidseitig Ausläufe für die jeweils 80er-Ferkelgruppen errichtet wurden. „Unser Betrieb ist durch die Umstellung vielfältiger geworden“, war ein abschließender Hinweis an die umstellungsinteressierten Teilnehmer. Aus diesem Grunde hat die Familie einen Regiomaten, also einen Verkaufsautomaten für regionale Produkte, am Hof aufgestellt und setzt neben der Sauenhaltung mittlerweile auch auf weitere Standbeine wie die Legehennenhaltung und den Anbau besonderer Kulturen wie Quinoa oder auch den Einstieg in die Teekräuterproduktion.

Ganz neu dabei

Am Nachmittag konnten sich die Teilnehmer des Umstellertags dann über die Biomastschweinehaltung und den Biomarkt informieren und austauschen. Zunächst stellte Norbert Happe aus Rüthen seinen Mastschweinebetrieb vor, den er erst kürzlich auf Bio umgestellt hat. „Ich kann aktuell von zwei Durchgängen mit Bioschweinen berichten. Bisher sind wir sehr zufrieden, auch wenn wir schon erstes Lehrgeld zahlen mussten“ so Norbert Happe. Für die Biomastschweinehaltung hat er den bestehenden konventionellen Maststall umgebaut, so dass aktuell 540 Tiere in drei Großgruppen gehalten werden können.

„Der Vermarkter konnte uns vor der Umstellung die Lieferung aller Ferkel zusagen, auch für den noch geplanten neuen Stall, der 450 Tiere beherbergen soll. Das war ein Hauptgrund, für das Unternehmen Goldswin zu produzieren“ beschrieb er seinen Vermarktungsweg. Als EU-Bio-Betrieb ist Happe dabei aktuell keinem der Anbauverbände angeschlossen und betreibt seinen Stall im Rein-Raus Verfahren, was hygienische Vorteile mit sich bringt.

Im Stallinnenbereich sind die Buchtenabtrennungen für die Großgruppe größtenteils herausgenommen worden, einige Trennwände zur Strukturierung der Bucht blieben erhalten. 50 % der Spaltenfläche wurde geschlossen, vorrangig im Bereich rund um die Futterautomaten. „Ich würde ein enges Tier-Fressplatzverhältnis empfehlen“ so Norbert Happe, „damit es nicht zu Stresssituationen in der Gruppe kommt“. Auch Tränken sind aus konventionellen Zeiten noch reichlich vorhanden und wurden mit übernommen. „Langschwanzferkel erfordern gute Tierkontrolle, dann ist die Haltung möglich“ lautet sein bisheriges Fazit zur Haltung von unkupierten Tieren in der Großgruppe. Viel Beschäftigung und gutes Futter seien wichtig, Fütterungsfehler rächten sich sofort.

Wenn die Tiere den Auslauf betreten, gelangen sie zunächst in den sogenannten Innenhof. „Hier wird auch vorrangig gekotet, der Stall bleibt bisher sehr sauber“ freut sich Norbert Happe. Dem Innenhof schließt sich ein eingestreuter und überdachter Teil des Auslaufs an, den die Tiere sehr gerne als Liegebereich annehmen. Die Überdachung bildet eine Pultdachhalle, die im weiteren Verlauf gleichzeitig als Strohlagerhalle und überdachte Mistplatte genutzt wird und im Zuge der Umstellung neu errichtet wurde.

Abgerechnet werden seine Tiere aktuell pauschal, ohne Maske. „Das ist für den Einstieg sicherlich hilfreich“, so Happe, weil mit der Umstellung sehr viele neue Dinge auf den Landwirt zukommen würden, auf die es sich erst einmal einzustellen gelte. Er hat bemerkt, dass die Kontakte zu Kollegen, Mischfutterunternehmen oder auch den Vermarktern intensiver sind und mehr Zeit beanspruchen: „Man muss sich einfach mehr kümmern, was aber auch gut ist“. Als Fazit gab er den Teilnehmern dann noch mit auf den Weg, dass man schon Spaß an der Arbeit haben sollte und auch mal eine Schaufel in die Hand nehmen müsse, sonst mache der Einstieg in die Bio-Schweinehaltung keinen Sinn.


 

Was verheißt der Bio-Schweinemarkt?

Zur Abrundung der Veranstaltung stellte Klemens Hinßen vom Naturverbund Niederrhein in Wachtendonk das Unternehmen und die aktuelle Lage am Bio-Schweinemarkt vor. „Die Glaskugel war selten so trübe wie in diesem Jahr“ begann er dabei seine Einschätzung zur aktuellen und insbesondere weiteren Entwicklung des Markts allgemein. Das Familienunternehmen wird neben Bio-Landwirten auch von konventionell wirtschaftende Betrieben beliefert. Jedoch bilden die Bio-Produkte den größten Umsatzanteil für das hauseigene „Natur Sortiment“. Eine Stärke der Bio-Produktion sieht Hinßen in diesem Zusammenhang in den stabilen Bio-Vorgaben, die eine gewisse Planungssicherheit gewährleisten.

„Biofleisch wird weiterhin gekauft, auch wenn es im Naturkosthandel insgesamt zu Rückgängen kommt“, so Hinßen. Im Lebensmitteleinzelhandel sei im ersten Quartal 2022 bei Bio-Frischeprodukten kein Umsatzrückgang zum Vorjahr zu erkennen gewesen. Bestehende Lieferbeziehungen würden erfüllt und es gäbe aktuell keine Probleme in der Abnahme der Schweine. Wichtig sei dabei aber, immer auch das Marketing im Blick zu behalten, hier biete das Unternehmen seinen Kunden Unterstützung in vielen Bereichen an.

Auf die Frage, wie denn die Bio-Ferkelverfügbarkeit einzuschätzen sei, nannte Hinßen zwei Aspekte. Zum einen würden aktuell einige Bio-Mastbetriebe ihre Ställe nicht mehr voll oder gar nicht belegen, da zu wenig oder nur sehr teures Futter zu kaufen sei. Daher sei die Lage am Ferkelmarkt aktuell ausgeglichen. Auf der anderen Seite würden strukturell jedoch Ferkel fehlen, insbesondere in Deutschland produzierte Ferkel, da weiterhin auch Tiere aus dem Ausland kämen. „Gerade Nordrhein-Westfalen hat hier sicherlich einen gewissen Vorteil durch die zentrale Lage für ganz Deutschland“ schätzte Klemens Hinßen die Perspektiven für die regionale Bio-Ferkelerzeugung abschließend ein.

Als Fazit gab er den interessierten Landwirten noch mit auf den Weg, dass er insgesamt eine gute Perspektive zur Fortsetzung des kontinuierlichen Wachstums des Bio-Schweinefleischmarkts sehe. Jeder sollte sich dennoch weiterhin unbedingt eng mit der Vermarkterseite abstimmen, bevor es in die Umstellung geht.     


Ulrike Westenhorst,

Landwirtschaftskammer NRW

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