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Produkte aus Hanf für neue Märkte

25.09.2025

Produktentwicklungen für neue Märkte brauchen den regionalen Rohstoff Hanf. Auf dem diesjährigen Düsser Hanftag ging es daher auch schwerpunktmäßig um die Herstellung regenerativer Erzeugnisse sowie den Bedarf heimischer Rohstoffe vom Acker. Eine Fachausstellung bot einen Überblick über Innovationen aus Hanf.   

Die Ziele in Gesellschaft und Politik sind klar: Mehr Regionalität, mehr Biodiversität, mehr Klimaschutz, mehr Nachhaltigkeit. Die Lösungen dafür sind gegeben, aber sind auch Märkte vorhanden? Hanf zeigt sich als vielversprechendes Werkzeug zur Lösung diverser vielschichtiger Probleme. Daher wurden beim diesjährigen Hanftag, den die Landwirtschaftskammer NRW am 9. September auf Haus Düsse veranstaltet hat, unterschiedliche Produkte zur Erreichung dieser Ziele in einer Fachausstellung präsentiert. Einige davon innovativ, andere erstaunlich etabliert. Letztlich müssen diese Produkte im Markt bestehen und Nachfrage generieren. Dafür suchen viele Firmen nach zuverlässigen Zulieferern der Rohstoffe, wozu die Landwirte als Erzeuger unbedingt zu verstehen sind. 

Hanf als vielfältiger Rohstoff

Dabei werden die unterschiedlichsten Pflanzenteile benötigt. Unterschieden wird in der Regel zwischen dem Körnerhanf, dessen nahezu einziges Ziel die Ernte von Hanfnüssen ist, und Faserhanf. Beim Faserhanf fallen in der Verarbeitung unterschiedliche Fraktionen von Fasern sowie Nebenprodukte, wie die holzigen Schäben, an. Die Trennung und Fraktionierung erfolgt bei der technischen Aufbereitung im Verarbeitungswerk. Das jeweilige Unternehmen verarbeitet sein Hauptprodukt weiter und sucht für Nebenströme der Rohware Firmen mit einer anderen Spezialisierung. So werden Hanfschäben gerne als saugstarke Tiereinstreu vermarktet. Die Saugfähigkeit soll höher als bei Getreidestroh sein und die Beschaffenheit ermöglicht die gezielte Entfernung von Verunreinigungen, so dass insbesondere im Freizeittierbereich ein bereits etablierter Markt für entstaubte Hanf-Schäben besteht.

Vielseitiges Baumaterial

Alternative Verwertungswege sind zur Planbarkeit des Absatzes und auch zur Erschließung weiterer Märkte relevant. Bedeutend wird immer mehr der Bausektor. Besonders spannend sind Hanfprodukte zur nachträglichen Dämmung von Bestandsbauten, aber auch im Neubau. So können Hanfsteine aus Hanfkalk hervorragend als nicht tragende Dämmsteine zum Beispiel beim Ausmauern von Fachwerk oder in Holzkonstruktionen verwendet werden. Mit einer Dicke von 35 cm halten sie schwankende Außentemperaturen zwischen 35°C und 16°C im Rauminnern auf einem ausgeglichen konstanten Niveau, ohne dass die Verbauung von weiteren Dämmschichten oder Folien zum Schutz vor Feuchtigkeit erforderlich ist. Lediglich ein Lehmputz schützt den Stein und wertet die innere wie auch äußere Ansicht der Wand optisch auf. 

Baustoffe aus Hanf
Baustoffe aus Hanf mit Dämmungsmatte (mitte) und Hanfkalkstein (rechts).

Auch das Raumklima wird durch natürliche Regulierung der Raumfeuchte aufgewertet. So berichteten Teilnehmer der Veranstaltung von Badezimmern, in denen trotz laufender warmer Dusche die Spiegel nicht beschlagen und der Stein die aufgenommene Feuchtigkeit später wieder abgibt. Für Gebäude mit denkmalgeschützter Fassade bietet sich diese Variante auch zur Innendämmung unter gleichzeitiger Begradigung von Wänden an. 

„Inzwischen werden weltweit ganze Häuser aus Hanfsteinen und mit Hanfschäben oder Hanfwolle als Dämmung gebaut“, wie Felix Drewes von der Hochschule Merseburg berichtete. Exemplarisch für die architektonischen Möglichkeiten werden oft ein Hochhaus in Kapstadt in Südafrika und ein Universitätsgebäude in Großbritannien genannt. Neben Effekten des Wohnkomforts wird dabei vor allem die Nachhaltigkeit der Naturbaustoffe am Ende des Lebenszyklus des Gebäudes betrachtet, wenn kaum Sondermüll bei der Demontage anfällt. „Aktuell sind die Baustoffe trotz der Vorteile noch teurer als konventionelle Baustoffe“, so Drewes. Allerdings lassen sie sich recht einfach ohne Spezialkenntnisse verbauen und sind somit auch sehr gut für Heimwerker geeignet.

Größere Sortenvielfalt

Hanfdrusch
Drusch von Finola 2 mit einem Mähdrescher (Lexion) ohne Umbauten.

Für die stoffliche Nutzung von Hanf werden vor allem langstrohige Sorten angebaut. Die Praxiserfahrungen aus dem Jahr 2025 zeigen, wie wichtig Sortenvielfalt bei schlechter Verfügbarkeit der marktdominierenden Sorten ist, wie in diesem Frühjahr von den Hanfanbauern in Westeuropa erlebt. Zur Auswahl der anzubauenden Sorten sind neben dem Nutzungsziel vor allem auch die Sorteneigenschaften relevant. Diese kommen bekannterweise in unterschiedlichen Anbauregion unterschiedlich zur Ausprägung. So zeigte Yvonne Wetzig Versuche des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, zu Ertragsdaten und insbesondere Wuchshöhen eines Faserhanf-Versuchs an einem sehr trockenen Standort. Der Standort hatte dabei deutlich größere Effekte auf Wuchshöhe und Ertrag als die Sortenwahl oder Düngung. „Zwar gab es leichte Unterschiede zwischen den Sorten, doch lag die durchschnittliche Wuchshöhe in einem sehr trockenen Jahr bei etwa 2 m und in einem feuchteren Jahr bei etwa 2,7 m“, berichtete die Referentin. An guten Standorten ohne starke Trockenheit, wie Haus Düsse in NRW, sind die jahresbedingten Unterschiede weniger deutlich ausgeprägt. „Es zeigt aber“, so Wetzig, „wie wichtig Versuche zur Unterstützung der Anbauentscheidung der Landwirte sind!“

An neuen Fasersorten haben sich in Deutschland inzwischen auch Bialobrzeskie und Mona 16 etabliert. Mit Markant soll nächstes Jahr auch Saatgut einer weiteren Sorte zur Verfügung stehen und erneute Knappheit an Saatgut entschärft werden.

Sorten für die Körnernutzung

Hanftag 2025
Vorführung einer Verpressung von Hanf. Je besser unreife Nüsse zuvor aussortiert wurden, umso besser wird die Qualität des Öls.

Für die Körnernutzung kann inzwischen auf die Sorte Finola 2 zurückgegriffen werden. Sie soll als Weiterentwicklung der kurzstrohigen Sorte Finola größere Körner haben, die sich leichter Schälen und weiterverarbeiten lassen. Beim Pressen entsteht ein helles Öl mit einem sehr vorteilhaften Omega 3 zu Omega 6 Fettsäureverhältnis in der menschlichen Ernährung. „Den dabei entstehenden Presskuchen, der rund 60% von den ursprünglichen Hanfnüssen ausmacht, einfach zu verfüttern wäre nur eine Notlösung“, so Prof. Susanne Struck von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo. Der Presskuchen müsse vielmehr als wertvoller Ausgangsstoff für Proteine betrachten werden. 

Durch Schälung und Auspressung werden die Proteine schrittweise aufkonzentriert. „Mittels einer nachgelagerten Vermahlung lassen sich Proteingehalte von 40 % und mehr im Mehl erzeugen. Je nach der Proteinzusammensetzung sowie der technischen und thermischen Beaufschlagung während der Verarbeitung lassen sich daraus hochwertige Proteinprodukte herstellen“, betonte Prof. Struck. So würden für Fleischersatzprodukte langfaserige Proteinstränge benötigt, um den sensorischen Eigenschaften von Fleisch möglichst zu entsprechen. Hanfproteine könnten sich dafür möglicherweise besonders gut eignen - das möchte Prof. Struck mit ihrem Team derzeit näher untersuchen. „Daraus können sich zusätzliche Verwertungswegen von Nebenprodukten ergeben, wodurch sich die Wertschöpfung am Hanf deutlich steigern kann und auch der heimische Bedarf signifikant steigen dürfte!“


Dr. Michael Dickeduisberg, 
Landwirtschaftskammer NRW