Am 17. August fanden sich die neue Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz in NRW, Silke Gorißen, sowie die Vertreterinnen und Vertreter des Landesverbandes Ökologischer Landbau, LVÖ, auf Haus Bollheim ein, um auf die Wichtigkeit der anstehenden Aktionstage Ökolandbau für die Entwicklung desselben hinzuweisen.
Im turnusmäßigen Wechsel ist ein Mitgliedsbetrieb aus einem der vier in Nordrhein-Westfalen aktiven Bioverbände Schauplatz für die Vorpressekonferenz zu den Aktionstagen Ökolandbau. Dieses Jahr war Hans von Hagenow Gastgeber auf seinem Demeter-Betrieb Haus Bollheim in Zülpich-Oberelvenich, was insofern besonders gut passte, da Bollheim im September sein 40-jähriges Jubiläum feiert. „1982 haben wir mit der biodynamischen Landwirtschaft hier in der Zülpicher Börde und damit sehr Vieles begonnen, was heute eine zwingende Notwendigkeit in der und für die Landwirtschaft geworden ist“, meinte der Betriebsleiter einleitend in seiner Begrüßung der Gäste. „So ist der Begriff der Biodiversität einigermaßen neu - seine praktische Interpretation auf Haus Bollheim aber 40 Jahre alt!“, gab von Hagenow ein Beispiel. Das Motto „Vielfalt pflegen“, das über allem biodynamischen Wirtschaften auf den Flächen und in den Ställen des Demeter-Hofes steht und das den vielfältigen Anbau verschiedener Kulturen, den Naturschutz samt 4 km Hecken und einer reichhaltigen Begleitflora ebenso einschließt wie die rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sei auf seinem Hof Programm. „Unser Motto „infiziert“ seit vier Jahrzehnten auch die Kunden und Freunde von Haus Bollheim“, wusste von Hagenow zu berichten.
Von Anfang an haben von Hagenow und sein Team auf die Verarbeitung der Erzeugnisse gesetzt. So wird auf Haus Bollheim zum Beispiel ein Viertel des Getreides in der hofeigenen Bäckerei verbacken und Milch der 70 Milchkühe in der eigenen Käserei veredelt. 95 % aller Produkte werden direkt vermarktet. Die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden im Hofladen und an den Marktständen sei allen Bollheimern dabei ein wichtiges Anliegen. Denn das hält Hans von Hagenow für elementar für einen landwirtschaftlichen Betrieb: „Wir müssen und können den Menschen zeigen, was in der Biolandwirtschaft möglich und was notwendig ist, um Produkte in Bioqualität zu erzeugen.“ Darüber komme er auch immer häufiger mit konventionellen Berufskollegen ins Gespräch. „DAS gab es so vor 40 Jahren noch nicht!“, lacht er und freut sich auf viele gute Diskussionen auf seinem Hof während der Öko-Aktionstage.

Auf dem Demeter-Betrieb Haus Bollheim wird das Motto „Vielfalt pflegen“ tagtäglich praktiziert. Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Den Mehrwert sichtbar machen
Silke Gorißen, die erst kürzlich ihren Job als Landrätin des niederrheinischen Kreises Kleve gegen ihr Ministeramt getauscht hat, betonte, dass ihr das Landleben und die Landwirtschaft gut vertraut seien und sie sich sehr über ihren Besuch in der Voreifel freue. „Haus Bollheim ist ein tolles Beispiel für gelungenen Ökolandbau und steht heute stellvertretend für die vielen Biobetriebe in NRW, die mit ihrer täglichen Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln leisten. Mit den Aktionstagen Ökolandbau möchten wir diese Menschen auf die Höfe holen und ihnen zeigen, wie Kulturen gepflegt und Tiere gehalten werden und was den Mehrwert der Bioprodukte ausmacht.“ Den sehe man den Produkten nämlich im Laden nicht sofort an. „Das Mehr an Tierwohl, der Natur- und Insektenschutz, aber auch die transparente Erzeugung mit ihren Wertschöpfungsketten, die häufig auf den Betrieben, zumindest aber in der Region bleiben, wird erst bei einem Besuch der Biohöfe sichtbar. Umso wichtiger finden wir es, die Aktionstage zu unterstützen und zu fördern“, meinte die Ministerin.
Finanziell unterstützt werden sollen auch weiterhin die mehr als 5 000 Betriebe in der Ökolandwirtschaft und dem nachgelagerten Bereich. 22 Mio. € Fördergelder würden 2022 fließen, und auch in der kommenden Förderperiode solle die Förderung der Ökobranche mit hoher Verlässlichkeit weiterlaufen. „Mit den zurzeit fünf Öko-Modellregionen in NRW, deren Zahl in Zukunft noch steigen soll, haben wir außerdem ein Mittel geschaffen, mit dem wir unserem Ziel, bis 2030 20 % Ökolandbau in NRW zu erreichen, aktiv näherkommen wollen. An dem 20-Prozent-Ziel halten wir übrigens fest!“, versprach Silke Görißen. Die Öko-Modellregionen und die Aktionstage Ökolandbau seien dafür die beste Werbung.

Betriebsleiter Hans von Hagenow, Ministerin Silke Gorißen und LVÖ-Vorsitzender Jan Leifert beim Besuch der Milchkühe, die für den prämierten Bollheimer Käse verantwortlich sind. Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Vielfalt der Verarbeitung zeigen
Der Vorsitzende des LVÖ, Jan Leifert, lobte in seinem Grußwort die Resilienz vor allem der alteingesessenen Biobetriebe, die sich angesichts der weltweiten Krisenlage derzeit zeige. „Bei Biobetrieben, die nicht nur nachhaltig wirtschaften, sondern bei denen auch eine große Nachhaltigkeit in der Pflege ihrer Kundenkontakte zu beobachten ist, wirken sich die aktuell nachteiligen Rahmenbedingungen nicht so stark aus wie in anderen Betrieben. Umso wichtiger ist es, den Kontakt zu den Kunden zu halten und die Menschen aktiv über die Biolandwirtschaft zu informieren“, meinte Leifert. Das gelte umso mehr in den vermeintlich strukturschwächeren Gebieten und für Betriebe, die eben nicht im Speckgürtel der großen Metropolen an Rhein und Ruhr lägen. „In Regionen fernab der Verbrauchermärkte müssen wir verstärkt auf die Zusammenarbeit zwischen Landwirtinnen und Landwirten, Handwerk und Verarbeitern schauen und Netzwerke stärken, wie zum Beispiel in genossenschaftlichen Strukturen.“ So müssten speziell die ökologisch wirtschaftenden Betriebe in Zukunft noch mehr auf regionale Wirtschaftszusammenhänge achten.

Auch Ute Rönnebeck, Demeter, Annette Alpers, Naturland, und Peter Schmidt, Biokreis, lauschten als offizielle Vertreter ihrer Landesverbände den Ausführungen Ihres Bioland-Kollegen Jan Leifert im Gespräch mit Ministerin Gorißen und Hans von Hagenow. Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW