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Wie passen Biogasanlagen auf Biobetriebe?

23.02.2024

Anfang Februar fand in Oelde ein Infotag zum Betrieb von Biogasanlagen im Ökolandbau statt. Themen waren neben der Produktionstechnik auch die Bio-Richtlinien und das Nährstoffmanagement auf den Betrieben. 

Zu Beginn des Infotages stand die Besichtigung einer Biogasanlage auf dem Programm. Dazu traf sich die Gruppe von rund 25 Personen auf dem Biohof Gerwin, der seit etwa eineinhalb Jahren eine neu errichtete Biogasanlage mit 99 kW Motorleistung betreibt. Wilhelm Gerwin führte die Gruppe durch die Anlage.

Gerwins begannen mit ihren Überlegungen zum Bau der Anlage bereits vor vier Jahren. In dem Gemischtbetrieb mit Mutterkühen, Schweinen, Legehennen, Acker- und Gemüsebau ist hochwertiger Dünger ein wichtiges Betriebsmittel, gleichzeitig fiel immer schon viel Mist durch die Tierhaltung an. Dieser wurde bislang zu einer Biogasanlage transportiert und entsprechend als Gärrest zurückgenommen. „Der Transport hat jedoch viel Zeit gebunden und bedeutete zusätzlichen Aufwand“, so Wilhelm Gerwin. So sei es zu der Überlegung gekommen, selbst eine Biogasanlage zu betreiben. „Wir wollten Zeiten auf der Straße einsparen und weiterhin von der Düngung mit Gärrest profitieren“, nannte der Landwirt die Gründe.

Mist von Rind, Pferd und Schwein

Neben der Biogasanlage wurden eine überdachte Mistplatte sowie Lagerraum für Gülle und Jauche geschaffen. Betrieben wird die Anlage aktuell mit Rinder-, Schweine- und Pferdemist, jeweils zu gut einem Drittel. Etwas Hühnertrockenkot und Jauche kommen täglich hinzu. „Wir füttern sehr gleichmäßig und versuchen, schnelle Umstellungen zu vermeiden“, erklärte Gerwin. Die Substrate stammen dabei nicht nur vom eigenen Betrieb, auch andere Biobetriebe und (konventionelle) Pferdebetriebe aus der Region liefern ihren Mist an. „Dabei teilen wir die Fahrtkosten auf“, so Gerwin abschließend.

Die EU-Bio-VO

Nach der Betriebsbesichtigung ging es mit verschiedenen Vorträgen weiter im Programm. Zunächst stellten Christoph Drerup, Landwirtschaftskammer NRW, und Stephan Gehrendes, Bioland, vor, welche Vorgaben die EU-Bio-Verordnung und die Anbauverbände im Bereich Biogasanlagen machen. Schnell zeigte sich die Komplexität des Themas, neben den Regelungen der EU-Bio-Verordnung gibt es beispielsweise unterschiedliche Auslegungen und damit Handhabungen in den einzelnen Bundesländern. Und auch die Richtlinien der Anbauverbände unterscheiden sich, wenn auch häufig nur im Detail, voneinander. Allgemeine Aussagen sind also nur schwer zu treffen.

Generell ist wichtig: Die Biogasanlage selbst wird nicht bio-zertifiziert, es geht immer um den Zertifizierungsprozess des Gärrestes als biokonformes Düngemittel. „Entsprechend können Biogasanlagen auch keine Kontrollnummer bekommen. Und sowohl die EU-Bio-Verordnung als auch insbesondere die Anbauverbände haben das Ziel, ausschließlich Fermentationsstoffe aus ökologischer Erzeugung einzusetzen!“, so die Referenten weiter. Aktuell seien jedoch noch Anteile konventioneller Substrate möglich. Näheres dazu findet sich im Infokasten.

Problemlöser Biogasanlagen

Roland Schulze Lefert, Landwirtschaftskammer NRW, stellte die Vorteile von Biogasanlagen vor. „Biogasanlagen sind Problemlöser“, eröffnete der Referent seinen Vortrag. „Neben der verbesserten Düngewirkung und damit höheren Erträgen können Nährstoffverluste minimiert, die Mistverwertung deutlich verbessert oder auch Klimaziele erreicht werden. Ebenso kann durch den Gärrest die Nährstoffproblematik einzelner Düngemittel entschärft werden, etwa, wenn Schweinemist mit relativ viel Phosphor und Rindermist mit viel Kalium zusammenkommen“, so Schulze Lefert weiter. In der Mischung aller Substrate passe der Gärrest dann häufig deutlich besser zu den Düngebedarfen.

Die Wirtschaftlichkeit gerade der kleineren Anlagen sah der Referent aktuell als eher schwierig an. Größere Anlagen würden sich momentan besser rechnen, da sei allerdings „auch das Rad dann deutlich größer, was gedreht wird“, so Schulze Lefert abschließend.

Kleegras in die Anlage?

Der letzte Themenblock des Tages widmete sich dem Nährstoffmanagement auf den Biobetrieben. Stephan Gehrendes stellte die Frage nach der Verwertung von Kleegras und brachte damit eine Problematik zur Sprache, vor der viele Biobetriebe stehen. „Verwertungsformen, wie das Abmulchen oder cut&carry, sind mit hohen Nährstoffverlusten oder engen Zeitfenstern verbunden und stellen damit keine dauerhafte Lösung dar“, so Gehrendes. Und auch nicht jeder Biobetrieb hält Rinder, deren Fütterung eine weitere sinnvolle Verwertungsform für den Aufwuchs böte. „Für diese Betriebe kann der Nährstofftausch mit einer Biogasanlage eine effiziente Nutzung darstellen, von der beide Seiten profitieren können“, so der Referent.

Franz-Theo Lintzen, Landwirtschaftskammer NRW, stellte abschließend eine Kalkulation vor, die sich mit der Bewertung von Nährstoffen beschäftigt. In dieser Berechnung werden zunächst Reinnährstoffpreise aus ökologischen Düngemitteln ermittelt, mittels derer dann die organischen Düngemittel monetär bewertet werden. „Diese Düngemittelbewertung kann eine Basis für die Bewertung von Nährstoffsalden nach Tausch von organischen Düngern darstellen“, so Lintzen. Einzelbetrieblich müssten jedoch immer auch noch weitere Faktoren neben der reinen monetären Betrachtung berücksichtigt werden. Unter anderem sei natürlich die Entfernung zur Biogasanlage entscheidend für die Kalkulation. „Und die Berechnungen ändern sich auch in Abhängigkeit der Preise für beispielsweise Stickstoff“, so der Referent abschließend.


Ulrike Westenhorst,

Landwirtschaftskammer NRW

Weitere Informationen

Unterscheidung verschiedener Biogasanlagen

Ökogasanlage: Die Ökogasanlage ist eine Biogasanlage, die im funktionalen Zusammenhang mit einem biozertifizierten Betrieb steht und in diesem Sinne mit kontrolliert wird. Die Biogasanlage selber kann dabei keine Kontrollnummer erhalten, lediglich der Gärrest ist im Resultat biokonform. Die Inputstoffe von Ökogasanlagen sind verbandsspezifisch biozertifiziert mit Vorgaben zum Mindesteinsatz und/oder nach EU-Bio VO zugelassen. Andere Biobetriebe können Ökogasanlagen beliefern und von diesen Gärrest zurücknehmen sowie zukaufen.

Agrogasanlage: Eine Agrogasanlage ist eine Biogasanlage zumeist auf konventionellen Betrieben, die mit bis zu 100% konventionellen Inputstoffen arbeitet. Diese müssen jedoch nach EU-Bio-VO zugelassen sein. Bio-Betriebe können hier pflanzliche Inputstoffe, wie zum Beispiel Kleegras, oder ihren Wirtschaftsdünger einbringen, müssen die eingebrachte Stickstoffmenge dabei jedoch über den Gärrest zurücknehmen (N-Äquivalent). Der Biogasanlagenbetreiber muss eine Betreiber- oder Verpflichtungserklärung zum Einsatz konformer Substrate unterzeichnen.

Konventionelle Biogasanlagen: Konventionelle Biogasanlagen setzen Inputstoffe ein, die nicht nach EU-Bio-VO zugelassen sind. Hier sind für Biobetriebe weder Tausch noch Kauf von Gärresten möglich.

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