Klimatische Veränderung und zunehmende Wetterextreme, wie Dürreperioden oder Starkregenereignisse, stellen den heimischen Futterbau vor steigende Herausforderungen. Es gilt, Anpassungsstrategien zu finden, welche neben dem Bestandsmanagement auch die Futterpflanzenarten- oder -sortenwahl umfassen können.
Eine Grasart, die aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Verträglichkeit von Trockenheit, Kälte und zeitweiser Vernässung als klimaresilient gilt, ist der Rohrschwingel, Festuca arundinacea. Von August bis Dezember 2022 wurde im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick in Kleve ein Fütterungsversuch durchgeführt. Hierzu erhielten je 24 laktierende Tiere eine Ration, die auf Rohrschwingelsilage oder einer Silage eines von Deutschem Weidelgras dominierten Grünlandbestandes basierte. Weiterhin wurde in Verdaulichkeitsmessungen mit Hammeln der Futterwert der Silagen sowie der Mischrationen ermittelt.

Foto: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Rohrschwingelsilage im Einsatz
Die Grassilagen wurden im Betrieb Haus Riswick erzeugt und zeitgleich, zur optimalen Schnittreife des Rohrschwingels, geerntet. Nach der ersten Probenahme wies die Rohrschwingelsilage höhere Faser- und niedrigere Rohproteingehalte als die auf Deutschem Weidelgras basierende Silage auf. Für den Fütterungsversuch wurden zwei verschiedene Mischrationen eingesetzt. Die Anteile der Komponenten waren in beiden Mischrationen fast identisch, es unterschied sich lediglich die Grasart der Silage, dargestellt in Tabelle 1. In der Rohrschwingel-Mischration erfolgte eine Zulage von Futterharnstoff zum Ausgleich der ruminalen Stickstoffbilanz (RNB). Die Energie- und Rohproteingehalte wurden in der Rationskalkulation bewusst nicht ausgeglichen, siehe Tabelle 2. Der Fütterungsversuch wurde im Cross-Over-Design durchgeführt, sodass beide Tiergruppen jeweils beide Rationen über den Versuchszeitraum erhielten.
Unterschiede beim Energiegehalt
Die Trockenmasseaufnahmen lagen bei der Rohrschwingel-Fütterungsvariante mit 23,7 kg um 0,3 kg signifikant höher als bei der Deutsches Weidelgras-Variante, siehe Tabelle 3. Aufgrund des höheren Energiegehaltes der Deutsches Weidelgras-Mischration waren in dieser Variante die Energie-Aufnahmen signifikant höher. Die Höhe der Aufnahmen an Rohprotein und Faser als ADFom ergab sich gemäß den Gehalten in den Mischrationen. Auch hier lagen jeweils absicherbare Unterschiede vor. Die Wiederkauaktivität war in beiden Fütterungsvarianten, trotz des augenscheinlich gröber strukturierten Rohrschwingel-Materials, vergleichbar.
Untersuchungen zum Futterselektionsverhalten mittels Schüttelbox zeigten, dass in beiden Varianten kein Selektionsverhalten vorlag. Die Grassilageart beeinflusste die Milchmenge sowie die Milchinhaltsstoffe signifikant. Höhere Energie- und nXP-Aufnahmen in der Deutsches Weidelgras-Fütterungsvariante führten zu höheren täglichen Milchmengen sowie höheren Milcheiweißgehalten. Durch die faserreichere Rohrschwingelsilage lagen in dieser Fütterungsvariante die Milchfettgehalte absicherbar höher. Für die energiekorrigierte Milchmenge (ECM) ergab sich in beiden Varianten eine vergleichbare tägliche Leistung von knapp 34,5 kg.
Die Silagen wiesen hohe Verdaulichkeiten der organischen Masse (OM) von über 80 % auf, wie in Tabelle 4 dargestellt. Für die Rohrschwingelsilage ergab sich aus den Verdaulichkeiten der Rohnährstoffe ein Energiegehalt von 6,7 MJ NEL/kg TM. Die Verdaulichkeiten der organischen Masse der Mischrationen lagen auf einem sehr vergleichbaren Niveau, ebenso wie die ermittelten NEL-Gehalte von 7,0 MJ/kg TM.

Foto: Martin Otten, Landwirtschaftskammer NRW
Fazit für die Fütterung
Die physiologisch jung geerntete Rohrschwingelsilage wies einen hohen Futterwert auf. Bei Einsatz in einer Mischration für laktierende Kühe konnten die gleichen ECM-Leistungen wie durch die Ration mit Deutscher Weidelgrassilage erzielt werden. In dem dargestellten Versuch gab es keinen Unterschied in der Wiederkauaktivität und im Futterselektionsverhalten.
Der Einsatz von Rohrschwingelsilage in Milchkuhrationen kann eine Alternative sein, sofern der optimale Schnittzeitpunkt eingehalten wird. In diesem Versuch hat sich gezeigt, dass unter anderem das unterschiedliche Abreifeverhalten der beiden Grasarten eine Herausforderung bei der Ernte darstellt. Somit sollte der Anbau sorgfältig unter Einbezug der pflanzenbaulichen und siliertechnischen Aspekte abgewogen werden.
Lea Hoffmann, Dr. Christian Böttger und Silke Braam,
Landwirtschafskammer NRW