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Sechs Regeln für die Herbstweide

17.10.2025
Herbstweide

Eine gezielte Nutzung von Herbst- und Spätaufwüchsen sowie eine Verlängerung der Weideperiode im Herbst sind also durchaus sinnvoll. Gleichzeitig kann mit ihr die angestrebte Wuchshöhe von etwa 5 cm für die optimale Einwinterung geregelt werden. Der herbstliche Weidegang fördert darüber hinaus auch die Bewegung der Tiere und ihre Gesundheit. 

Was ist beim Übergang in die Herbstsaison zu beachten?

  1. Bei Blähgefahr: Struktur-Angebot

Herbstgras ist strukturarm, eiweißreich und oft feucht und mit Erde behaftet. Große Herbstweidefutteraufnahmemengen können zu Durchfall führen und die hohen Harnstoffgehalte im Blut wirken sich negativ auf Stoffwechsel und Fruchtbarkeit der Weidetiere aus. Strukturarmer und taufrischer Weideaufwuchs mit häufig höheren Weißkleeanteilen auf intensiv beweideten Flächen im Herbst birgt nicht selten eine Gefahr für Blähungen. Somit erfordern hohe Anteile Herbstweide in der Ration unbedingt einen Strukturausgleich über Heu, Struktur-Silagen oder Futterstroh, erst recht dann, wenn auch ein höherer Kraftfuttereinsatz erfolgt. Ebenso wie im Frühjahr bei Weidegewöhnung sollte auch im Herbst die Weideentwöhnung, der Weideabtrieb moderat erfolgen. Solange ausreichende Weidefuttermengen zur Verfügung stehen, kann bis weit in den Herbst hinein geweidet werden; mit rückläufigem Weidefutterangebot müssen die Weidezeit reduziert und die Zufütterung im Stall erweitert werden.

  1. Weidefutterqualität im Herbst beachten: Energie- und rohproteinreich mit deutlichem Rohproteinüberschuss 

Wer das Weidemanagement mit optimalem Weidefutterangebot, angepasster Weidedauer und begrenztem Weiderest beherrscht und die Zufütterung im Stall auf das Herbstweidefutterangebot abstimmt, kann Tagesmilchleistungen von im Durchschnitt 25 kg ECM je Tier erzielen, sofern geeignetes Kraftfutter eingesetzt wird. Damit nicht zu viel Weidegras verdrängt wird und die Weideleistung sinkt, sollten die täglichen tierindividuellen Kraftfuttergaben auf 5 bis 6 kg begrenzt werden. Das Kraftfutter sollte aus energiereichen, Pansen stabilen Futterkomponenten bestehen. Da das Rohprotein des Herbstweideaufwuchses im Pansen zügig zu Ammoniak, das den Leberstoffwechsel belastet und sich in relativ hohen Milchharnstoffwerten niederschlägt, abgebaut wird, sollte das Milchleistungsfutter eine geringe oder besser negative ruminale Stickstoffbilanz (RNB) sowie einen hohen Gehalt an nutzbarem Protein am Darm (nXP) aufweisen.

  1. Hochleistungstiere, Frischmelker und Färsen im Fokus

Natürlich ist gerade im Herbstzeitraum den Frischmelkern und Hochleistungstieren mit einer Tagesmilchmenge über 30 kg ECM und Färsen über 25 kg ECM besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Häufig befinden sich diese Tiere ohnehin in einem Energiedefizit und können ihren Energie- und Nährstoffbedarf mit dem Herbstweideangebot keinesfalls decken. Hier bietet sich die Teilung der Herde in zwei Leistungsgruppen: Die Hochleistungsgruppe erhält nur einige Stunden am Tag Weidegang (Siesta-Weide) und bekommt eine abgestimmte Mischration im Stall; weitgehend empfiehlt sich Weidegang für die Niedrigleistungsgruppe mit in Abhängigkeit vom Herbstweidefutterangebot bis zum Vegetationsende abnehmenden Weidezeiten und ansteigenden Futtermengen im Stall. 

  1. Vor Wintereinbruch Weideflächen sauber abfressen lassen

Die Herbstweidenutzung bietet den Vorteil der ausreichend kurzen Bestandshöhe vor Winterruhe, die bei etwa 5 cm Wuchshöhe liegt. Die Gräser können dann genügend Reservestoffe für den Frühjahrsaustrieb im Folgejahr einlagern; zu scharfes Abweiden im Herbst führt im Folgefrühjahr zu beachtlichen Ertragseinbußen. Intensive Weiden mit hohen Anteilen ausläufertreibender Gräser vertragen es, im Herbst etwas länger und intensiver genutzt zu werden. Generell verträgt ein sehr guter, dichter Bestand aber auch eine etwas kürzere oder längere Wuchshöhe. Ertrags- und Qualitätseinbußen beim energiereichen, hochverdaulichen Frühjahrsaufwuchs des Folgejahres durch häufige Über- oder Unternutzungen im Herbst sollten möglichst vermieden werden. Bei zu hohen Grünlandbeständen besteht eine größere Gefahr der Auswinterung und der von Mäusen verursachten Schäden mit der Folge lückenhafter Bestände im Frühjahr. Auch erhöhte Weidereste begünstigen Auswinterungsschäden und sind somit nicht anzustreben. Hier hilft im Herbst die Nachweide mit tragenden Rindern, Trockenstehern oder Schafen, die am Niederrhein oft bis Jahresende noch gute Weidebedingungen finden.

  1. Weide im Herbst ausmähen und abschleppen

Der Herbst ist die ideale Zeit, Unkräuter mechanisch zu bekämpfen. Auch das Abmähen von Geilstellen in Weiden im Herbst ist eine wichtige Pflegemaßnahme samt dem Verteilen der Kotfladen, die zu einer Abnahme des Weiderestes und Vergrößerung der Futterfläche führt. Kurze Bestände geben zudem den Mäusen über Winter weniger Schutz und die Kontrolle der Flächen auf Mäuseschäden ist leichter.

  1. Keine Gülledüngung auf der Herbstweide

Die Weidetiere bringen besonders während der Herbstweidezeit durch ansteigende Zufuttermengen im Stall den Stickstoff über Kot und Harn auf die Weideflächen. Eine zusätzliche Güllegabe im Herbst ist nicht erforderlich, sondern kann zu unerwünschten Nitratbelastungen führen.


Anne Verhoeven, Landwirtschaftskammer NRW