Wie gestaltet sich der Markt für Bioschweinefleisch? Dieser Frage gingen Ende Juni Landwirte, Berater und Vermarkter auf einer Tagung in Haus Düsse nach.
Organisiert wurde Tagung gemeinsam vom Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschland sowie von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der Landesvereinigung Ökologischer Landbau Nordrhein-Westfalen. In diesem Teil des Tagungsberichtes steht der Markt für Biofleisch im Mittelpunkt des Interesses.
Wer verkauft was?
Diana Schaack von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) versorgte die Teilnehmenden mit den neuesten Zahlen zum Marktgeschehen. „Erstmals seit Jahren wuchs der Handel mit Bioprodukten im Jahr 2024 wieder über die Menge und nicht nur über dem Umsatz“, freute sich Schaack. Besonders stark wuchsen die Chargen in den Drogeriemärkten mit fast 20 % und bei den Discountern mit 7,4 %. Auch der Naturkostfachhandel konnte um 3,5 % zulegen. In den ersten fünf Monaten im Jahr 2025 schnitten hingegen der Naturkostfachhandel und die Vollsortimenter am besten ab, während die Direktvermarktung in der Menge 4,3 % und im Umsatz 5,8 % einbüßte.
Die Handelsmarken dominieren im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) mittlerweile den Markt. „Die Kunden wollen Bio kaufen, aber dafür nicht so viel ausgeben“, begründete Schaack diese Entwicklung. In den ersten fünf Monaten sank die Einkaufsmenge bei Biofleisch um 11 %, während Fleischwaren und Wurst geringfügig um 1,5 % stiegen. Grund ist laut Schaack aber nicht die mangelnde Nachfrage, sondern das zu geringe Rohwarenangebot vor allem bei Bioschweinen, was bereits zu höheren Importen geführt hat. Das belegt auch der Anstieg um 20 % beim hochpreisigen Biogeflügel.
Wo punkten Discounter?
Beim Verkauf von Biofleisch haben die Discounter mit 42 % Anteil die Nase vorn. Gleichzeitig sank der Anteil in der Direktvermarktung bei Metzgereien. Das Bioschweinefleisch bei den Discountern stammt von nur vier Anbietern, während Biowurst von 31 Unternehmen hergestellt wird. Aldi Süd bietet im Vergleich zu anderen Discountern mit 54 Artikeln mit Abstand das größte Biowurst-Sortiment an. Im Vergleich zu den Erzeugerpreisen sind die Verbraucherpreise beim Biohackfleisch weniger stark gestiegen. Bei Schnitzel, Steaks und Rostbratwurst beträgt der Preisabstand im Schnitt 30 %. Die Preise insbesondere für die pauschal bezahlte Bioschweine gehen in Richtung 5 €/kg. Damit stehen Bioschweine besser da als viele andere Bio-Produkte.
Feste Partnerschaft
Der Fleischhof Rasting ist eine 100%ige Tochter der Edeka-Rhein Ruhr mit Sitz in Meckenheim und produziert mit 950 Mitarbeitern 4 500 Produkte. Edeka Südwest und Rasting arbeiten mit den Erzeugerzusammenschlüssen Land Bio EZG und Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG eng zusammen. Während der zehnjährigen Vertragslaufzeit erfolgt ein regelmäßiger Austausch zur Festigung der Partnerschaft, wie Franziska Tröscher-Honecker vom Fleischhof Rasting ausführte. „Bei einem Basispreis von 4,80 € bei 57 % Muskelfleisch, gekoppelt mit einem Richtpreis für die Ferkel, bieten wir attraktive Konditionen an“, erklärte Tröscher-Honecker.
Die knapp 10 000 verarbeiteten Bioschweine kommen von 26 Landwirten, die in den Verbänden Bioland und Naturland organisiert sind. An der SB-Theke dominiert mit 57 % Umsatzanteil das gemischte Biohackfleisch. An den Bedientheken können auch viele Edelstücke vermarktet werden, die jedoch bisher aufgrund der hohen Anforderungen an getrennte Lagerung, Warenflusskontrolle und Schulung der Mitarbeitenden nur eine geringe Rolle spielen. Auch verfügen nur noch wenige Märkte über einen gelernten Metzger. „Potenzial sehen wir noch bei der Online-Vermarktung, wie beispielsweise über Picnic“, berichtete Tröscher-Honecker und verwies auf den höheren Bio-Anteil bei diesem Vermarktungsweg. Gerade die jüngeren Kunden essen weniger, aber dafür höherwertiges Fleisch.
Regionales „Von Hier“
Als regionaler Partner für kurze Transportwege und regionale Wertschöpfungsketten mit 600 angeschlossenen Biobetrieben präsentierte Alexander Böller den bayerischen Lebensmittelhändler Feneberg. Regionalität mit der Marke „Von Hier“ heißt 100 km um den Unternehmenssitz Kempten. Unter den 450 Produkten im Sortiment wird mit 97 Fleisch- und Wurstprodukten eine breite Vielfalt angeboten, ohne dass momentan jedoch der Umsatz steigt. „Bei Bio-Fleisch sind wir aber auf der Suche nach neuen Lieferanten“, sieht Böller hier noch Potenzial.
Aktuell werden von 25 Betrieben 20 000 Bioschweine geliefert, die jedoch nicht ausschließlich über Feneberg-Märkte verkauft werden. Etwa 150 Bioschweine gehen wöchentlich aktuell in die Eigenmarke. Auf Nachfrage berichtete Böller, dass es im Sommer gut laufe, weil sich die Feriengäste im Allgäu während des Urlaubs gerne „etwas gönnen würden“.
