Logo der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Gülle in den Bestand fahren

19.06.2025
Gülle in Mais fahren

Eine Gülle-Düngung zu Mais im stehenden Bestand ist im ökologischen Landbau nicht unüblich. Und da der Mais oft etwas später gelegt wird und sich am Anfang langsamer entwickelt, wird diese Maßnahme nun interessant. 

Nicht wenige Landwirte ziehen in Erwägung, ihre Gülle anteilig oder ganz in den stehenden Maisbestand zu fahren. Grundsätzlich macht es Sinn, mit der Stickstoffgabe zu warten und diese erst dann zu applizieren, wenn der Mais seinen hauptsächlichen N-Bedarf hat. Dieser ist bezogen auf die Aufnahmerate, erst ab dem 4- bis 6-Blattstadium so richtig gegeben und nimmt ab dann mehr oder weniger exponenziell zu. Die hohe Aufnahmerate hält während des Längenwachstums an, stagniert dann für einige Zeit und nimmt erst während der Blühphase wieder zu, wie in dieser Grafik zu sehen. 

Gute Aufnahme ab 6-Blattstadium

Während der Jugendentwicklung ernährt sich der Mais hauptsächlich aus den im Korn mitgelieferten Nährstoffen sowie aus dem während des Legens angelegten Unterfußdüngerdepot (UFD). Werden größere Mengen an Stickstoff zur Aussaat, also vor dem Schossen, appliziert, besteht auf den leichten Bodenarten potenziell ein Risiko der Nährstoffverlagerung oder Auswaschung. Wird der Stickstoff jedoch erst in den wachsenden Bestand gefahren, kann dies bis etwa dem 6-Blattstadium erfolgen, weil die Pflanzen bis dahin noch sehr flexibel auf ein mögliches Überfahren reagieren und sich dann wieder aufrichten können. Der mit der Gülle oder dem Gärrest ausgebachte Ammonium-Stickstoff wird ab diesem Wachstumsstadium dankbar von den Pflanzen aufgenommen. Durch die lange Vegetationszeit der Kultur können auch noch gewisse Mengen an Stickstoff aufgenommen werden, die organisch gebunden vorliegen und im Laufe der Vegetation erst noch mineralisiert werden. 

Keine Einarbeitungspflicht

Wenn Düngeformen mit einem wesentlichen Gehalt von mindestens 1,5 % Gesamt-N in TS in stehende Maisbestände zur Anwendung kommen, müssen diese nicht in den Boden eingearbeitet werden, da es sich zu diesem Zeitpunkt um des Status „bestelltes Ackerland“ handelt. Da es sich im Falle von Gülle oder Gärresten um jeweils organische Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an verfügbarem Stickstoff mit mindestens 10 % NH4-Gehalt an Gesamt-N in TS handelt, bedeutet das jedoch, dass diese bodennah und streifenförmig aufgebracht werden müssen. Mindeststandard ist in diesem Fall also der Schleppschlauchverteiler. 

Grundsätzlich gilt, dass die streifenförmige Aufbringung über Schleppschuhe Vorteile hinsichtlich der Infiltration und Ammoniakausgasung gegenüber Schleppschlauchtechnik liefert. Der Einsatz invasiver Technik, wie Schleppschuhverteiler oder Scheibeninjektor, hat allerdings den Nachteil, dass die Maispflanzen dabei – anders als bei Getreide – nachhaltig Schaden nehmen können. 

Über die genannten Punkte hinaus führt das Düngerecht keine konkreten Regeln auf – die Anwendung der Düngeverordnung gilt gemeinhin als Umsetzung der guten fachlichen Praxis. Dennoch sollte der Praktiker einerseits im eigenen Interesse und andererseits der Umwelt wegen die Witterung im Auge behalten und eine hohe Nährstoffwirkung mit Reduktion der gasförmigen Verluste anstreben. 

Optimaler Ausbringzeitpunkt

Optimale Bedingungen für ein Ausbringen von flüssigen Wirtschaftsdüngern mit geringen gasförmigen Verlusten sind potenziell gegeben, bei 

  • niedrigen Temperaturen
  • bedeckter Himmel
  • keinem oder wenig Wind
  • unmittelbar vor einem Niederschlagsereignis oder während eines Niederschlages.
Gülleband in Mais

Oben: Angetrocknete Gülle-Bänder im stehenden Mais bei sonniger, warmer Witterung. Unter solchen Bedingungen sind hohe gasförmige N-Verluste vorprogrammiert.

Diese Bedingungen gab es aufgrund der stabilen trockenen Wetterlage in letzter Zeit so gut wie gar nicht. Wird tagsüber bei Sonnenschein und hoher Strahlung, hohen Temperaturen von mehr als 20°C und unter windigen Bedingungen Gülle oder Gärrest gefahren, sind hohe gasförmige N-Verluste vorprogrammiert. Eine möglichst passende Wetterlage sollte für ein Ausbringen im Auge behalten werden.  

Der Einsatz eines Nitrifikationshemmstoffes zur Gülle oder Gärrest ist zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht zu empfehlen, weil der Stickstoff den Pflanzen direkt ohne Verzögerung zur Verfügung gestellt werden sollte.

Schön flüssig halten

Die Verwendung von Wirtschaftsdüngern mit einem geringen TS-Gehalt hilft dabei, dass die Gülle besser und vor allem schneller in den Boden infiltrieren kann. Unter Umständen lohnt sich auch eine Zugabe von Wasser, um die Gülle oder den Gärrest zu verdünnen. Derzeit führt die Landwirtschaftskammer NRW Versuche mit angesäuerten Gärresten im stehende Maisbestand durch. Durch die Anwendung von Schwefelsäure und dem Herabsetzen des pH-Wertes können die Ammoniakverluste gesenkt und die Stickstoffwirkung für die Pflanzen gesteigert werden. Die Technik ist jedoch nur bei wenigen Lohnunternehmern im Angebot und daher nur für einzelne Betriebe eine mögliche Option. 

Die Ammoniakverluste für verschiedene Szenarien (Gülle-Beschaffenheit, Witterung und Ausbringtechnik) können mit Hilfe der Anwendung AMMON NRW abgeschätzt werden. Mit Hilfe von AMMON NRW lassen sich entsprechende Potenziale aufdecken. Manchmal hilft es bereits, zu einer anderen Tageszeit zu fahren, als ursprünglich geplant. 

Gülle „einhacken“

Um den Kontakt zur Atmosphäre zu verringern und den schnellen Kontakt der Gülle oder des Gärrestes zur Bodenmatrix herzustellen, kann der Dünger auch mit Hilfe einer Hacke in den Oberboden eingearbeitet werden; das funktioniert über ein Hacken zwischen den Reihen. Optimalerweise wird die Gülle direkt in einem Arbeitsgang ausgebracht und eingearbeitet. 

Hacken nach Gülle in Mais

Diese Methode ist mit Sicherheit die sicherste, um gasförmige N-Verluste zu reduzieren. Alternativ kann auch nach der Aufbringung ein Hackgang erfolgen. Arbeitswirtschaftlich und im Sinne der Stickstoffeffizienz ist das kombinierte Verfahren zu bevorzugen. Ein weiterer Effekt ist, dass durch einen solchen Eingriff der Boden nochmals belüftet und die Mineralisation angeregt werden. Somit lassen sich zusätzliche Stickstoffschübe erwarten. Diese zu quantifizieren ist jedoch schwierig und von vielen Faktoren, wie der organischen Substanz im Boden, der Temperatur oder der Bodenfeuchte, abhängig. In Versuchen der Landwirtschaftskammer NRW konnten durch das Einhacken von Gülle neben positiven Nebeneffekten, wie einer geringeren Geruchsbelastung, zudem in der Tendenz Mehrerträge festgestellt werden. Die Verfügbarkeit von geeigneten Hacksystemen dürfte allerdings (noch) begrenzt sein, lässt sich aber mitunter zum Beispiel über Maschinenringe organisieren.


Holger Fechner und Alexander Czech, 
Landwirtschaftskammer NRW