Bio-Weideschweine aus Essen
2006 hat Bernhard Burchhardt, der zunächst Elektrotechnik studiert hat, die elterliche Metzgerei auf Bio umgestellt. „Mit dem Wunsch nach einem Alleinstellungsmerkmal setzten wir uns einige Jahre später mit einem Unternehmensberater zusammen und entwickelten das „Essener Bio-Weideschwein“. Die angesprochenen Bauern waren erst zurückhaltend, so dass wir zunächst begannen, die Kunden zu überzeugen“, legte Burchhardt sein Konzept dar.
Mit einem monatlichen Mitgliedsbeitrag von 18 € erhält man 10 % Rabatt auf den gesamten Einkauf. „Burchhardt´s Bio-Initiative“, so der Eigenname, schlossen sich im Laufe der Jahre 740 Mitglieder an und mittlerweile konnten drei Bioschweinehalter als Lieferanten für dieses Segment gewonnen werden. Um die Mitglieder immer wieder neu an die Initiative zu binden, ließ Burchhardt sich einiges einfallen: mal mietete er einen Doppeldecker, mit dem zu den Betrieben gefahren wurde, mal veranstaltete er unterschiedliche Workshops, bei denen bis zu 15 Personen zwei Stunden in der Metzgerei „selbst Hand anlegen können“. Sogar ein „Philosophischer Imbiss“ wurde schon in der Wurstküche veranstaltet. Deutlich wurde, dass es ständig neuer Aktivitäten bedarf, um die Kunden und Kundinnen bei Laune zu halten.
Auch Haltungsform 3 und 4
Als das Unternehmen Tönnies Heiner Strömer 2015 fragte, ob er den Bioschweine-Einkauf organisieren könnte, war das zunächst ein steiniger Weg, da viele Bestände sehr klein waren. Neben Bio sieht Strömer, mittlerweile Geschäftsführer von Tönnies Livestock, auch viel Potenzial bei den Haltungsformen 3 und 4. „Bei unseren drei Regionalveranstaltungen, die wir durchgeführt haben, um für die Haltungsform 3 zu werben, stießen wir auf sehr großes Interesse seitens der praktischen Landwirtschaft“, berichtete Strömer. Die Tierwohlkennzeichnung bewertet Strömer positiv, weil sie zusammen mit 5 x D eine echte Chance für die deutsche Nutztierhaltung bietet.
Biogetreide als Futtergetreide
Der 1988 von den Brüdern Andreas und Klaus Engemann gegründete Bioland-Betrieb stieg 2003 in den Handel mit Biogetreide ein und vermarktet mittlerweile jährlich 90 000 t. „Wir erleben momentan eine Stagnation bei der Umstellung von Ackerbaubetrieben und Wachstum wird nur durch vorhandene Biobetriebe generiert“, skizzierte Mitarbeiter Alexander Krahn die aktuelle Situation. Für 2025 erwartet Krahn eine nicht ganz ausreichende Getreidemenge, weil der Anbauumfang stagniere oder bei einzelnen Getreidearten, wie Gerste und Triticale, auch zurückgehe. Bei der Eiweißversorgung dominierten Soja und Lupinen, während Ackerbohnen und Erbsen an Bedeutung verloren hätten, wenngleich hier der Anbau von Winterleguminosen an Bedeutung gewinnt. Im Schnitt erwartet Krahn Bio-Futtergetreidepreise um 350 €/t.
Eine Lanze brechen
Ausgehend von seinen Erfahrungen in seiner Ausbildung zum Landwirt erlebte Nikolai Fuchs, Vorstand Biohöfe Stiftung, Schweine als Resteverwerter im Betriebsorganismus und blickte mit seinem Vortrag über den „Bioschweine-Tellerrand“. „Für 70 Schweine bauten wir damals in den 80er Jahren gerade einmal 0,75 ha Gerste an, weil die Schweine ansonsten von Molke aus der Käserei und den Resten aus den Getreidereinigung ernährt wurden“, so Fuchs.
In ihren Fähigkeiten könne man Schweine nur unterschätzen. „Sie stehen für Originalität sowie für Wachsamkeit und Neugierde. Auch sind sie sehr fruchtbar“, zählte Fuchs auf. „Und es sind keine Drecksschweine, sondern sie nutzen gerne das wohlige Suhlen.“ Schweine wirken als Besuchermagnet und so mancher erfolgreiche Hofladen profitiert immens von den Schweinen, da sie die Kunden anlocken. „Auch kleine Schweinebestände bringen so indirekt einen positiven Deckungsbeitrag“, betonte Fuchs. „Daher gebührt dem Schwein ein Platz nahe unserem Herzen.“
Politiker anschreiben
Um politische Abläufe besser zu verstehen, war als Schlussreferentin Dr. Ophelia Nick, Mitglied des Bundestages und ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, eingeladen. Sie warb dafür, aktiv auf die politischen Entscheidungsträger zuzugehen und Themen über die Medien zu bespielen. „Sie können Politiker direkt anschreiben, das wird auch gelesen. Wir müssen auch mitbekommen, was die Menschen wollen“, betonte Nick. Daneben sei es richtig, die Distanz zu Politikern anderer Parteien zu verringern, „Das ist der richtige Ansatz, Treffen vereinbaren, Videokonferenzen anbieten und keine Scheu haben“, warb Nick abschließend für einen Dialog aller Beteiligten.
Christian Wucherpfennig, Landwirtschaftskammer NRW